Die Bastille.

Das unter diesem Namen bekannte furchtbare Gebäude, dessen Zerstörung das erste Signal zu der, die halbe Welt erschütternden französischen Revolution gab, lag am Ende der Straße St. Antoine. Man glaubte lange Zeit, daß Hugo Aubriot unter Carl V den 22. April 1371 den Grundstein dazu gelegt, seitdem hat man aber die auf Thatsachen gegründete Gewißheit erlangt, daß die Veste schon viel früher stand, und schon gegen die Einfälle der Burgunder zu schützen bestimmt war. Sie hatte 8 große und furchtbar dicke, mit vielen Kanonen besetzte Thürme. Die neuere Befestigung dieses Gebäudes wurde 1533 angefangen, und 26 Jahre später beendigt, sie bestand in einer mit Bastionen flankirten Courtine, die mit sehr breiten und tiefen, senkrecht ausgestochenen Gräben versehen war; ein Theil derselben ist noch vorhanden. Die Bastille war von jeher ein schweres Staatsgefängniß, besonders für hohe Staatsverbrecher, aber leider diente die schreckliche Veste nur zu häufig die Absichten abscheulicher Privatrache und Intriguen u. s. w., zu befördern. — Wurde irgend ein Mächtiger von einem Geringen, ein Hofschranze von einem Bürger im mindesten beleidigt, oder stand er ihm auch nur im Wege, um eine oft schlechte und verbrecherische Absicht zu vollziehen, so wußte er sich schnell durch Einfluß, Geld oder Protektion einen lettre de cachet (Verhaftsbefehl) zu verschaffen, und der arme Bürger kam oft auf Lebenszeit dahin, wo ihn weder Sonne noch Mond beschien, und wo er zwischen feuchten Mauern und in stinkender Luft lebendigen Leibes verfaulen mußte.

Heinrich der IV ließ den königlichen Schatz in der Bastille aufbewahren, dem dieser Aufenthalt nur vortheilhaft seyn konnte, und der von der verdorbenen Luft und Feuchtigkeit nichts zu fürchten hatte. Sally bestätigt, daß 7 Millionen in Gold, im Jahr 1604, hier vorhanden waren, und im Jahr 1610 sich 15 Millionen, 860,000 Pfund, in der gewölbten Kammer, in Kisten und Fässern u. s. w., außer 10 Millionen, die man dem Schatzmeister der Sparkasse zur Verwaltung übergeben hatte, befanden. Unter diesem Minister wurden alle Staatsausgaben auf das pünktlichste bezahlt, man wußte niemals, was Rückstände waren, und die Abgaben waren sehr gering. Dies sind die glücklichen Resultate einer guten Verwaltung. Nach Heinrich IV Tode wurden die von ihm ersparten Schätze durch Höflinge, Maitressen u. s. w., seiner Nachfolger schändlich verschleudert. Frankreich sah, wie sich die Concini, Goudi, Mazarins und Spießgesellen mit seinem Golde mästeten. Furchtbare Schuldenmassen und schwere Abgaben, welche am Ende eine Revolution herbeiführen mußten, waren die natürlichen Folgen dieser Handlungsweise. —


Ueber dem ersten Thore der Bastille, nach der Straße St. Antoine zu, befand sich eine sehr merkwürdige Waffenkammer, mit sehr gut erhaltenen vollständigen Rüstungen aus allen Zeiten. Unter den Legionen von Gefangenen alles Alters und jedes Standes, die hier schmachteten, befand sich auch die berühmte eiserne Maske, von der man bis jetzt noch nicht mit Gewißheit sagen kann, wer sie eigentlich war. Zwei Behauptungen französischer Geschichtsschreiber haben die größte Wahrscheinlichkeit für sich, nemlich die eine, daß es ein mit Anna von Oesterreich unehelich erzeugtes und geheim auferzogenes Kind; die andere, daß es ein Zwillingsbruder Ludwig XIV. gewesen sey, welcher ihm Thron und Regierung hätte streitig machen können. Mazarin war im Besitz des großen Geheimnisses und that alles Mögliche, um dasselbe mit dem dichtesten Schleier zu umhüllen. Bei Todesstrafe durfte kein Aufwärter, ja der Gouverneur selbst nicht, mit dem unglücklichen Gefangenen sprechen. Er starb im Jahr 1703, und wurde unter dem Namen Marchiali beerdigt. Es ist auch keinem Zweifel unterworfen, daß in dieser Mörderhöle viele geheime Hinrichtungen oder vielmehr abscheuliche Mordthaten statt fanden, denn bei Zerstörung der Bastille fand man viele Scelette theils noch in Ketten, so wie mancherlei Mord- und Folterinstrumente von der gräßlichsten Gattung. — Auch hier wird behauptet, daß auf dem Platz, wo das Gebäude gestanden, sich öfters nächtliche Erscheinungen der seltensten Art zeigen, ja, daß Geister und Gespenster von allen Farben zu gewissen Zeiten hier luftige Tänze und Gefechte aufführen, bei denen man ein abscheuliches Geheule und Geprassel deutlich vernehme, ohne etwas zu sehen.