Bürgerhäuser

Von Dresdens Monumentalbauten des 17. Jahrhunderts ist außer dem Schlossturm und dem Palais im Großen Garten nichts mehr vorhanden. Anders steht es mit den Bürgerhäusern. Die Umgestaltung der Stadt vollzog sich in jenen Jahrhunderten im steten Kampfe gegen die Holzhäuser. Denn im Mittelalter bestand der weitaus größte Teil der Wohnhäuser unserer Städte aus Ziegel- oder Lehmfachwerk, und die Dächer waren meist mit Schindeln, selten mit Ziegeln gedeckt. Daraus erklärt sich die große Anzahl und der Umfang der Brände, von denen die Städte im Mittelalter heimgesucht wurden. In Alt-Dresden entstanden von 1401 bis 1739 nicht weniger als 51 große Brände. Durch Bauordnungen, durch Androhung von Strafen, wie durch Begünstigung der Steinbauten kämpfen Rat und Fürsten immer von neuem gegen die Schindeldächer und die leichte Bauweise an. Nach dem großen Brande am 15. Juni 1491 bestimmte der Rat in einer neuen Bauordnung, daß die Eckhäuser durchaus, alle anderen an den Straßen stehenden Häuser aber wenigstens ein Geschoß hoch von Stein erbaut und mit Ziegeln gedeckt werden sollten. Diese Bauordnung wurde 1660 durchgesehen und von neuem eingeschärft. Sie enthält bemerkenswerte Bestimmungen. Jeder Neubau gegen die Gasse sollte bei einer besonderen Ratsdeputation angemeldet werden, und diese hatte darauf zu achten, daß "solcher Bau nicht der Stadtzierde zuwider oder dem Nachbar zum Schaden gereiche. Erker und Ausladungen waren zugelassen, soweit sie sich innerhalb des Traufrechts bewegten. Weiter wurde verlangt, daß die Baufluchten genau eingehalten würden. Die Traufe durfte nicht mehr nach der nachbarlichen Grenze geführt werden. Man darf hieraus schließen, daß im 16. und 17. Jahrhundert das Bauen mit dem Giebel nach der Straße allmählich aufhörte. Immer von neuem machen sich Verordnungen gegen die Holzhäuser nötig, weil offenbar die Bestimmungen darüber nicht streng genug durchgeführt wurden, nach der Not des Dreißigjährigen Krieges auch schwerlich konnten. Wiederholt wendete sich Johann Georg II. mit Vorstellungen und Verordnungen dagegen. Im Jahre 1667 kaufte er selbst sieben alte Holzhäuser am Taschenberg nahe beim Schlosse an und ließ sie wegreißen. Am 14. Oktober 1677 bestimmte er, künftig sei jeder Bau vor dem Beginn bei dem Oberinspektor der Fortifikations- und Zivilgebäude dem Artillerie Obersten Wolf Caspar von Klengel anzumelden, dem Zimmer- und Maurermeister wird bei vorschriftswidrigen Bauten eine Strafe von 50 Goldgulden angedroht. "Damit ging die baupolizeiliche Gewalt immer mehr in die Hände der Militärbehörden über; die Stadt begann aber auch, sich zu einem Glänze zu entwickeln, der sie in künstlerischer Beziehung zur führenden in Sachsen und zu einer der ersten in Deutschland machte.“ (Wir folgen bei der Schilderung dieser Verhältnisse Dr. Walther Dietrichs trefflicher Schrift: Beiträge zur Entwickelung des bürgerlichen Wohnhauses in Sachsen im 18. Jahrhundert; Leipzig, Gilbers 1904.)

Abb. 39 Renaissancetor am Kühnschen Hause (jetzt Kgl. Schloss) um 1580
Abb. 40 Haus Wilsdrufferstraße 14 (um 1660)


Eine größere Anzahl steinerner Häuser in Dresden entstanden nach dem großen Brande 1491, namentlich die Eckhäuser am Markt. Meist waren diese neuen Häuser schmal und tief — wie es die Enge der Festung mit sich brachte — mit hohem Dach und Giebel nach der Straße, dazu kamen glatte Wände mit gruppierten Fenstern in willkürlicher Anordnung, die Fenster spätgotisch oder in Renaissanceformen profiliert. Den Hauptschmuck der meist nur zweigeschossigen Häuser bilden die Silhouetten der Giebel, hier und da ein Erker und reizvoll durchgebildete Portale. Zwei der schönsten sind beim Neubau dem Kgl. Schlosse eingefügt worden, die auch noch die alten Holztüren mit ihrer Quader und Säulenarchitektur haben, andere finden sich in der Pfarrgasse, der Weißen Gasse, der kleinen Kirchgasse und an der Kreuzkirche.




Dieses Kapitel ist Teil des Buches Dresden
Abb. 39 Renaissancetor am Kühnschen Hause (jetzt Kgl. Schloss) um 1580

Abb. 39 Renaissancetor am Kühnschen Hause (jetzt Kgl. Schloss) um 1580

Abb. 40 Haus Wilsdrufferstraße 14 (um 1660)

Abb. 40 Haus Wilsdrufferstraße 14 (um 1660)

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