Dresden

Kunststätten. Band 46
Autor: Schumann, Paul (1855-1927) deutscher Kunsthistoriker, Erscheinungsjahr: 1909
Themenbereiche
Dresden im Mittelalter

Dresden eine schöne Stadt.


Dresden genießt seit mehr als zwei Jahrhunderten den Ruf einer schönen und sehenswerten Stadt, einer Kunststätte ersten Ranges im Deutschen Reiche. Schon im Jahre 1731 sprach man von den sieben Wunderwerken Dresdens, und man bezeichnete als solche:

1. das unvergleichliche Zeughaus,
2. die in aller Welt berühmte Kunstkammer,
3. den recht königlich ausgezierten Stall,
4. die in ganz Europa jetzt berühmteste Elbbrücke,
5. das mit allen japanischen Kostbarkeiten versehene ostindianische Palais am weißen Tor in Alt-Dresden,
6. den seinesgleichen in Europa nicht habenden Zwingergarten,
7. das große und trefflich ausmöblierte Jägerhaus in Alt-Dresden.

Auch der bekannte Abenteurer Baron Karl Ludwig von Pöllnitz sagt in seinen Memoiren 1729, Dresden gehöre zu den schönsten Städten der Welt.

Aber es scheint, als habe der Begriff einer schönen Stadt sich seit 200 Jahren etwas gewandelt. Pöllnitz weiß gar nichts zu erzählen von der schönen Lage Dresdens im Elbtale, wie er auch über Meißens herrliche Lage nicht ein Wort verliert. Er spricht eben sowenig von der schönen inneren Anlage Dresdens. Was ihm in der ,,schönsten Stadt“ starken Eindruck macht, sind im wesentlichen die Bauwerke, die eben als Wunderwerke angeführt wurden, dazu die Kunstschätze Augusts des Starken. Bemerkenswert ist dabei noch, daß er über den Zwinger durchaus abfällig urteilt.

Wenn wir heutzutage von der Schönheit einer Stadt sprechen, so denken wir zuerst an ihre natürliche Lage und an ihre baukünstlerische Anlage. In beiden Hinsichten bietet Dresden wie bekannt hervorragend Schönes. Wie köstlich liegt die Stadt im weiten Talkessel, ringsum von grünen Hügeln umschlossen, an beiden Ufern der Elbe da! Welch herrliche Bilder erschaut man von der Brühlschen Terrasse, vom Garten des japanischen Palais, von der Augustus-, der Marien-, der Carola- und der Albertbrücke, nicht minder von den ringsum liegenden Höhen! Wie angenehm ist es, durch die Straßen der inneren Stadt zu schlendern und überall Schönheiten zu genießen, ohne daß man je das Gefühl der Ermüdung, der Langweile, der Öde empfindet, das uns in den endlosen Straßen Berlins überkommt, das uns sogar im schönen Wien nicht immer fern bleibt! Diese Schönheiten Dresdens sind größtenteils schon seit Jahrhunderten vorhanden. Da möchte man fragen, ob sie mit Bewusstsein und Absicht geschaffen oder ob sie mehr zufällig geworden sind. Nun — dem Mittelalter und damit den Gründern Dresdens kam es bei der Anlage der Stadt keineswegs auf Schönheit an, Sie dachten daran überhaupt nicht. Sie strebten vielmehr nur nach Sicherheit des Wohnens, des Verkehrs, der Arbeit, des Erwerbs. In diesem Sinne planten und erbauten sie die Stadt so zweckmäßig als möglich; damit aber schufen sie allerdings die Grundlagen ihrer Schönheit, die ohne Zweckmäßigkeit undenkbar ist. Nicht wesentlich anders waren die Gesichtspunkte für die Veränderungen und Erweiterungen Dresdens in den folgenden Jahrhunderten. August der Starke dagegen hat — wenigstens für die 1685 abgebrannte Neustadt — nach ganz festen Grundsätzen einen Bebauungsplan aufgestellt, dessen ausgesprochenes Ziel die Schönheit des Stadtbildes im Sinne der Städtebaukunst des Barockstils war. Das 19. Jahrhundert hat zunächst durch die Beseitigung der Stadtmauern neue Schönheit erschlossen; des weiteren hat es neben einzelnen gelungenen Taten auch gar manche Begehungs- und Unterlassungssünden auf dem Gewissen. Neuerdings aber geht man mit Ernst daran, für die Veränderungen und Erweiterungen der Stadt Grundsatz planmäßiger Städtebaukunst zurückzugewinnen. Noch immer aber dürfen wir mit dem Baron von Pöllnitz sagen, daß Dresden zu den schönsten Städten der Welt zählt.

Die Kreuzkirche in Dresden

Die Kreuzkirche in Dresden

Dresden von der Elbpromenade aus gesehen

Dresden von der Elbpromenade aus gesehen

Abb. 26 Bronzene Säule zum Ringelrennen im Stallhof (1588)

Abb. 26 Bronzene Säule zum Ringelrennen im Stallhof (1588)

Abb. 28 Der kleine Hof im kgl. Schloß

Abb. 28 Der kleine Hof im kgl. Schloß

Gotischer Erker

Gotischer Erker

Abb. 20 Großer Schlosshof Nordseite Zustand vor 1896

Abb. 20 Großer Schlosshof Nordseite Zustand vor 1896