Die Universität Prag und die Wiklefitische Bewegung

Die Universitäten, welche im 14. und 15. Jahrhundert gestiftet wurden, waren dagegen noch sämtlich geistliche Stiftungen, welche, im kirchlichen Interesse ins Leben gerufen, auch insgemein durch die kirchlichen Prinzipien und Richtungen, welche von ihnen vertreten wurden, ihre Bedeutung empfingen. Indessen förderte die Pflege, welche Karl IV. der von ihm gegründeten Universität Prag angedeihen ließ, die schnelle Blüte derselben, welche durch das Herbeiströmen vieler Deutschen und Nordländer, die hier eine wohlwollende Aufnahme fanden und vom Kaiser gern gesehen wurden, noch zunahm*). Es gelang selbst den Deutschen, einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die ganze Gestaltung und auf die innere Leitung der Universität zu gewinnen, wodurch aber sehr bald Abneigung zwischen den Böhmen und Deutschen entstand. Die Wiklefitische Bewegung, mit welcher überhaupt die Anfänge der Reformation in Böhmen anheben, hatte von Anfang an ihren eigentlichen Kampfplatz auf der Prager Universität. Um den Gegensatz der theologischen Richtungen noch zu verschärfen, verband sich mit demselben noch der nationale Gegensatz. Hus, welcher an der Spitze der Bewegung stand, kann eben so sehr als der Träger des böhmischen Nationalinteresses, wie als der Vertreter des Wiklefitismus angesehen werden**).

*) Monumenta historica universitatis Carolo-Ferdinandeae Pragensis. T. I. worin Lib. Decanorum facultatis philosophicae universatis ab a. Chr. 1367 usque ad. a. 1585. P. I. Pragae 1830. P. II- 1832. Dies für die Literar.-Geschichte so höchst wichtige Werk zeigt zur Genüge, wie bis zum Jahre 1409 kaum irgend ein literarischer Name in einem großen Teile des östlichen und nördlichen Europas vorkommt, der sich hier nicht verzeichnet fände.


**) Geschichte von Böhmen. Größtenteils nach Urkunden und Handschriften. Von Franz Palacky. III, 1 S. 221 ff. A. Neander, Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche. Bd. 6 S, 32 ff.