V. Betrachtung der durch die Stürme hervorgerufenen Wellenbewegung des Meeres. Verlauf derselben im hohen Meer und an den Küsten. Messung des Stoßes der Wellen

Die für die Küsten gefährlichsten Meeresbewegungen werden endlich durch die vierte Ursache hervorgerufen, durch die Störungen im Gleichgewicht unseres Luftmeeres, die Winde und Stürme. Sie sind die gefährlichsten, einmal, weil die durch die Winde erregten Meereswellen eine die der Gezeiten bedeutend überbietende Größe erreichen können, und zum zweiten, weil bis jetzt das Gesetz noch nicht erkannt ist, um mit einiger Sicherheit das Eintreten solcher Störungen auch nur auf ganz kurze Zeit vorher zu bestimmen, oder die Größe der Störung zu ermessen; man ist daher nicht im Stande, im Voraus gegen sie Schutzmaßregeln zu treffen; endlich ist die durch die Gezeiten erzeugte Anschwellung des Meeres eine allmähliche, langsame, während die durch die Stürme erregte Wellenbewegung meist eine plötzliche, stoßweise wirkende, nichts desto weniger aber zuweilen lange anhaltende ist. Gegen ihre vernichtende Kraft haben sich daher oft die stärksten Schutzmittel als erfolglos erwiesen. Durch heftige Stürme oder Orkane sind jene mit Recht als „Sturmfluten“ bezeichneten verheerenden Überströmungen unserer Küsten hervorgerufen, in vielen Fällen allerdings durch die Flut der Gezeiten unterstützt und vergrößert.

Die größten Sturmwellen bilden sich im offenen Meere und bei lang anhaltendem Winde. Weht der Wind nur über eine kleine Fläche, oder ist seine Dauer nur kurz, so vermag er trotz aller Stärke nur kleine Wellen zu erzeugen. Es bedarf eben längerer Zeit, um die Wassermassen in Bewegung zu setzen. Herrscht der Sturm dagegen anhaltend und trifft er große, ausgedehnte Wassermassen, so wühlt er dieselben tief auf Welle vereinigt sich mit Welle, und auf der unermesslichen Fläche des Weltmeeres entstehen gewaltige, langgezogene Wellen, von solcher Kraft, dass sie den größten Dreimaster auf- und abtanzen lassen, wie ein winziges Boot. Die Höhe solcher im offenen Weltmeer entstehenden Wellen ist oft übertrieben oder überschätzt worden. Nach neueren, zuverlässigeren Messungen beträgt das mittlere Maximum etwa 13–14 Fuß. *)


*) Sir J. C. Ross will Wellen von sogar 36 Fuß Höhe beobachtet und gemessen haben. Vgl. Seebach, S. 17.

– Die Geschwindigkeit, mit welcher sich die Wellen im offenen Ozean fortpflanzen, steht im Verhältnis zu ihrer Größe und zu der Tiefe der Wassermassen, welche sie durcheilen. Man hat Geschwindigkeiten bis zu 5, ja sogar 15 Meilen in einer Stunde beobachtet. *) Außer der Höhe der Wellen, ihrer Geschwindigkeit kommt als Drittes noch in Betracht die Tiefe, bis zu welcher ihre Wirkung sich erstreckt. Dieser letzte Punkt ist von den Schriftstellern, welche über die Sturmfluten der Nordsee geschrieben haben, meistens nicht gebührend berücksichtigt worden. Nach den Experimenten der Gebr. Weber ist die Tiefe, bis zu welcher sich die Wellenbewegung nach unten fortpflanzt, etwa 350 mal größer, als ihre Höhe. Danach würde eine Welle von 13 Fuß Höhe noch in einer Tiefe von 13.350=4.550 Fuß zu spüren sein. Wenn man auch außer Stande ist, die Wirkungen der Wellen im Meere bis zu dieser Tiefe zu verfolgen, so haben doch direkte Beobachtungen ergeben, dass sich die Wirkungen der Wogen bis 300, 400, ja 580“ in die Tiefe erstrecken. Dies ist besonders für unsere Nordsee wichtig, falls große Wellen aus dem offenen Weltmeer in sie eindringen. Wenn für sie dasselbe Gesetz gilt, so würden, da ihre durchschnittliche Tiefe, wie schon bemerkt, nur 150 Fuß beträgt, schon verhältnismäßig geringe Sturmwellen im Stande sein, ihr Bett aufzuwühlen. (Vergl. hierzu die beigegebene Karte II.)

Die im weiten, tiefen Meere durch die Winde ausgebildete Wellenbewegung erleidet, wenn sie auf die Küste trifft, sehr verschiedene Veränderungen, je nachdem die Wellen entweder plötzlich durch eine senkrechte, steile Wand in ihrer Bewegung gehindert werden, oder wenn sie auf einen rasch terrassenförmig sich erhebenden Boden treffen, oder endlich wenn sie auf den ganz allmählich und sanft ansteigenden Strand auflaufen. **)

*) Lange ehe der Sturm einen Küstenpunkt erreicht, verkündet ihn dort das Wasser durch Brandungen. Hierüber findet man einen interessanten Artikel in der Sonntags-Beilage Nr. 36 der Norddeutschen. Allg. Ztg., vom 5. September 1875.
**) Ausführlich findet man die Wellenbewegung des Meeres behandelt von G. Hagen, „Handbuch der Wasserbaukunst. III. Teil das Meer, I. Band“. Diesem ausgezeichneten Werke ist in unserer Darstellung vieles entnommen.


– Es ist bekannt und durch Experimente bestätigt, dass selbst bei so schnell fortschreitenden Wellenbewegungen, wie bei den oben angegebenen (über 5 Meilen in einer Stunde), sich im tiefen Meere die einzelnen Wasserteilchen nur äußerst unbedeutend aus ihrer Stellung zu einander entfernen, jeder einzelne Teil bleibt nahezu an seinem Orte, um seine Gleichgewichtslage eine kleine kreisähnliche Bahn beschreibend. Selbst bei großen, rasch heranrollenden Wellen ist die Bewegung der einzelnen Wasserteilchen nur eine vertikale, auf- und absteigende, die horizontale Bewegung dagegen sehr gering. Wird das Wasserteilchen auf dem höchsten Punkte seiner Bahn von dem Winde getroffen, so überstürzt es sich und wird auf die vorangehenden Wellenberge geworfen. Hierdurch entstehen auf offener See die gefährlichen Sturzseen, doch ist selbst diese Erscheinung durchaus eine nur lokale Störung und nicht etwa mit einer größeren horizontalen Bewegung der Wassermassen verbunden.

Wie verhalten sich nun die Wellen, wenn sie plötzlich auf senkrechte oder wenigstens sehr steile Ufer treffen? Theoretische Untersuchungen, vollständig in Einklang mit Experimenten, welche man im Kleinen ausgeführt, belehren uns, dass in diesem Falle die kreisförmige Schwingung der zunächst auf die senkrechte Wand treffenden Wasserteilchen ganz aufhören muss, dass sich aber der ihnen gegebene Impuls nur durch eine Hebung und Senkung der Oberfläche des Wassers äußert. Der Fuß der Wasserwellen bleibt unverändert an seiner Stelle, der Boden unter demselben ist keinem merklichen Angriff ausgesetzt. Hierbei ist vorausgesetzt, dass das Wasser vor der steilen Wand hinreichende Tiefe besitzt. Die Wellen heben und senken sich dann nur auffallend stärker, als in einiger Entfernung von der Wand. Sie besitzen aber keine erhebliche horizontale Bewegung. Diese Theorie wird durch merkwürdige Erfahrungen, welche man an steilen Meeresufern gemacht hat, vollständig bestätigt. *) Hierdurch erklärt es sich, warum hohe Wellen auf dem tiefen Meere selbst vor einer steilen Wand den Schiffen nur geringe Gefahr bringen.

*) Folgende beiden interessanten Beobachtungen finden sich mitgeteilt Hagen III. I. S. 96:
„In den Vernehmungen, welche auf Veranlassung des Parlaments in Betreff des Hafens von Dover Statt fanden, machte der Kapitän James Vetch die Mittheilung, dass er beim Ausgehen aus dem Hafen von Scarnish auf der Insel Tiree in einem leichten Fahrzeug (25 Last) durch einen heftigen Wind gegen eine steile Wand getrieben sei, welche etwa 60" gegen den Horizont geneigt war, und dass sich sein Fahrzeug nur wiederholentlich hob und senkte, ohne den Felsen zu berühren, obwohl es keinen Yard (circa 3 Fuß) davon entfernt war.


Bei derselben Gelegenheit bemerkte der Prof. Airy, er sei einst zur Zeit des Hochwassers und zwar bei starkem Seegange aus dem Hafen Swansea gerudert, während neben den steilen Köpfen der Hafendämme die Wassertiefe etwa 20 Fuß betrug. Wir fuhren, sagte er, an dem einen Kopfe so nahe vorbei, dass wir ihn mit den Rudern berühren konnten; es fand hier keine Brandung. Statt, und wir brauchten das Aufstoßen des Bootes nicht zu befürchten, obwohl dasselbe viele Fuß sich abwechselnd hob und senkte. Kaum waren wir indessen etwa 200 Yards weiter gekommen, als wir uns vor einer flachen Bank befanden. Hier brandete die See so stark, dass sie 2 Mann über Bord schlug und das Boot mit Wasser anfüllte. – Ähnliches ist vielfach beobachtet worden.

Gefährlich werden dagegen die Wellen dem Ufer, wenn der Boden vor demselben keine hinreichende Tiefe besitzt, sondern entweder terrassenförmig oder ganz allmählich sich erhebt. Denken wir uns eine Welle, deren einzelne Teilchen in der oben angegebenen kreisförmigen Bewegung sich befinden, auf ein niedriges Terrain kommend, so werden die unteren Teilchen offenbar zuerst in ihrer Bewegung gehemmt, die oberen Teile überstürzen sich in Folge dessen, und zwar um so stärker, je größer die auflaufende Welle ist. Indem sich die nachfolgenden Wellen auf die vorhergehenden stürzen, türmt sich Welle auf Welle. Unter günstigen Umständen bilden sich auf diese Weise Wellen von ungeheurer Höhe, bis zu 30, 50, 70 Fuß. An der Küste von Kornwall sollen 1843 Wellen die Höhe von 300, bei Wasberg in Norwegen sogar 400 Fuß erreicht haben. Solche hohe, verderbliche Wellen, wie die eben angegebenen, entstehen indessen nur dann, wenn die im tiefen Meere durch die Stürme vollständig entwickelte Bewegung der ungeheuren Wassermassen plötzlich an der Küste auf rasch terrassenförmig ansteigenden Grund trifft. Hier ist die Gewalt der sich auftürmenden Wogen eine fast unwiderstehliche, geeignet, selbst die festesten Felsenufer allmählich zu zertrümmern. Die ganze Wassermasse erhält hierdurch eine entschieden horizontale Bewegung, welche jedes ihr im Wege liegende Hindernis gewaltsam wegzuräumen sucht.

Steigt der Meeresboden vor dem Ufer dagegen ganz allmählich an, so erfolgt der erste Anstoß der Welle schon weit von der Küste; indem die Wellen längere Zeit auf den seichten Grund auflaufen, vermindert sich in Folge der Reibung die horizontale Bewegung der Wassermassen wieder. Hieraus erklärt sich, welch' großen Schutz die längs der ganzen südlichen Küste unserer Nordsee sich hinziehenden, meist auf seichten Sandbänken sich erhebenden Inseln dem dahinter liegenden Festlande gewähren. Selbst dem ersten vollen Andrang der gewaltigen Sturmfluten ausgesetzt, brechen sie deren Kraft, – nicht genug Sorge kann daher getragen werden, dieses schützende Band der Inseln wiederum unsererseits zu schützen vor den verheerenden Angriffen des Ozeans, der ihnen leider, wie wir nachher sehen werden, bereits so große Stücke entrissen, ja einzelne Glieder ganz vernichtet hat.

Wären diese schützenden Inseln und Sandbänke nicht vorhanden, so würde ein Teil unserer jetzigen Deiche uns schwerlich vor dem Eindringen der schwersten Sturmfluten schützen. Dann müssten wir für unsere Küsten eben solche gewaltige Deiche bauen, wie man sie z. B. am Helder (Nieuwendiep) bis zum westlichen Strande von Nordholland aufgeführt hat. Dieselben sind von gewaltiger Höhe und Breite, durch starke Steinschüttungen bis zum Grunde befestigt und über Wasser bis zur Krone mit schweren Steinen gepflastert. Noch etwas weiter südwärts bei Petten in Nordholland reicht das Ufer ganz frei ins Meer. Dort würden selbst solche starke Deiche die reichen fruchtbaren Polder (Zype) vor dem Andrang des Meeres nicht zu schützen vermögen. Um das von den Wogen beständig zerbröckelte Ufer zu erhalten, hat man nicht bloß schwere Deiche, sondern zu deren Unterstützung sogar gewaltige Sandhügel, künstliche Dünen, aufwerfen müssen. Ähnliche großartige Schutzmittel wendet man an der Mündung der Westerschelde an. Welche vernichtende Kraft das Wasser an solchen Stellen besitzt, werden wir sehen, wenn wir über den „Stoß der Wellen“ handeln.

Betrachten wir zunächst die angreifende und zerstörende Wirkung, welche die auf seichten Grund auflaufenden Wellen ausüben. Das sich überstürzende, brandende Wasser läuft am Ufer hinauf, um so höher, je rascher die Wellen einander folgen und je höher sie sind. Der Rücklauf des Wassers ist viel langsamer, als die Geschwindigkeit der immer von neuem heranstürzenden Wellen. Hierdurch entsteht eine Anhäufung des Wassers vor dem Ufer. Eine solche tritt immer ein bei heftigen Winden, welche gegen das Ufer gerichtet sind. Bei gewöhnlichen Stürmen beträgt diese Anhäufung nicht selten 3–4 Fuß. Man muss daher wohl annehmen, dass der Druck des Windes gegen die Wellen schon in weiter Entfernung vom Ufer den regelmäßigen Rücklauf der einzelnen Wasserteilchen hindert. Jede neue Welle würde hiernach vor dem Ufer den Wasserstand immer noch mehr erhöhen, wenn sich nicht durch die Anhäufung des Wassers zugleich ein bedeutender Gegendruck bildete, es folgt daher eine Rückströmung nach der See zu gerichtet. Auf dem flachen Strande kann man dies deutlich sehen; man bemerkt, wie diese Rückströmung groben Sand, selbst kleine Steinchen mit sich fortreißt. Die nachfolgenden Wellen suchen zwar diese Rückströmung zu unterbrechen, doch setzt sich dieselbe unter Wasser fort, und da hier die Wellenbewegung geringer ist, als an der Oberfläche, so wird die seewärts gerichtete Rückströmung, welche nahe über dem Grunde sich bildet, von den Wellen, denen sie begegnet, weniger unterbrochen. Sie führt alle Gegenstände, welche weniger schwer sind, als das Wasser, also nicht fest auf dem Grunde liegen, der See zu. Diese Erscheinung wird von den Strandbewohnern das „Saugen“ der See genannt. Sie ist einer der regelmäßigen, weil bei jedem, selbst mäßigen Winde sich vollziehenden Angriffe der See gegen den Strand und darf nicht unterschätzt werden. Ich brauche wohl nicht zu bemerken, dass diese Rückströmung um so grösser ist, je höher die sie erzeugenden Wellen sind. Sie übt auch auf die anrollenden Wellen eine auffallende Wirkung aus, indem sie die unteren Teile derselben festhält, wodurch das Überstürzen und Branden der Wellenkämme befördert wird.

Durch diese Gegenströmung werden ganze Teile des Ufers zerstückelt und der tiefen See zugeführt. Die abgelösten Teile bilden, wenn das Ufer sandig ist, dann meistens auf Kosten desselben einen terrassenförmigen, sanft ansteigenden Strand, oder Sandbänke, welche bei größeren Fluten noch weiter ins Meer geführt werden. – Noch größer ist die zerstörende Wirkung der Wellen, wenn der Strand aus Ton, Moorboden, vegetabilischer Erde besteht. Durch den Stoß der Wellen werden dann die einzelnen mitgerissenen Teilchen so fein zerteilt, dass die Masse bei der starken Bewegung gar nicht zu Boden sinkt. Nichts desto weniger sind diese Teilchen spezifisch schwerer, als das Wasser; wenn sie auch die ganze Wassermasse trüben, so schwimmen sie doch hauptsächlich in der Nähe des Grundes und werden durch den rücklaufenden Strom viel tieferen Stellen zugeführt, wo sie in Folge der ersterbenden Wellenbewegung hinabsinken, in vielen Fällen, um nie wieder dem Ufer zurückgegeben zu werden.

Tonige, kalkige, moorige, erdige Ufer haben daher viel mehr von den Angriffen der Wellen zu leiden, als sandige.

Es bleibt nun noch übrig, die Größe des Stoß es der Wellen zu erörtern. Auf dem offenen Weltmeer, wo der vertikalen schwingenden Bewegung der einzelnen Wasserteilchen kein Hindernis entgegentritt, ist ihre zerstörende Wirkung keine große. Ganz anders aber, wenn die aus der tiefen See kommenden Wellen auf rasch ansteigendem Grunde eine starke horizontale Bewegung angenommen haben. Dann ist ihr Stoß so gewaltig, dass sie Granitblöcke von 50, 100, ja 500 Kubikfuß Inhalt von der Außendossierung der Hafendämme losgerissen und auf dieselben hinaufgewälzt haben. So wurden 1836 von den Wellenbrechern des Hafens von Cherbourg 200 Steine der Dossierung, mehrere über 60 Zentner schwer, über eine Mauer. fortgetrieben, große Betonblöcke 130 Fuß weit fortgeschoben. – Um den Stoß der Wellen zu messen, hat der Ingenieur Th. Stevenson ein eigenes Instrument konstruiert, welches er Marine Dynamometer nennt. *) Mit demselben hat er auf der Insel Tiree, welche westlich von der Schottischen Küste frei im Ozean liegt, 23 Monate lang Messungen angestellt. Diese ergeben für die stärksten Sturmfluten im Sommer einen Druck von durchschnittlich 588 Pfd., im Winter 2.007 Pfd. auf 1 Quadrat-Fuß Rhl. Der stärkste beobachtete Druck betrug 5852 Pfd. Ähnliche Beobachtungen stellte er an auf der einsamen, mit einem berühmten Leuchtturm versehenen Klippe Bellrock östlich von Schottland in der Nordsee. . Das dort beobachtete Druckmaximum betrug 2.959 Pfd. pro 1 Quadrat-Fuß Rhl. Diese Resultate haben, abgesehen von der Zuverlässigkeit des Instruments, natürlich zunächst nur eine lokale Bedeutung. Sie mögen uns eben nur eine Vorstellung davon geben, wie groß die Stoßkraft der Wellen an einzelnen Stellen im Meere ist, wenn ihre freie Entfaltung plötzlich durch das feste Land gehindert wird. Wellen, welche einem von Stevenson gemessenen Druck von 1.000–2.000 Pfd. pro 1 Quadrat-Fuß entsprechen, würden schon eine Höhe von mindestens 20–30 Fuß besitzen. Solche Wellen vermag der Sturm im Ozean aufzutürmen. Gegen sie tritt die kleinere regelmäßige, sich langsam vollziehende Anschwellung des Meeres in den Gezeiten – bedeutend zurück. Es wird uns daher nicht befremden, dass Überschwemmungen durch Sturmfluten, nicht bloß zur Zeit der Hochflut, sondern in vielen Fällen auch zur Zeit der tiefsten Ebbe Statt gefunden haben.

*) Vgl. Hagen III. I. s. 100.

Wenn nun auch die gewaltigen, durch die Stürme erzeugten und aufgetürmten Meereswellen, unsere südliche Nordsee, namentlich die ostfriesische Küste erst treffen, nachdem ihre volle Kraft durch die Reibung an den vor derselben liegenden Inseln und Watts bereits verringert ist, – so erreichen sie doch auch bei uns noch eine gewaltige Höhe, bei den schwereren Sturmfluten von 10, 12–14 Fuß über dem Stand der höchsten Fluten der Gezeiten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sturmfluten in der Nordsee *)