Abschnitt 3

Einrichtung von Postanlagen-Eigene-Mecklenburg-Güstrow


"E. hochf. Durchl. Rescriptum vom 1. Mai dieses Jahres, welches unser Bürger Niclas Bahlemann wieder unß außgebracht hat, ist unß vor wenig Tagen insinuiret worden und haben darauß mit höchstem Befrembden ersehen müßen, was gestalt derselbe sich darüber beschweren wolle, als suchten in E. h. D. Post-Regali wir einzugreiffen, auch zugleich zu verhindern, daß die reisenden Leute mit dem Postwagen nicht fortkommen, sondern sich anderer Fuhre mit größeren Kosten und Tardirung gebrauchen müssen, und waß daher E. h. D. an unß fast mit höchsten Ungnaden gelangen zu lassen bewogen werden. Nun hetten wir unterthänigst wünschen mögen, daß E. h. D. gnädigst geruhen wollen, unß des Supplicanten übergebene Schrift nach Inhalt des Erbvertrages zugleich zuzufertigen, so hetten wir die falsa narrata soviel deutlicher darauß E. h. D. vorstellen können; inmittels müßen wir doch unterthänigst anzeigen, und ist es notorium, daß solange diese Statt gestanden und sowoll E. h. D. als dero höchstlöbliche Vorfahren die Regierung geführet, alhie kein sonderlicher PostverwaIter befindlich gewesen, sondern wie die hiesigen Briefe bloß die Kaufmannschaft concerniren, und waß sonst hin und wieder von frembden Ohrten im Felleisen überbracht wirb, sofort zu Pferde durchgehet; so sind daher auch von einem hiesigen Bürger bloßer Dinge solche Briefe versorget und ist auf einiges Post-Regale keine reflexion gewandt worden, wir haben demnach auch gar woll verstatten können, daß wegen der Briefe-Post die gnädigste Landesherrschaft diesem unserm Bürger Niclas Bahlemann gewiße commission gnädigst übertragen mögen. Wie aber ohnedem auß den Rechten bekannt ist, daß das eigentliche Post-Regale, so wie es von Ihr Kayl. Maytt. vor sich behauptet wird, mit dem Fuhrwerk des reisenden Mannes keine Gemeinschaft habe, sondern bloßer Dinge auf die Brieffe gerichtet sey, so wolte zumahl höchstpraejudicirlich fallen, wenn dieser Balemann hieselbst sub praetextu des Postwesens im Fuhrwerk ein monopolium einführen und den reisenden Mann necessitiren könnte, an einen gewissen Wagen sich zu verdingen, damit er sein unbilliges lucrum desto höher treiben möge. Es sollte sich derselbe Nacht und Tag billig vor Augen stellen den tragicum eventum , welchen vor wenig Jahren sein eigenwilliges Verfahren causiret, da Vater und Sohn darüber zur desperation gebracht und sich auf offentlicher Heerstraßen an den Postknecht vergriffen, daß sie beede das Leben darüber verliehren und zum Denkmahl ihnen eine Seule in loco delicti aufgerichtet werden müssen. 4) Nicht viel Bessers würde man zu erfahren haben, wenn diesem Postverwalter solte frey stehen, einen von unsern Fuhrleuten allein zu beneficiren und die Abfuhr der Leute zuzuschantzen, da solches der wohlhergebrachten Fuhrordnung, so mit den Stätten Wismar und Lübeck beliebet, ausdrücklich entgegenlauffet, da denn unsere Fuhrleute gar übel daran sein würden, wenn sie schon von dem Güstrow'schen Fuhrwerk durch die Post daselbsten contra libertatem commerciorum abgestoßen sein, daß sie auch nach Wismar und Pommern nichts abführen dürften, weil auf solche manier das gantze Fuhrwerk zu der trafiquen größten Schaden


und dieser Statt höchstem praejudiz gantz niedergeleget werden müsse, da doch die Fortschaffung des reisenden Mannes weit besser durch gesambte Fuhrleute nach ihrer gemachten Vereinigung kan befördert werden, als wenn nach des BahIemanns caprice einem Fuhrmann allein solche Abfuhr unter die Hände gegeben würde, weil allemahl praesumirlich , daß viele Interessenten ihre Pferde und Wagenzeug besser im stande werden halten können, als ein Kerl allein, insonderheit da die Fuhrleute bey Nacht und Tage parat sein und, es finden sich viele oder wenige Personen ein, dennoch umb den gesetzten Preiß fahren müßen, daß also der bloße Eigennutz des Bahlemanns hierunter hervorscheinet, wie denn unleugbar ist, daß im gantzen Römischen Reiche das Briefe-Porto nirgend so hoch alß hier bezahlet werden muß, weßfalls E. h. D. mit viel nachdrücklichem Eyfer ein ernstes Einsehen hierauf zu wenden haben, zu geschweigen der nothwendigen Beybehaltung und Vermehrung des Fuhrwerks, alß welches bey ereugnenden Fewersbrünsten, die Gott in Gnaden verhüten wolle, dann auch bei Krieges Zeiten und Außfällen sehr nutzbahr in Darstellungen einer guten Anzahl der Pferde zu halten, welches aber nicht conserviret werden mag, wenn man den Leuten alle Mittel benimbt, ihre Handthirung zu treiben.

Weil denn nun E. h. D. auß solchen allen gnädigst zu erkennen haben, daß dem Postwesen durch die Fuhrordnung gar nicht vorgegriffen, vielmehr der reisende Mann durch solche Anstalt befordert wird, darumb auch zu Wißmar, obgleich der Postmeister vom Königl. Tribunal dependiret , dennoch das Fuhrwerk mit den Brieffen nicht vermenget wird, sondern der Rath daselbst durch die Fuhrleute den reisenden Mann auf Lübeck bringen läßet, und wenn alhie wider das alte Herkommen ein monopolium hierin eingeführt werden sollte, solches der Statt und in specie den hiesigen Fuhrleuten zum augenscheinlichen Verderb ausschlagen würde, wir auch wegen der Statt Privilegien und Interesse solches unterthänigst verbitten müssen - so ersuchen E. h. D. Wir hiermit gehorsambstes Fleißes, dieselben geruhen diese Umbstände fürstväterlich zu ponderiren und den Eigennutz eines Mannes der gemeinen Wollfarth einer gantzen Statt nicht vorziehen zu lassen, vielmehr den zutringlichen Supplicanten dahin gnädigstes Ernstes anzuweisen, daß er seiner Brief- portes warten und die taxam so einrichten solle, 5) daß es verantwohrtlich, und die bisherigen Klagten vermieden bleiben können, im Uebrigen aber wegen fortbringenden reisenden Mannes sich der gemachten Fuhr-Ordnung gemees bezeigen solle, und wie der Fuhrmann Lappe, welchen er bisher allein dazu vermeintlich gebrauchen wollen, mit in solcher Societät begriffen ist und der Ordnung nach fahren kann, also allenthalben der Nutzen des Postwesens und reisenden Mannes von Unß nach Vermögen befördert wird, und wir solchem nach die angedeutete Ahndung nicht meritiret haben . . .

Rostock, 7. Maji Anno 1683.




Bürgermeister und Rath
wie auch vier Gewerck
Ew. h. D. Statt Rostock."

Aber Bahlemann behielt trotz dieser beweglichen Vorstellung in dem Streit die Oberhand. Herzog Gustav Adolf nahm sich seiner nachdrücklichst an; mehrfach wurden empfindliche Strafen gegen Zuwiderhandelnde verhängt, sodaß die offenen Angriffe und Belästigungen der Posten mit der Zeit ganz aufhörten. Im Stillen fügten die Fuhramtsgenossen den Posten indeß durch Beförderung von Reisenden, Briefen u. dergl. auch weiterhin Schaden zu, aber gegen dieses Unwesen konnten auch herzogliche Verordnungen nicht schützen, denn die Ueberwachung der Frachtfahrer unterwegs war unter damaligen Verhältnissen unmöglich.

Der Postkurs von Rostock wurde Mitte der achtziger Jahre während des zwischen Dänemark und Brandenburg ausgebrochenen Krieges, welcher sich zeitweilig auf meklenburgischem Boden abspielte, auf

kurze Zeit unterbrochen. Im Uebrigen erlitt derselbe keine Störung, sondern erhielt sich. wenn auch Konkurrenzunternehmungen Seitens Hamburgs und Schwedens bald darauf eingerichtet wurden.




4) Die Acten über den Ueberfall sind vorhanden, über das Denkmal melden sie nichts.
5) Die Taxe war keineswegs Bahlemanns Ermessen überlassen, sondern bei der Einsetzung der beiden herzoglichen Postmeister 1666 von den beiden Herzogen festgesetzt. Diese älteste meklenburgische Postordnung (Ordonnanz) mit Taxe ist als Nr. 5 des Anhangs beigefügt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte des Landes-Postwesens