Kampf der böhmischen und der deutschen Partei

Die böhmische und die deutsche Partei versuchten wiederholt ihre Kräfte gegen einander auf dem theologischen Gebiete, als der erzbischöfliche Official die Verdammung von 45 Wiklefitischen Sätzen forderte. Nach dem Vorbilde der Pariser Universität war die Prager in vier Nationen geteilt, Böhmen, Baiern, Sachsen und Polen, zu welchen letzteren auch die Schlesier gezählt wurden. Doch war in Prag durch die Fakultäten, welche vom Anfang an zu dem Organismus der Prager Universität gehört hatten, der Einfluss der Nationen wesentlich und bei Weitem mehr beschränkt, als dies zu Paris der Fall war, wo sich erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts die Fakultäten im Gegensatze zu den Nationen gebildet hatten. Da aber in diese Kämpfe das nationale Element sich einmischte, musste die böhmische Nation gegen die drei anderen notwendig den kürzeren ziehen. Die auf diese Weise errungene Verdammung der Wiklefitischen Sätze erbitterte nur die böhmische Partei durch die Verletzung des Nationalgefühls, und ward Veranlassung, dass Hus und die böhmische Partei, welche vom Könige Wenceslaus unterstützt ward, es bei diesem durchzusetzen wusste, dass derselbe teils aus politischen Rücksichten, teils weil er gerade damals sich den reformatorischen Tendenzen zuneigte, das bis dahin bestandene Verhältnis der Stimmen aus königlicher Machtvollkommenheit dahin abänderte*), dass er der böhmischen Nation drei Stimmen, den übrigen aber eine Stimme verlieh.

*) Voigt, Versuch einer Geschichte der Universität zu Prag S. 74 ff.