Der Tempel.

Dieses Gebäude war ursprünglich die Residenz des Groß-Priors der Tempelherrn, und der Umfang seiner Ringmauern hatte sich besonders im 13. Jahrhundert durch das Ankaufen von Ländereien sehr vermehrt. Man sah damals so viele und beträchtliche Bauten in demselben, daß man diesem Bezirke den Namen: „der neuen Stadt des Tempels“ beilegte. Im Jahr 1254 als Heinrich III von England nach Paris kam, zog er eine Wohnung im Tempel dem Pallast vor, den Ludwig der Heilige für ihn hatte einrichten lassen.

Den sogenannten Thurm des Tempels hatte im Jahr 1212 der Bruder Hébert, Schatzmeister der Templer, erbauen lassen. Es war ein viereckiges Gebäude, dessen furchtbar dicke Mauern von kleinen Thürmen in den Winkeln flankirt waren.


Lange Zeit hindurch verwahrten hier die Könige von Frankreich ihre Schätze, auch waren die Archive der Templer in demselben, so wie diejenigen des Großpriors der Maltheser, der ihnen im Jahr 1313 folgte. Innerhalb des Bezirks des Tempels übte der Großprior eine ganz unabhängige Justiz aus, auch war dies der Zufluchtsort der Banqueroutirer und anderer, wegen Schulden verfolgter Personen.

Unter Philipp IV (dem Schönen) wurde dieser Orden, dessen Entstehen sich auf den Entschluß tapferer Ritter gegründet hatte, welche die nach Jerusalem wallfahrenden Pilger vor Mißhandlungen gegen die Ungläubigen schützen wollten, vernichtet. Im Jahr 1128 bestätigte schon der Pabst Honor XI den Orden förmlich und ward zugleich sein oberster Schutzherr. Der Großmeister genoß bei allen Fürsten Europas den höchsten Rang, die Großprioren wurden aus den edelsten Geschlechtern gewählt, und ihre Besitzungen mehrten sich so sehr, daß die Anzahl ihrer Commenthureien in Europa und dem Orient endlich auf 9000 sich belief. Eben diese Schätze aber mochten hauptsächlich Philipp von Frankreich zu dem kühnen Entschluß verleiten, den Orden der Tempelherren mit einem Schlage zu vernichten. Mit dem Pabst Clemens V im Einverständnisse, ließ er auf einmal (13. October 1307) alle Tempelherren des ganzen Reichs an einem Tage gefangen nehmen, indem er ihnen zur Beschönigung dieses beispiellosen, einem orientalischen Despoten würdigen Verfahrens, Schuld gab, daß sie Götzendiener wären, eine scheußliche Figur anbeteten, Christum verhöhnten, auch unter sich unnatürlichen Lüsten nachhingen etc. Zugleich bemächtigte er sich des Tempels (damals eines der größten Gebäude zu Paris, worin sie wohnten) und aller darin befindlichen Schätze, ließ die Tempelherren, unter welchen sich auch der Großmeister Jakob von Molay befand, durch ernannte Commissarien vernehmen, und da sie standhaft läugneten auf die Folter bringen, wodurch man ihnen Geständnisse abpreßte, die sie nachher meistentheils wiederriefen. Der Pabst, zwar Anfangs selbst über dies Verfahren empört, wurde dennoch wieder eingeschläfert, und die nichtswürdige Commission des Königs eben sowohl, als das elende Concilium des Pabstes verdammten 1309 nicht weniger als 54 Ritter zum Feuer! Ja, sie wurden nicht einmal in helles Feuer geworfen, sondern man ließ sie bei gelindem langsam verbraten! Der Pabst hob durch eine Bulle (1312) den ganzen Orden auf. Den Großmeister, Jakob von Molay, ließ der schändliche Philipp noch 1314 den Flammen überliefern, doch folgte er ihm nach 8 ½ Monat selbst im Tode nach.

Der König bemächtigte sich nun der Schätze des Ordens, und schenkte dessen Immobilien den Hospitalitern von St. Johann in Jerusalem, seit der Einnahme der Insel Modus durch die Türken, Maltheser-Ritter genannt. Der Herzog von Angouléme, jetzt in Holy-Rood, war der letzte Großprior dieses Ordens.

Den 11. August 1792 wurde der unglückliche Ludwig XVI in diesen Thurm mit seiner Familie eingesperrt, wo er den Kelch des Leidens bis auf die Hefen leeren, und jeden Grad menschlichen Elendes durchmachen mußte. Er verließ ihn nur, um das Schaffet zu besteigen. Im Jahre 1805 wurde dieses Gebäude niedergerissen. — Das Volk behauptete damals, Ludwig XVI und Marie Antoinette gingen nebst noch andern blutigen Gespenstern darin um, ja beide benannte Personen hielten ihre bluttriefenden königlichen Häupter unter den Armen, dies sey mit ein Grund gewesen, warum man das furchtbare Gebäude niedergerissen habe, da Niemand mehr eine nächtliche Ruhe darin hätte haben können, ja sogar am Tage die Leute oft durch gräßliche Erscheinungen in Angst und Schrecken gesetzt worden seyen. .—

Als der Tempel Nationaleigenthum geworden war, wurde an seiner Stelle ein großes Hotel erbaut, welches zuerst für das Ministerium des Cultus bestimmt war. Im Jahre 1814 wurde dieses Hotel zu einem Nonnenkloster umgeschaffen, welchem die Prinzessin von Bourbon, ehemalige Aebtissin von Biremont vorstand. — Jetzt ist an dem Eingang des Gebäudes ein Portal mit jonischen Säulen, zwei Fontainen sind an den beiden Seiten des Hauptthors, auf denen die Bildsäulen der Seine und Marne stehen. —