Im dreißigjährigen und im siebenjährigen Kriege

Zu den Vorwürfen, die ihnen während der Kriege besonders im dreißigjährigen und nicht minder im siebenjährigen Kriege gemacht wurden, gehörte der, daß sie die Münzen verschlechterten, das Gold beschnitten, in Silber Blei mischten oder statt des Silbers fast ausschließlich Blei verwendeten. Aber wenn auch das Andenken an die Münzjuden unter Friedrich dem Großen (Veitel Heine Ephraim) mit diesen Vorwürfen befleckt bleibt, - unter den Kippern und Wippern, wie man die Münzverschlechterer im dreißigjährigen Kriege nannte, befanden sich gewiß weniger Juden als Christen; hatten die letzteren doch, wie schon Geiler von Keisersberg und ähnlich wenig später Luther ihnen vorzuwerfen wußten, es schnell und gründlich gelernt, Wucher und ähnliche Betrügereien „jüdischer zu treiben“ als die Juden.

Bei der gedrückten Stellung, die die Juden in Preußen unter der Regierung Friedrich des Großen einnahmen, versteht es sich von selbst, daß sie während des siebenjährigen Krieges keinen sonderlichen Enthusiasmus bezeugten. Denn es waren nicht ihre Kriege, die gekämpft wurden, man gestattete ihnen nicht das Land als Vaterland anzusehen, das bedroht und von allen Seiten angegriffen war. Darum darf es nicht Wunder nehmen, daß zum Beispiel in den vertrauten Aeußerungen Moses Mendelssohns an seine Braut der Krieg nicht vom patriotischen, sondern vom ökonomischen Standpunkte aus betrachtet wird und sein Ende ersehnt wird, als ein willkommenes Ereignis, die Handelsbeziehungen wieder zu festigen und die Ruhe aufs Reue herzustellen. Trotzdem hat auch Mendelssohn sich während dieser Kriege als Patriot gezeigt durch Danklieder und durch eine Festpredigt.


In der Festpredigt wird besonders auf biblische Stellen hingewiesen, aber auch die Frömmigkeit Friedrichs hervorgehoben und der dauernde Sieg für ihn erfleht. In dem Dankliede für die Schlacht bei Roßbach heißt es:

Wie furchtbar stürzt der Feinde Menge
Auf deinen Friederich daher!
Doch du, der Welten Heil! Beschirmest
Den Held, den Liebling deiner Güte.
Ihn nennt der Nachruhm den Preis der Helden
Ihn leitet Gerechtigkeit und Weisheit,
Zwei Lichter, die der Herr gesendet,
Den Weg zu der Unsterblichkeit.

In dem ebenso wenig poetischen Danklied über den Sieg bei Leuthen, in dem vielfach auch Bibelstellen benutzt werden, lautet eine Strophe:

Er wird der Mittelpunkt von seinen Feinden,
Um und um drängte sich der Haufe in Reihen.
Jedoch der Herr bewachte seinen Helden
Und legte um Ihn den Blitz des hauenden Schwerts,
Der wälzt sich zum Verderben weit umher
Und vernichtet das Werk des Herrn nicht lässig.
Den stolzen Feind verzehrt sein fressend Feuer,
Da ist kein Stehen, wohin die Gluth sich wirft.

Es gibt ferner eine ganze Literatur, die für den siebenjährigen Krieg hier in Betracht kommt: jüdisch-deutsche Erzählungen und Briefe über einzelne Kriegsereignisse und die Geschehnisse des gesamten Kriegs. Aber so geschickt diese Schriften auch den jüdisch-deutschen Dialekt nachzuahmen wissen, und so sehr sie auch mit dem Namen jüdischer Verfasser sich decken, so wird man wohl annehmen müssen, daß dieses Gewand ein rein äußerliches ist, um ein gewisses Aufsehen zu erregen; die Schriften haben ferner, selbst wenn sie, was sehr fraglich ist, wirklich von Juden herrühren sollten, mit jüdischer Gesinnung nicht das geringste zu tun.

Deutsche Dichter jüdischen Glaubens gab es in jenen Zeiten nicht. Der polnische Jude, der ,,deutsche Liederchen“ reimte, und der auf seinen Unwert hin von Goethe geprüft wurde, (1772), steht umsomehr als er von Deutschland entfernt lebte den deutschen Ereignissen völlig fern. Der einzige, der etwa in Betracht kommt, ist der Breslauer Moses Ephraim Kuh (1731-1790), heute bekannter durch die etwas freie und der Geschichte nicht völlig entsprechende Schilderung, die Berthold Auerbach von ihm gegeben hat, als durch seine Sinngedichte, Lieder und Übersetzungen. Aber er ist mehr ein Dichter kleiner Tändeleien als ein Sänger patriotischer Art. Wenn er ,,unsere Kriege“ besingt, so darf man an keine Heldentaten denken, sondern es ist von Liebestaten die Rede.

Fürwahr die Helden unsrer Zeit,
Sprach Frauenlieb, sind nicht gescheit,
Daß sie sich um ein Fleckchen Land,
Um Gold und um der Ehre Tand
Ins Feld begeben, und den Leib
Zerfetzen lassen; teurer Sieg!
Ich lobe den trojanschen Krieg,
Er war doch um ein schönes Weib.

Er rühmt zwar Friedrich den Großen, aber mehr den Literaturmäzen, als den Krieger, indem er singt:

Den Szepter führet Zeus, Apoll die Leier,
Minerv’ ist weis’ und Mars hat Heldenfeuer:
Der Preußen Friederich vereint die Gaben,
Die des Olympos Götter einzeln haben.

Und wenn er endlich das Schreiben des Fähnrichs Trux an einen Landedelmann wiedergibt, so schildert er mehr den Mädchenjäger, den tollen Burschen, der ,,Juden und Philister“ prügelt, als den Kämpfer und gibt als dessen Lebensprogramm:

Vom Dienst weiß ich soviel, als du. –
,,Wenn aber Krieg nun wird“? - Je nu!
Mich sollen tausend Teufel reiten!
Da gibt es Mädchen zu erbeuten.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die deutschen Juden und der Krieg