Die Operationen des Generals v. Bülow.

Es ist Zeit jetzt auch die Operationen des Generals v. Bülow kurz nachzutragen. Nach einem Gefecht bey Halle am Tage der Schlacht von Groß-Görschen, in welchem er Halle nahm, eine Haubitze und zwey Kanonen eroberte, auch viele Gefangne machte, hatte er sich seinem Uebergange über die Elbe genähert, war dann wirklich übergegangen, hatte alle disponible Truppen an sich gezogen, und stand am 17ten May zwischen Wittenberg und Berlin. Durch die Vereinigung mit dem General v. Borstell, v. Thümen, und den bereits gebildeten Landwehrtruppen der Marken, war sein Corps zu einer bedeutenden Stärke angewachsen. Nachdem er sich versichert hatte, daß für Berlin von der Seite der Nieber-Elbe keine Gefahr war, und er die Nachricht erhielt, daß 30,000 Mann Schweden wirklich gelandet hatten, brach er auf, und dirigirte seinen Marsch auf Bautzen. Am 26sten traf er in Kalau ein. Seine leichten Truppen schwärmten bis Bautzen und gegen Dresden. Im Erzgebirge waren preussische Partisane zurückgeblieben, die russischen Generale Kaisarof und Emanuel hatten sich in den sächsischen Gebirgen von Zwickau längst der östreichisch-preussischen Grenze etablirt und nahmen auf der Strasse zwischen Bautzen und der Armee, Traineurs und Couriere. General Prinz Biron lag auf der andern Seite der Straße und trieb seine Parthien gegen Görliz und Bunzlau, und von der Nieder-Elbe eilten der General Czernitzew und das Corps von Lützow herbey um zu den Operationen in den Rücken der großen Armee mitzuwirken.
Es kam jetzt darauf an, einige Tage Zeit zu gewinnen um die Verschanzungen der festen Stellung bey Schweidnitz zu vollenden, die Armee mit Ruhe herein zu führen, und den General v. Sacken heran zu ziehen, der in wenigen Tagen die Oder bey Oppeln oder Brieg passiren konnte. Bey der Schwenkung der Armee nach Schweidnitz mußte der linke Flügel das Pivot machen, und der rechte Flügel den Augen des Feindes auf einige Zeit entzogen werden.

General v. Blücher ließ die Armee des rechten Flügels in zwey Colonnen nach Liegnitz abmarschiren, stellte die Brigade v. Zieten zum Soutien der Arriergarde bey Pohlsdorff auf, und legte einen Hinterhalt von 21 Esquadrons mit 3 Batterien reitender Artillerie in die Gegend von Baudmannsdorff, bestimmt dem Feind auf ein gegebnes Signal, das in Ansteckung der Windmühle von Baudmannsdorff bestand, in die rechte Flanque und den Rücken zu fallen.


Der Feind, der die Verfolgung der Arriergarde gewöhnlich um 10-11 Uhr anfing, setzte sie an diesem Tage bis gegen Abend aus, und brauchte so viele Vorsicht, daß die Unternehmung nicht ganz gelang. Hätte der Feind so wie gewöhnlich verfolgt, und konnte er bis an das Defilee von Pohlsdorff vorgelassen werden, eh die Windmühle in Brand gesteckt wurde, so wäre die Division Maison, welche die Avantgarde der französischen Armee machte, wahrscheinlich ganz aufgerieben worden. So aber gewann ein Theil der von uns in der rechten Flanque und in der Front von der Arriergarde unter General Zschaplitz und Christ v. Mutius angefallenen Infanterie Zeit sich in das Dorf Michelsdorff zu werfen und zu entkommen. *)

Der Feind verlor den größten Theil seiner Artillerie, aber nur 11 Kanonen mit einigen Pulverwagen konnten aus Mangel an Bespannung zurückgebracht werden.
Es wurde viel feindliche Infanterie niedergehauen,**) und gegen 300 Mann Gefangne gemacht.

Der Feind wurde während der Nacht auf Haynau und Michelsdorff beschränkt. Der linke Flügel machte Ruhetag und nur seine Arriergarde wurde von Löwenberg gegen Goldberg gedrängt.



*) Die feindliche Cavallerie verließ ohne einen Angriff abzuwarten das Schlachtfeld, und wurde bis hinter Haynau verfolgt, ohne eingeholt werden zu können.
**)Anmerk. Bey dieser Affaire hatten die Preußen und Rußen einige 70 Todte und Bleßirte - worunter sich aber 16 Officiere befanden. Ein Beweis, wie gering der Verlust entschlossener Cavallerie im Verhältniß seiner Wirkung ist.
Wie viel der Feind verloren hat läßt sich nicht mit Bestimmtheit angeben.
Man schätzte es anfänglich auf 12 bis 1500 Mann allein Gefangne und Deserteur gaben ihn über das doppelte an und das ist möglich, wenn man erwägt, daß über 3,000 Mann Cavallerie zum Einhauen gekommen sind.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die preußisch-russische Campagne im Jahre 1813