74. Die beiden Störe und die geizigen Mönche zu Grobe.

Auf dem Lande Usedom lag ehedem ein großes Kloster, Grobe, auch wohl Grabow genannt. Es war gestiftet von dem Pommerschen Fürsten Ratibor und dessen Gemahlin Pribislav, im Jahre 1150, und der erste Abt war Sibrandt, ein gar frommer und gelehrter Mann. Als nun zu einer Zeit große Theurung im Lande war, und es auch den Mönchen in Grobe anfing, an Lebensmitteln zu gebrechen, da kamen auf einmal wunderbarer Weise zwei große Störe aus dem Haff bis an das Kloster geschwommen und stellten sich den Mönchen dar, und warteten so lange, bis Einer von ihnen gefangen war. Darauf schwamm der Andere eilends zurück, als wenn er den Gefangenen hergebracht hätte. Der eingefangene Stör aber war so groß, daß die Mönche eine gute Zeit davon leben konnten. Auf das nächste Jahr kam der entkommene Fisch selbander wieder bis an das Kloster und wartete wieder, bis der, den er gebracht, von den Mönchen gefangen war. Das geschah also viele Jahre, und die Mönche bekamen alljährlich einen großen, fetten Stör, bis sie zuletzt zu geizig wurden und alle beide Störe einfingen. Da hat plötzlich dieses Wunder aufgehört und es ist kein Stör mehr nach Grobe gekommen.

Kantzow, Pomerania, I. S. 137.
Micrälius, Alt. Pommerl. I. S. 189. 190.
Val. ab Eickstedt, Epitome Annalium Pomeraniae, p. 19.
Cramer, Gr. Pomm. Kirchen-Chron. II. S. 11.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Volkssagen von Pommern und Rügen. 1 bis 99