H. W. Heidmann.

Ähnlich wie die Kasse der Firma F. Westphal & Co. sind auch die Kassen der andern Kohlenimportfirmen, wie Possehl, O. L. Eichmann, Sauber Gebr. usw. eingerichtet. Eine Ausnahme macht die Spar- und Unterstützungskasse der Firma H. W. Heidmann. Diese Kasse umfasst nicht allein die schwarzen Schauerleute, sondern auch die übrigen Arbeiter der Firma: Die Schauerleute sind gezwungen der Kasse beizutreten, für die anderen Arbeiter besteht keinerlei Zwang. Dennoch sind von ca. 300 Arbeitern 100 freiwillig in der Kasse neben 66 Schauerleuten. Der Zweck der Kasse ist, den Mitgliedern, resp. ihren Familienangehörigen in allen Fällen der Not Unterstützungen zu gewähren. Reichen die Mittel der Kasse aus, können auch an durch Alter arbeitsunfähig gewordene Mitglieder Unterstützungen bezahlt werden. In dem Statut ist weiter bestimmt, dass Geld zur kolonieweisen Erbauung von Häusern in geeigneter Gegend den Mitgliedern gegen hypothekarische Sicherheit geliehen werden soll, doch ist dies Recht bisher noch nicht zur Ausführung gelangt.

Als Mitglieder können nur solche Arbeiter in die Kasse aufgenommen werden, die während der letzt voraufgegangenen 12 Monate bei der Firma beschäftigt gewesen sind. Über 30 bis 40 Jahre alt, können die Arbeiter nur durch Majoritätsbeschluss der Generalversammlung aufgenommen werden.


Der Vorstand der Kasse wird von den Mitgliedern in der Generalversammlung auf ein Jahr gewählt und besteht aus 7 Personen. Den Vorsitz führt ein Mitinhaber der Firma H. W. Heidmann, welcher alle gefassten Beschlüsse zu protokollieren hat und die gewählten Vorstandsmitglieder ablehnen und sofortige Neuwahl verfügen kann. Die Firma ernennt aus den Vorstandsmitgliedern einen Obmann und dessen Stellvertreter. Die Wahl erfolgt mittelst Stimmzettel und zwar haben die Platzleute und Kutscher 3 Vertreter, die Schauerleute 2, die Ewerführer und Maschinisten je 1 Vertreter. Außer der Verwaltung der Unterstützungsgelder hat der Vorstand unter den Arbeitern für Innehaltung der von der Firma festgesetzten Arbeits- Ordnung zu sorgen und Beschwerden der Mitglieder sowohl hinsichtlich ihrer Ansprüche an die Kasse, als auch in ihrem Arbeitsverhältnisse zur eventuellen Weitergabe an den entsprechenden Firmeninhaber entgegenzunehmen. Wegen Verstoßes gegen die Statuten, Übertretung der Arbeitsordnung und Ungehörigkeit im Arbeitsverhältnisse kann der Vorstand Geldstrafen und Ausschluss aus der Kasse verfügen.

Die Unterstützungen werden in verschiedener Höhe, je nachdem, ob der Arbeiter verheiratet ist oder nicht und ob im ersteren Falle Kinder vorhanden sind, gewährt. Die Minimalkrankenunterstützung des kinderlosen verheirateten Arbeiters beträgt 3,50 Mk. pro Woche, die Maximalsumme für einen verheirateten Arbeiter mit 1 Kinde 10,50 Mk., für jedes weitere Kind wird wöchentlich 1,40 Mk. hinzubezahlt, sodass eine Familie mir vier Kindern, deren Ernährer ins Krankenhaus überführt werden musste, mit 14,70 Mk. wöchentlich unterstützt wird. Beim Tode des Mannes erhält die Witwe, die Mutter von Kindern ist auf ein Jahr eine Rente von wöchentlich 7,50 bis 10 Mk. Nach Ablauf des Jahres wird das Guthaben des Mannes ausbezahlt. Sehr wichtig ist die Unterstützung, die die Kasse den Frauen der Mitglieder in den Fällen von Entbindung und Krankheit gewährt. Bei Entbindungen zahlt die Kasse für 14 Tage je 1,75 Mk. Ist Pflege notwendig, so wird auf Veranlassung der Kasse durch den Hauspflegeverein in Hamburg eine zuverlässige Frau zur Führung des Hausstandes und zur Pflege der Wöchnerin gestellt, wofür der Hauspflegeverein laut Kontrakt 1 Mk. täglich erhält, die 75 Pfennige verbleiben dem Mitgliede zur Beköstigung der Wärterin. Bei Tag- und Nachtpflege erhält der Verein 1,50 Mk. pro Tag und das Mitglied 25 Pfennig. Dauert die Pflege länger als 14 Tage, so hat in allen Fällen das Mitglied die Hälfte der Kosten zu tragen. Durch Krankheit geschwächte Frauen und Kinder der Mitglieder können auf Vorstandsbeschluss Landaufenthalt erhalten, wenn das ärztlicherseits befürwortet wird. In der Regel werden 4 Wochen bewilligt und wird für die Frau pro Woche 14 Mk. und für ein Kind 7 Mk. bezahlt und der Fahrpreis vergütet.

Eventuelle Verlängerungen des Landaufenthaltes müssen vom Arzte für notwendig befunden werden.

Die notwendigen Geldmittel werden durch Beiträge der Mitglieder und durch einen Zuschuss der Firma in der Höhe eines bestimmten Prozentsatzes des jährlichen Reingewinnes aufgebracht. Die Beiträge der Schauerleute betragen 0,50 bis 1,00 Mk. per Dampfer. Die übrigen Mitglieder bezahlen bis zu einem Verdienste pro Woche von

20-25 Mk. 0,50 Mk.
25-30 Mk. 1,00 Mk.
30-33 Mk. 2,00 Mk.
33 und darüber 3,00 Mk.

Die Mitglieder der Kasse können von der Firma nur nach voraufgegangener 14tägiger Kündigung aus dem Betriebe entlassen werden, wie auch diese zu einer 14tägigen Kündigung verpflichtet sind. Sofortige Entlassung erfolgt aus dem Betriebe mit Ausschluss aus der Kasse, wenn ein Mitglied sich eines unerlaubten Feierabends, einer Urlaubsüberschreitung, der Widersetzlichkeit, Trunkenheit, des Diebstahls, Betrugs usw. schuldig gemacht.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die sozialen Verhältnisse im Hamburger Hafen