Wismar - Der Fürstenhof - alter Hof
Als der Herzog Heinrich der Friedfertige sich mit der Prinzessin Helena von der Pfalz zu vermählen beabsichtigte, bereitete er Festlichkeiten vor, welche zu den größten gehören, die in Norddeutschland gefeiert sind. Die Vermählung ging am 12. Junius 1513 vor sich. Da aber Schwerin die große Zahl der erwarteten Gäste nicht aufnehmen konnte 1), so ward die Stadt Wismar zur Feier der Vermählung bestimmt. Zur Aufnahme seiner jungen Gemahlin ließ der Herzog ein neues Schloß an der Stelle des alten Fürstenhofes an der St. Georgenkirche bauen. Das Gebäude ward im Jahre 1512 begonnen und einige Zeit nach Ostern 1513 kurz vor der fürstlichen Hochzeit vollendet. Die Aufsicht über den Bau und die Rechnungen führte der Priester Heinrich Stolp ( † 1526) zu Wismar, Pfarrherr von Lübow, Vikar an der St. Marienkirche zu Wismar, fürstlicher Capellan und des Herzogs Heinrich vieljähriger vertrauter Diener 2). Der "neue Baumeister" hieß Georg 3); der Maurermeister hieß Ertman oder Ertmar Boeth oder Bot 4). Die Fenster, vielleicht gemalte, lieferte der "Meister Gerdt der Glaser zu Bützow"; wahrscheinlich blühete dort die Glaserei von der Zeit des Bischofs Conrad Loste ( † 24. Dec. 1503), der die Kirche zu Bützow mit schönen gemalten Glasfenstern zieren ließ. Die Steine lieferte der Probst von Neukloster aus seiner Ziegelei. Nach einer Recapitulation ward im J. 1513 aus der Chatoulle des Herzogs Heinrich 1085 Mark "am hauß zur Wißmar verbauet".
Dieser alte Hof Herzogs Heinrich war im J. 1576 und in den folgenden Jahren zwei Stockwerk hoch. Er enthielt unter der Erde die Keller. Im ersten Stock war links die Hofdornitz oder Hofstube 5) und rechts die Küche, beide gewölbt, jede mit einem eigenen gewölbten Eingange, wie noch heute; die Gewölbe mit den starken Säulen stehen noch und tragen, wie die Gewölbe in der alten Hofstube des schweriner Schlosses, noch den Charakter einer alten Zeit, sind jedoch kürzer, stärker und ohne Verzierungen.
Nach dem Schloßhofe hin hatte das Haus drei Erker und nach der Kirche hin fünf Giebel in Holz gemauert. Auf dem Hofe stand am Gebäude ein Windelstein (Treppenhaus) in Holz gemauert. Im J. 1576 lag das Gebäude schon sehr wüst.
Im J. 1516 erhielten die Herzoge Heinrich und Albrecht von dem competirenden Bischofe Heinrich von Ratzeburg zur Beförderung des Gottesdienstes die Erlaubniß, einen (verdeckten) Gang von diesem fürstlichen Hofe nach der St. Georgen-Kirche zu bauen 6), unter der Bedingung, daß der Altar, welcher deshalb abgebrochen werden mußte, ohne Schmälerung seiner Einkünfte und ohne Schaden, an eine andere passende Stelle versetzt werde. Wahrscheinlich ging dieser Gang aus dem zweiten Stock und ließ einen Durchgang über die Straße frei; vielleicht mündete er links vom Altar am hohen Chor, wo noch der fürstliche Stuhl (von gewöhnlicher Bauart) 7) mit dem geschnitzten meklenburgschen Stierkopf zwischen den Stühlen der Geistlichkeit und des Magistrats der Stadt steht.
Von diesem alten Bau stehen noch die Ringmauern und die Gewölbe des Erdgeschosses. Eine Feuersbrunst verzehrte in der schwedischen Zeit den oberen Theil dieser Seite und den nördlich daran stoßenden Theil ganz und ein neueres Gebäude füllt jetzt die Ecke an der Straße zwischen den beiden Hauptgebäuden.
In dieser nördlichen Ecke, an der Stelle des neuesten Baues in gleicher Flucht mit dem Hofe H. Heinrichs, stand der älteste Hof, drei Stockwerke hoch, ganz in Stein und "vorderwärts" mit vier kleinen Giebeln in Holz gemauert.
1) Chemnitz sagt hierüber im Leben Heinrichs XI. zum J. 1513: "Weil er aber alle seine anverwandte Fürsten und Herrn darzu einzuladen in willens, und das haus und statt Schwerin gahr zu klein wahr, so viel vornehme Fürsten und Herrn einzunehmen, als hat er ihm vorgesetzet, solches in seiner statt Wismar zu halten." - Vgl. v. Lützow II, S. 326. - Daß, wie v. Lützow will, auch das Schloß zu Schwerin zu klein gewesen sei, ist nicht gut anzunehmen, da schon damals das Schloß zu Schwerin größer war, als der Fürstenhof zu Wismar. Aber für die vielen Fürsten und ihr großes Gefolge mochte es in der Stadt Schwerin eher an "Herbergen" fehlen, als in der rührigern Stadt Wismar; nach den Ausgaberegistern über die Vermählungsfeierlichkeiten waren die Gäste alle in Herbergen in der Stadt Wismar einquartirt. - Bei dieser Vermählung zeigte sich der Rath auch willfähriger, als in frühern Zeiten, indem er nicht nur die große Zahl der geladenen Gäste gern aufnahm, sondern auch "ein Haus mit Fleisch- und Brotscharren, den Fürsten zu Ehren und dem Markt zur Zierde", zum Turnier (vgl. Reimar Kock Chronik) abbrechen ließ und versprach, den Markt nicht anders zu bebauen, als er damals bebauet war, außer mit Stock und Kaek. Vgl. auch v. Lützow a. a. O.
2) Er verrichtete die Geschäfte eines Berechners, Einnehmers und Küchenmeisters; schon im J. 1507 hatte er die Einnahmen der Vogtei Meklenburg zu berechnen.
3) Diese und die folgenden Angaben sind aus fürstlichen Renterei-Rechnungen entnommen. Wegen der Schreibweise der damaligen Zeit sind die vollen Namen sehr schwer zu finden, da die Personen gewöhnlich nur mit Vornamen, oft gar nicht genannt werden. Dieser Baumeister kommt nur einige Male unter der bloßen Aufführung des "neuen Baumeisters", und nur ein einziges Mal mit dem Namen Georg vor.
4) Der Contract mit dem Maurermeister ist im Großherzogl. Archive noch erhalten und in der Beilage Nr. 1. mitgetheilt.
5) In den alten Schlössern, welche wenig Gemächer hatten, war im ersten Stock gewöhnlich die Hofdornitz, Hofdönsk, später Hofstube genannt, ein großer Saal, zu Versammlungen, Trinkgelagen, zum Aufenthaltsort für die Bedienung bei Festen u. dgl. benutzt.
6) Der Consens des Bischofs von Ratzeburg ist unter den Vermischten Urkunden der Jahrbücher des Vereins, V, Nr. VII. mitgetheilt.
7) Gegen die Erbauung eines fürstlichen Chors sträubten sich die wismarschen Bürger noch im 17. Jahrhundert, wogegen der Bischof zur Beförderung der Religiosität am Hofe gerne nachgab.
Dieser alte Hof Herzogs Heinrich war im J. 1576 und in den folgenden Jahren zwei Stockwerk hoch. Er enthielt unter der Erde die Keller. Im ersten Stock war links die Hofdornitz oder Hofstube 5) und rechts die Küche, beide gewölbt, jede mit einem eigenen gewölbten Eingange, wie noch heute; die Gewölbe mit den starken Säulen stehen noch und tragen, wie die Gewölbe in der alten Hofstube des schweriner Schlosses, noch den Charakter einer alten Zeit, sind jedoch kürzer, stärker und ohne Verzierungen.
Nach dem Schloßhofe hin hatte das Haus drei Erker und nach der Kirche hin fünf Giebel in Holz gemauert. Auf dem Hofe stand am Gebäude ein Windelstein (Treppenhaus) in Holz gemauert. Im J. 1576 lag das Gebäude schon sehr wüst.
Im J. 1516 erhielten die Herzoge Heinrich und Albrecht von dem competirenden Bischofe Heinrich von Ratzeburg zur Beförderung des Gottesdienstes die Erlaubniß, einen (verdeckten) Gang von diesem fürstlichen Hofe nach der St. Georgen-Kirche zu bauen 6), unter der Bedingung, daß der Altar, welcher deshalb abgebrochen werden mußte, ohne Schmälerung seiner Einkünfte und ohne Schaden, an eine andere passende Stelle versetzt werde. Wahrscheinlich ging dieser Gang aus dem zweiten Stock und ließ einen Durchgang über die Straße frei; vielleicht mündete er links vom Altar am hohen Chor, wo noch der fürstliche Stuhl (von gewöhnlicher Bauart) 7) mit dem geschnitzten meklenburgschen Stierkopf zwischen den Stühlen der Geistlichkeit und des Magistrats der Stadt steht.
Von diesem alten Bau stehen noch die Ringmauern und die Gewölbe des Erdgeschosses. Eine Feuersbrunst verzehrte in der schwedischen Zeit den oberen Theil dieser Seite und den nördlich daran stoßenden Theil ganz und ein neueres Gebäude füllt jetzt die Ecke an der Straße zwischen den beiden Hauptgebäuden.
In dieser nördlichen Ecke, an der Stelle des neuesten Baues in gleicher Flucht mit dem Hofe H. Heinrichs, stand der älteste Hof, drei Stockwerke hoch, ganz in Stein und "vorderwärts" mit vier kleinen Giebeln in Holz gemauert.
1) Chemnitz sagt hierüber im Leben Heinrichs XI. zum J. 1513: "Weil er aber alle seine anverwandte Fürsten und Herrn darzu einzuladen in willens, und das haus und statt Schwerin gahr zu klein wahr, so viel vornehme Fürsten und Herrn einzunehmen, als hat er ihm vorgesetzet, solches in seiner statt Wismar zu halten." - Vgl. v. Lützow II, S. 326. - Daß, wie v. Lützow will, auch das Schloß zu Schwerin zu klein gewesen sei, ist nicht gut anzunehmen, da schon damals das Schloß zu Schwerin größer war, als der Fürstenhof zu Wismar. Aber für die vielen Fürsten und ihr großes Gefolge mochte es in der Stadt Schwerin eher an "Herbergen" fehlen, als in der rührigern Stadt Wismar; nach den Ausgaberegistern über die Vermählungsfeierlichkeiten waren die Gäste alle in Herbergen in der Stadt Wismar einquartirt. - Bei dieser Vermählung zeigte sich der Rath auch willfähriger, als in frühern Zeiten, indem er nicht nur die große Zahl der geladenen Gäste gern aufnahm, sondern auch "ein Haus mit Fleisch- und Brotscharren, den Fürsten zu Ehren und dem Markt zur Zierde", zum Turnier (vgl. Reimar Kock Chronik) abbrechen ließ und versprach, den Markt nicht anders zu bebauen, als er damals bebauet war, außer mit Stock und Kaek. Vgl. auch v. Lützow a. a. O.
2) Er verrichtete die Geschäfte eines Berechners, Einnehmers und Küchenmeisters; schon im J. 1507 hatte er die Einnahmen der Vogtei Meklenburg zu berechnen.
3) Diese und die folgenden Angaben sind aus fürstlichen Renterei-Rechnungen entnommen. Wegen der Schreibweise der damaligen Zeit sind die vollen Namen sehr schwer zu finden, da die Personen gewöhnlich nur mit Vornamen, oft gar nicht genannt werden. Dieser Baumeister kommt nur einige Male unter der bloßen Aufführung des "neuen Baumeisters", und nur ein einziges Mal mit dem Namen Georg vor.
4) Der Contract mit dem Maurermeister ist im Großherzogl. Archive noch erhalten und in der Beilage Nr. 1. mitgetheilt.
5) In den alten Schlössern, welche wenig Gemächer hatten, war im ersten Stock gewöhnlich die Hofdornitz, Hofdönsk, später Hofstube genannt, ein großer Saal, zu Versammlungen, Trinkgelagen, zum Aufenthaltsort für die Bedienung bei Festen u. dgl. benutzt.
6) Der Consens des Bischofs von Ratzeburg ist unter den Vermischten Urkunden der Jahrbücher des Vereins, V, Nr. VII. mitgetheilt.
7) Gegen die Erbauung eines fürstlichen Chors sträubten sich die wismarschen Bürger noch im 17. Jahrhundert, wogegen der Bischof zur Beförderung der Religiosität am Hofe gerne nachgab.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der fürstlichen Residenz-Schlösser zu Wismar, Schwerin und Gadebusch