1ter May 1813.

Es wurde daher am Abend des 1sten May abmarschirt, und ausgenommen den General v. Kleist, welcher mit seiner Division in Leipzig, und General Miloradowicz, welcher mit seinem Corps von Altenburg auf Zeiz marschirte, die ganze Armee bey Pegau und den nächsten Uebergängen über die Elster gezogen, wo sie sich entwickelte.

Gegen 11 Uhr Mittags stand die Armee mit dem rechten Flügel gegen Werben mit dem linken gegen Domsen in Schlachtordnung. Ein Gefangner, beim Marodiren in einem unbesetzten Dorfe gemacht, sagte aus: am nächsten Dorfe (Gr. Görschen) stehe die Division Souham en bivuaq, mehrere andere dahinter. Einzelne Officiers, welche vorritten, entdeckten bald dieses bivuaq in der größten Ruhe ohne Vorposten und ohne vorgeschobene Patrouille. Gegen Leipzig zu, in der Gegend von Alt-Rannstädt entdeckte man Staub, und Rauch des Canonen-Feuers, man mußte daher schliessen, die französische Armee sey im Marsch nach Leipzig, und man habe es nur mit einem einzelnen Corps zu thun, welches den Marsch von Weißenfels über Lützen decke. General Graf Wittgenstein gab den Befehl, das Bivuaq bey Groß-Görschen in der Front festzuhalten, und mit der preußischen Reserve-Cavallerie auf dem linken Flügel, gegen Rahno vorzurücken, damit wenn der Feind sich von Groß-Görschen gegen Kaya zurückzöge, die reitende Artillerie der Reserve- Cavallerie ihn in Unordnung bringen, und die Cavallerie alsdann einhauen könne.


Die preußische Reserve-Cavallerie trabte vor, und eine russische Batterie von 12 12pfündigen Canonen nebst einer preußischen 6pfündigen fing an das Bivuaq zu beschießen. Der Feind antwortete mit einer Batterie, welche aber sogleich durch zwey preußische 6pfündige Batterien en Flanque genommen wurde, so daß er, nachdem ihm 3 Canonen demontirt waren, sich zurückzog, und nur das Dorf Groß-Görschen mit Infanterie besetzt ließ.

Die Reserve-Cavallerie bekam, als sie in der Gegend von Rahno ankam, Canonen-Feuer von der Höhe von Kaya, und fuhr ihre Batterien auf. Von Weißenfels her, in der Gegend von Poserna zeigte sich viel Staub, und bald darauf eine Colonne in der Gegend von Koltzen, mit welcher sich die Cavallerie ebenfalls engagirte.

Nachdem nun die Cavallerie unter so veränderten Umständen die erste Absicht nicht mehr ausführen konnte, so befahl der General Graf Wittgenstein das Dorf Groß-Görschen mit Infanterie zu attaquiren. Dieß geschah durch einige preußische dem Dorf gegenüber stehende Bataillons. Die französische Infanterie steckte es an, es wurde jedoch sogleich genommen. Während dem hatte jedoch der Feind auch Infanterie in die Dörfer Klein-Görschen und Rahno geworfen.

Er wurde durch mehrere Bataillone Preußen aus Rahno, Preußen und Rußen aus Klein-Görschen delogirt, erhielt aber von den Höhen von Kaya Verstärkung, welche die vorrückenden Truppen wieder bis an, und in die 3 Dörfer zurück warf.
Die combinirte Armee hatte vor Groß-Görschen Halt gemacht und unterstützte die fechtende Infanterie jedesmal sobald solche bis in, die Dörfer zurück gedrängt wurde. So dauerte das Infanterie-Gefecht in und zwischen den 4 Dörfernn Kaya, Rahno, Groß- und Klein- Görschen bis um 6 Uhr fort, und auf den linken Flügel der combinirten Armee unterhielt die reitende Artillerie der Cavallerie-Reserve das Canonen-Feuer gegen die Höhen von Kaya, während die russische Kavallerie unter dem General v. Winzingerode sich gegen Koltzen und Pobles ausdehnte und den dort vorgerückten Feind lebhaft beschoß.

Der Feind hatte gegen diese Zeit Verstärkungen vorrücken lassen, und die preußische Infanterie aus den brennenden Dörfern Groß-Görschen und Rahno getrieben. Drey Bataillone preußischer Garden, und ein Theil der Division von Berg waren noch nicht im Gefecht gewesen, zugleich ging die Nachricht ein, daß die große russische Armee auf dem Schlachtfeld angekommen sey.

Die preußischen Garden rückten durch Groß-Görschen: und Rahno vor, einige Bataillon russischer Truppen erhielten den Befehl mit einer Batterie den rechten Flügel der Garden zu decken. Die letzten disponiblen Bataillons der preußischen Reserven rückten nach Rahno, und eine preußische Batterie zwischen Groß-Görschen und Rano. Nun entstand ein sehr lebhaftes Gefecht, durch welches die französische Infanterie gänzlich geworfen wurde.

Sie formirte zwischen Rahno und Kaya ein Quarée da ein preußisches Uhlanen-Regiment mit einer Attaque drohte, das 10te französische Husaren-Regiment versuchte sogar eine Attaque auf die aus Rahno vordringenden Tiralleurs der Combinirten, allein es mußte sich zurückziehen und das Quarée wurde durch Canonen und klein Gewehrfeuer fast ganz aufgerieben. Während dem machte die Reserve-Cavallerie mit einigen Regimentern glückliche Attaquen, drang in die Infanterie, in ein Quarée und nahm einige Canonen. Die Reste der französischen Infanterie warfen sich in das Dorf Kaya und die daneben liegenden Gebüsche des Floßgrabens, und es schien, daß der Feind keine Infanterien-Maßen mehr aufzustellen habe.

Schon war das Dorf Kaya von der französischen Infanterie in Brand gesteckt, gänzlich verlassen, und die preußische Infanterie bis an die ersten Häuser vorgedrungen, als auf dem französischen linken Flügel neue Verstärkungen erschienen, die durch das siegreiche Gefecht etwas zerstreute preußische und russische Infanterie über den Floßgraben zurück drückten, und unter Protektion einer zahlreichen Artillerie sich gegen die Dörfer Groß- und Klein-Görschen bewegten. Auf dem äußersten rechten Flügel war der russische General Prinz von Würtemberg mit einiger Infanterie durch Eisdorf gegangen, um den Feind zu überflügeln. Er stieß auf die Verstärkungen, und es entstand ein ziemlich lebhaftes Gefecht bey Eisdorf.
Der Tag neigte sich, und wenn in diesem Augenblick die russischen Garden ankommen, und die fechtende russische und preussische Infanterie unterstützen konnten, so ist es sehr wahrscheinlich, daß sie, wenn nicht Kaya eroberte, doch das Gefecht jenseit des Floßgrabens erhielt. Allein die Garden waren noch weit zurück, und es wurde daher beschlossen, sich mit einer Linie Groß-Görschen vor der Front habend, aufzustellen, währen der Nacht den General Miloradowiz heran zu ziehen, die Munition zu complettiren und mit dem anbrechenden Tage das Gefecht, zu erneuern-

Die Ausstellung hatte Statt, und die russischen Garben trafen in dieser Linie ein. Die Canonade dauerte bis in die Nacht fort, die preußischen Jäger der Garde hatten Groß-Görschen besetzt.

Auf dem linken Flügel der combinirten Armee war ein Theil der Cavallerie mit dem Sinken der Nacht abgesessen, und fütterte. Ein Theil des in der ersten Linie stehenden preußischen 2ten Leibhusaren-Regiments hatte keine Vorposten ausgesetzt. Französische Cavallerie, welche wahrscheinlich recognosciren sollte, prallte heran, feuerte und brachte große Unordnung in das Regiment, die der Fein jedoch nicht benutzte. Der General v. Blücher nahm hierauf die preußische Reserve-Cavallerie, ging en Linie mit ihr vor um den Feind aufzusuchen, und stieß in der Dunkelheit auf vorbereitete Infanterie, welche Artillerie bey sich hatten. Nur ein Theil der Cavallerie kam zum Gebrauch des Säbels. Sie zog sich hierauf wieder aus dem Gewehrschuß zurück. *)

Die combinirte Armee hatte an diesem Tage 5 bis 6 Canonen mit einigen Munitionswagen genommen, viele Gefangne gemacht, und selbst weder Artillerie noch Gefangene verloren, die Schwerbleßirten abgerechnet, welche dem Feind hinter Groß-Görschen in die Hände gefallen waren. Ihr später ausgemittelter Verlust betrug 8000 Mann tobte und blesirte Preußen und nicht völlig 2000 Mann Russen. Die preußische Cavallerie hatte viel durch Canonen-Feuer gelitten, vorzüglich viele Pferde verloren.
Als das Gefecht bey Kaya am heftigsten war, war eine Meldung des Generals v. Kleist eingegangen, daß der Feind Leipzig besetzt habe, und er, seiner Instruction gemäß, auf Wurzen zurück gegangen sey. Spätere Meldungen des rechten Flügels besagten, daß eine Colonne von Leipzig her zurück gekommen sey, und es war wahrscheinlich daß die kurz vor Einbruch der Nacht angekommenen Verstärkungen, diese Colonne gewesen war.

Um 10 Uhr Abends meldete der Commandant der russischen Artillerie, daß seine Munition verschossen, und es ihm unmöglich sey bis zum folgenden Tag sich wieder zu complettiren, da seine Parc Colonnen noch zu weit rückwärts sich befänden. Diese Nachricht, verbunden mit der der Besetzung von Leipzig, vermochten den commandirenden General, den Befehl zum Rückzug zu geben. Es war unmöglich ihn während der Nacht an alle die verschiedenen Truppen zu überbringen, welche ohne Bivuaq-Feuer den Morgen zur Erneuerung der Schlacht abwarteten, und als es Tag wurde standen daher noch Truppen-Abteilungen von allen Waffen auf dem Schlachtfelbe, von welchem sich die französische Armee während der Nacht zurückgezogen hatte.



*) Anmerk. Gefangne und Deserteur haben später ausgesagt, daß dieses vorrücken der Cavallerie im Dunkeln von der französischen Armee für eine Bewegung der ganzen combinirten Armee gehalten worden sey, und einen totalen Rückzug des rechten Flügels durch Weissenfels zur Folge gehabt habe.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die preußisch-russische Campagne im Jahre 1813