April 1813.

Im Laufe des Aprils ergaben sich die Festungen Czenstochau, Thoren und Spandau, wodurch die Bloquade- und Belagerungstruppen derselben disponibel wurden.

Nach erhaltenen Nachrichten marschirte Marschall Ney auf der Straße von Frankfurth über Würzburg, der Vice-König hatte sich bey Aschersleben gesetzt, und auf der Straße über Eisenach und Erfurth sollte eine andere französische Armee vorrücken. Die preußische leichte Cavallerie wurde bis Hof, und in die Ebenen Thüringens vorgetrieben um des Feindes Bewegungen zu beobachten, die Armee des Grafen Wittgenstein zog sich bey Dessau über die Elbe um nicht von der des Generals v. Blücher getrennt werden zu können, und den Vice-König näher zu beobachten.


Die preußische und russische leichte Cavallerie führte vom Harz bis zum Thüringer Walde einige glückliche Coups aus, und zeigte Gewandheit und Unternehmungs-Geist. Erfurth war indeß von französischer Seite palisadirt; die Werke in Stand gesetzt, und mit einer angemessenen Besatzung versehen worden.

Den 15ten April setzte sich das bis Meiningen und Coburg vorgerückte Corps des Marschall Ney in Bewegung, paßirte den Thüringer Wald, und concentrirte sich den 17. und 18ten bey Erfurth und Gotha. Hierdurch wurde das weitere Vorrücken der französischen Armee über Eisenach gedeckt. Am 22sten besetzte die französische Armee das Defilee der Saale bey Jena, am 25sten April das bey Kösen. Bey der Avantgarde war das 10te französische Husaren Regiment und die Badenschen Dragoner. Täglich fielen Gefechte mit der combinirten leichten Cavallerie vor, in welchen die französische, nicht sonderlich berittne Cavallerie zwar den Kürzern zog, jedoch sich ganz gut schlug. Die Armee des Vice-Königs von Italien setzte sich in Bewegung und marschirte bie Saale aufwärts um sich mit der Haupt-Armee zu vereinigen. Bey dieser Gelegenheit fielen an der Saale einige Gefechte vor, welche jedoch unbedeutend in ihren Folgen waren. Bey einer Canonade an den Thoren von Halle zeigte die preußische Artillerie gegen überlegene französische Artillerie viel kaltes Blut und Ausdauer, bey einem Infanterie- Gefecht in Merseburg erlitt das erste ostpreußische Infanterie Regiment einen nicht unbedeutenden Verlust und mußte der Uebermacht weichend Merseburg verlassen.

Nachdem nun die Vereinigung des Vice-Königs von Italien mit der Armee des Kaisers bewürkt worden war, *) so rückte ein Theil dieser letztern bey Kösen über die Saale, und trieb die leichte Cavallerie der combinirten Armee bis über Weißenfels zurück.
Die Absicht der französischen Armee wurde nun klar. Es ging die Haupt-Direktion in 2 Colonnen auf Leipzig. Die combinirte Armee stand in folgender Ordnung:

Graf Wittgenstein in Delitsch, General v. Kleist in Halle, General v. York in Skeudiz. General v. Winzingerode in Leipzig, General v. Blücher in Altenburg, General Miloradowicz in Chemnitz, und die sogenannte große Armee, bestehend aus Grenadiren, den Kais. russischen Garden, und sämmtlichen Cuiraßieren war auf dem Marsch von Dresden gegen Rochliz.

General v. Blücher hatte, in der Ueberzeugung, es sey beßer, wenn in diesem wichtigen Augenblicke ein Kais. Russischer General commandire, dem General Grafen v. Wittgenstein das Commando abgetreten, und dieser ordnete eine Concentrirung der Armee dergestalt an, daß am 30sten April sich alles gegen Leipzig bewegte, der rechte und linke Flügel einen Marsch davon entfernt. Am 31. April wurde General v. Winzingerode gegen Lützen detachirt um des Feindes Bewegungen zu beobachten, und der rechte Flügel der Armee nach Leipzig herangezogen. Den 1sten May rückte die französische Armee gegen Lützen vor und engagirte eine lebhafte Canonade mit dem General v. Winzingerode, der sich langsam zurückzog. Es hatte sich an diesem Tage nichts feindliches auf der Straße gegen Zeiz und Pegau gezeigt. Der commandirende General supponirte daher, die französische Armee würde am folgenden Tage ihren Marsch auf Leipzig fortsetzen, und beschloß ihr in die rechte Flanque und vielleicht nach den Umständen in den Rücken zu fallen.



*) Anmerk. Nicht völlig Unterrichtete, Soldaten und Nicht-Soldaten, sind der Meynung gewesen, man hätte schnell den Vice-König angreifen müssen als er bey Aschersleben stand. Wenn man gewiß gewußt hätte, daß der Vice-König sich bey Aschersleben mit einer überlegenen Macht einlassen würde, so hätte man den Grundsatz sich nicht über eine Linie westlich von Bernburg nach Asch hinaus zu bewegen, aufgeben mögen. Aber würde sich nicht der Vice-König längst dem nördlichen Harz zurückgezogen haben? Und wir hätten dann zurückeilen müssen um unsre Communicationen über Dresden nur wiederzugewinnen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die preußisch-russische Campagne im Jahre 1813