Die Sturmfluten in der Nordsee *)
Mit zwei Karten.
Autor: Eilker, Georg Dr. (Gymnasiallehrer zu Emden), Erscheinungsjahr: 1877
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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Erdoberfläche, Nordsee, Küste, Ebbe, Flut, Gezeiten, Sturmflut, Meer, Wind, Wellen, Sturm, Nordseeküste, Meteorologie, Wasserstand, Deiche, Inseln, Deichbau, Deichpflege, Überschwemmungen, vulkanische Kräfte, Wassertiefe, Küstenlinie, Windrichtung, Küstengebiet, Küstenbewohner, Küstenschutz, Küstenbefestigung, Deichformen, Deichbau, Küstenbepflanzung, Wirbelsturm, Wirbelwind, Klima, Unwetter, Katastrophen, Hochwasser, Festland, Meeresströmung, Meeresboden, Meerestiefe, Weltmeere, Ozean, Nordseeküste, Ostsee, Wetterfahne, Erderwärmung, Erdbeben, Vulkane, Jahreszeiten, Sommermonate, Wintermonate, Orkane,
*) Die Abhandlung ist in bedeutend kürzerer Form bereits als wissenschaftliche Beilage im Osterprogramm des Königl. Gymnasiums zu Emden vom Jahre 1876 abgedruckt.
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Inhaltsverzeichnis
- I. Die beiden Hauptursachen der Veränderungen der Erdoberfläche
- II. Die fünf schwersten Sturmfluten der Nordseeküste. Beschreibung einer derselben, der Weihnachtsflut des Jahres 1717
- III. Die Nordsee, ihre Küste und ihre verhältnismäßig nur geringe Tiefe *)
- IV. Die Hauptursachen der Bewegung der Wassermassen auf unserer Erde
- V. Betrachtung der durch die Stürme hervorgerufenen Wellenbewegung des Meeres. Verlauf derselben im hohen Meer und an den Küsten. Messung des Stoßes der Wellen
- VI. Kurze Übersicht der wichtigsten und schwersten Sturmfluten, welche die Nordseeküste heimgesucht haben
- VII. Übersicht sämtlicher nach den benutzten Quellen im Nordseegebiet aufgetretenen Sturmfluten und zwar nach dem einzelnen Jahrhunderten, nach den einzelnen Monaten und nach den einzelnen Windrichtungen verteilt
- VIII. Übereinstimmung der im vorigen Abschnitt zusammengestellten historischen Überlieferungen mit den heutigen Theorien der Meteorologie.
- IX. Einwirkung der Gezeiten auf die Sturmfluten
- X. Höhe des Wasserstandes bei den Sturmfluten
- XI. Über die gewaltigen, durch die Sturmfluten in unserm südlichen und östlichen Küstengebiete bewirkten geographischen Veränderungen
- XII. Über die Mittel, welche man zur Abwehr gegen die Angriffe der See angewandt hat. Allmähliche Entwicklung des Deichbaues. Wichtigkeit der Inseln für die Erhaltung
der Küste
I. Die beiden Hauptursachen der Veränderungen der Erdoberfläche.
Die großartigsten Veränderungen der Oberfläche der Erde sind durch zwei Ursachen hervorgerufen worden, welche im Allgemeinen in ganz entgegengesetztem Sinne wirken und nur in wenigen Fällen einander unterstützen.
Die erste Ursache bilden die geheimnisvollen, im dunkeln Erdinnern tätigen, vulkanischen Kräfte. Durch die Reaktion des heißen, wahrscheinlich flüssigen Erdinnern gegen die abgekühlte Kruste oder Oberfläche sind die Unebenheiten der letzteren entstanden. Dass diese Kräfte noch heutzutage beständig tätig sind, zeigen uns die Vulkane, die Erdbeben und die langsam sich vollziehenden Hebungen und Senkungen einzelner Festländer und des Meeresbodens. Wie gewaltig das Wirken dieser Kräfte aber in weit hinter uns liegenden Perioden der Erde gewesen sein müsse, dafür liefern den deutlichsten Beweis die stolzen Gebirgszüge des Festlandes und die tiefen Abgründe des Meeres.
Die zweite Ursache der Umänderung der Erdoberfläche ist das Wasser. Den vulkanischen Kräften feindlich entgegenwirkend sucht es die durch sie hervorgerufenen Unebenheiten wieder zu zerstören und auszugleichen. Seine Arbeit könnte im Ganzen und Großen betrachtet als eine „nivellierende“ bezeichnet werden. Nicht zufrieden damit, dass es bereits fast drei Viertel der Erdoberfläche in Besitz genommen hat, – sucht es noch täglich Teile von den Küsten loszureißen und in sich aufzunehmen; zum Teil setzt es sie an andere Stellen wieder an, zum Teil führt es sie seinen noch wenig erforschten Tiefen zu. Alle Bäche und Flüsse unterstützen hierin, wenn auch nur in einem ganz geringen Maßstabe, das Meer, indem sie letzterem beständig Teilchen des festen Landes zuführen. Diese von dem Wasser auf das feste Land ausgeübten Angriffe sind um so heftiger und erfolgreicher, je grösser seine Bewegung ist. Am meisten sind daher die Küsten in Gefahr, wenn die gewaltigen, von Stürmen oder gar Orkanen getriebenen Wogen gegen sie anprallen. Unter solchen Umständen werden jene verheerenden Überschwemmungen weiter Küstengebiete hervorgerufen, welche man mit dem Namen „Sturmfluten“ bezeichnet. Von ihnen soll, in soweit sie unsere Nordsee, namentlich die südliche und östliche Küste derselben heimgesucht haben, im Folgenden ein Bild entworfen werden. Wir werden sehen, welche bedeutenden Veränderungen durch sie bewirkt worden sind, sodass sie den vulkanischen Kräften ebenbürtig an die Seite gestellt werden können.
Die großartigsten Veränderungen der Oberfläche der Erde sind durch zwei Ursachen hervorgerufen worden, welche im Allgemeinen in ganz entgegengesetztem Sinne wirken und nur in wenigen Fällen einander unterstützen.
Die erste Ursache bilden die geheimnisvollen, im dunkeln Erdinnern tätigen, vulkanischen Kräfte. Durch die Reaktion des heißen, wahrscheinlich flüssigen Erdinnern gegen die abgekühlte Kruste oder Oberfläche sind die Unebenheiten der letzteren entstanden. Dass diese Kräfte noch heutzutage beständig tätig sind, zeigen uns die Vulkane, die Erdbeben und die langsam sich vollziehenden Hebungen und Senkungen einzelner Festländer und des Meeresbodens. Wie gewaltig das Wirken dieser Kräfte aber in weit hinter uns liegenden Perioden der Erde gewesen sein müsse, dafür liefern den deutlichsten Beweis die stolzen Gebirgszüge des Festlandes und die tiefen Abgründe des Meeres.
Die zweite Ursache der Umänderung der Erdoberfläche ist das Wasser. Den vulkanischen Kräften feindlich entgegenwirkend sucht es die durch sie hervorgerufenen Unebenheiten wieder zu zerstören und auszugleichen. Seine Arbeit könnte im Ganzen und Großen betrachtet als eine „nivellierende“ bezeichnet werden. Nicht zufrieden damit, dass es bereits fast drei Viertel der Erdoberfläche in Besitz genommen hat, – sucht es noch täglich Teile von den Küsten loszureißen und in sich aufzunehmen; zum Teil setzt es sie an andere Stellen wieder an, zum Teil führt es sie seinen noch wenig erforschten Tiefen zu. Alle Bäche und Flüsse unterstützen hierin, wenn auch nur in einem ganz geringen Maßstabe, das Meer, indem sie letzterem beständig Teilchen des festen Landes zuführen. Diese von dem Wasser auf das feste Land ausgeübten Angriffe sind um so heftiger und erfolgreicher, je grösser seine Bewegung ist. Am meisten sind daher die Küsten in Gefahr, wenn die gewaltigen, von Stürmen oder gar Orkanen getriebenen Wogen gegen sie anprallen. Unter solchen Umständen werden jene verheerenden Überschwemmungen weiter Küstengebiete hervorgerufen, welche man mit dem Namen „Sturmfluten“ bezeichnet. Von ihnen soll, in soweit sie unsere Nordsee, namentlich die südliche und östliche Küste derselben heimgesucht haben, im Folgenden ein Bild entworfen werden. Wir werden sehen, welche bedeutenden Veränderungen durch sie bewirkt worden sind, sodass sie den vulkanischen Kräften ebenbürtig an die Seite gestellt werden können.
Nordseeküste, 001 Helgoland, Unterland und die Düne
Nordseeküste, 002 Strand von Wyk auf Föhr
Nordseeküste, 003 Rotes Kliff bei Wenningstedt
Nordseeküste, 004 Rettungstation Borkum Süd
Nordseeküste, 005 Boot zu Wasser
Nordseeküste, 006 Versandetes Wrack
Nordseeküste, 008 Postfahrt durch das Wattenmeer im Winter (Von Dagebüll nach Föhr)
Nordseeküste, 009 Eine Hallig bei Sturmflut_
Nordseeküste, 010 Eine Halligwerft nahe vor dem Einsturz (Langenetz)
Nordseeküste, 012 Hafen von Tönning_
Nordseeküste, 013 Kirkeby auf Röm_