F. Westphal und Co.

Der Zweck der Kasse der Firma F. Westphal & Co. ist laut Statut, den Mitgliedern in allen Fällen Unterstützung zu gewähren, wo die Leistungen der reichsgesetzlichen Kassen nicht ausreichen. Mitglieder können nur die Schauerleute der Firma sein, und sie sind verpflichtet, alle für die Firma eintreffenden Schiffe zu bearbeiten. Die Altersgrenze für die Aufnahme in die Kasse ist das vollendete 40. Jahr.

Die nötigen Mittel zur Bestreitung der der Kasse obliegenden Aufgaben werden durch Einbehaltung von Lohn bis zu einer Gesamtsumme von 150 Mk. pro Mitglied beschafft. Zur Deckung der von der Kasse an ihre Mitglieder zu zahlenden Unterstützungen dienen


1) die Zinsen auf die einbehaltenen Beträge,
2) der jährliche Beitrag der Firma F. Westphal & Co., welcher dem vierfachen Betrage der Zinsen gleichkommt,
3) die Zinsen auf das etwa sonst (außer den einbehaltenen Beträgen) angesammelte Kapital,
4) freiwillige Beiträge der Firma, oder sonstige Zuwendungen und Strafgelder.

Reichen diese Mittel zur Deckung der bewilligten Unterstützungen nicht aus, so kann das aus den belegten Geldern angesammelte Kapital angegriffen werden, doch ist der Inhaber der Firma F. Westphal & Co. verpflichtet, einen Zuschuss zur Kasse in gleicher Höhe zu leisten.

Die Führung der Kasse liegt in den Händen der Generalversammlung und des Vorstandes. Der Generalversammlung wohnt ein Vertreter der Firma ohne Stimmberechtigung bei. Die gefassten Beschlüsse und die Wahl des Vorstandes bedürfen der Bestätigung des jeweiligen Inhabers der Firma. Nach zweimaliger Ablehnung des gewählten Vorstandes macht die Firma einen Wahlaufsatz von 15 Mitgliedern, aus dem die Generalversammlung zu wählen hat. Der Vorstand besteht aus 5 Mitgliedern der Kasse und wird auf 1 Jahr gewählt. Zur Vorstandssitzung muss ein Vertreter der Firma zugegen sein, dem das Vetorecht gegen die Beschlüsse zusteht. Der Vorstand der Kasse hat auch Wünsche und Beschwerden der Mitglieder der Kasse in ihrem Arbeitsverhältnisse entgegen zunehmen und, wenn sie begründet sind, der Firma vorzutragen.

In Krankheitsfällen werden den Mitgliedern nach der Schwere der Krankheit und der Größe der Familie Unterstützungen von 5—10 Mk. pro Woche gewährt. Die Unterstützungen können auch weiter gewährt werden, wenn das Mitglied nach überstandener Krankheit noch arbeitsunfähig ist. Beim Tode eines Kassenmitgliedes sind der Frau, falls Kinder da sind 1,50—10 Mk. pro Woche für die Dauer eines Jahres auszubezahlen. Nach Ablauf dieser Zeit wird der Frau resp. den Erben das Guthaben des Mitgliedes ausbezahlt. Bei sofortiger Auszahlung wird keine Unterstützung gewährt. An durch Alter arbeitsunfähig gewordene Mitglieder kann ausnahmsweise Unterstützung gezahlt werden, wenn die Mittel der Kasse es ohne Behinderung des Hauptzweckes erlauben.

Der Vorstand der Kasse kann die Mitglieder wegen Verstoßes gegen die Statuten, Übertretung der Arbeitsordnung und Ungehörigkeiten im Arbeitsverhältnisse mit Geldstrafen bis zu 10 Mk. und Ausschluss aus der Kasse bestrafen. Der Inhaber der Firma F. Westphal ist aber zur sofortigen Entlassung eines Mitgliedes der Kasse unter Einbehaltung seines Guthabens berechtigt,

1) wenn der Arbeiter ohne Erlaubnis Feierabend macht,
2) wenn er ohne Erlaubnis von der Arbeit fernbleibt,
3) bei Überschreitung des Urlaubs,
4) bei verspäteter Meldung von Krankheitsfällen und
5) wenn er sich der Widersätzlichkeit oder Trunkenheit während der Arbeit, des Diebstahls, der Hehlerei, des Betrugs, Unterschlagungen oder anderer unehrenhafter Handlungen schuldig macht.

Vor Entlassung eines Arbeiters hat der Inhaber der Firma mit dem Vorstande über die Angelegenheit Rücksprache zu nehmen.

Die Statuten der Kasse sind gleichzeitig für das Arbeitsverhältnis zwischen der Firma F. Westphal & Co. und den einzelnen Mitgliedern maßgebend.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die sozialen Verhältnisse im Hamburger Hafen