Die Paläste des Rioni di Ponte. Die Wohnhäuser des Quattrocento und ihre Inschriften. Die Fassadenmalereien und der sonstige Schmuck der Außenseite der Paläste. Das Haus des Goldschmiedes Crivelli

Für die dichtgedrängt wohnenden großen Herren des Rione di Ponte schufen hervorragende Künstler der Renaissance in dem von einem lebhaften Verkehr durchwogten Straßengewirr dieses Quattrocentoviertels vielfach auf engem und unregelmäßigem Grundplan Paläste, die durch Großartigkeit und edle Pracht ausgezeichnet waren und, wie fast alle Wohnungen der Vornehmen, zahlreiche Antiken bargen. Nur zu viele dieser Bauten sind, wie der ausgedehnte Palazzo Altoviti und das elegante Haus der Bini, völlig zerstört worden. Andere, wie der unter Paul III. zuerst von Kardinal Antonio Pucci, dann von Guido Ascanio Sforza bewohnte einstige Kardinalspalast Alexanders VI., die sogenannte alte Cancelleria (jetzt Sforza-Cesarini), wurden durch Umbau entstellt. Indessen bewundert man noch heute in ihrer ursprünglichen Schönheit den malerischen Palazzo AlberiniCicciaporci, einen eigentümlichen Bau des Giulio Romano (Bild 27), und das Meisterwerk Jacopo Sansovinos, den Palazzo Niccolini-Amici, ursprünglich für den Bankier Giovanni Gaddi errichtet, der ihn zu einem Mittelpunkt für die Künstler und Literaten seiner Zeit machte. In der Via Giulia, wo auch Benvenuto Cellini und seit 1542 Costanza Farnese wohnten, erhebt sich, im Äußeren ganz unversehrt, das ernste palastartige Haus (jetzt Palazzo Sacchetti) des kunstsinnigen Kardinals Ricci. Neben diesen Palästen sind von nicht geringem kunstgeschichtlichen Interesse die kleineren Wohnhäuser, denen man erst in neuester Zeit eingehendere Beachtung geschenkt hat. An ihnen kann man die ganze Entwicklung des römischen Häuserbaues vom Mittelalter bis zur modernen Zeit studieren.

Charakteristisch für das Haus des 13. Jahrhunderts waren die Säulenportiken im Erdgeschoss, die später vermauert wurden. Beispiele dieser Bauweise liefern das Haus in Via de' Banchi Nuovi gegenüber der Engelsburg und ein Haus in Via de' Coronari an der Ecke der Via del Arco della Paco. In Via de' Coronari Nr 157 erblickt man auch ein Haus aus dem Anfang des Quattrocento, das außerordentlich charakteristisch ist (vgl. Bild 20 S. 26). Es zeigt denselben Typus, der einst dem Albergo dell’ Orso eigen war. In der gleichen Straße bemerkt man noch zahlreiche andere Quattrocentohäuser aus der Zeit des ersten Roverepapstes (vgl. Bild 21 S. 27).


Alle diese Wohnhäuser des Quattrocento und des beginnenden Cinquecento iBild 28), die meist nur zwei Fenster in jedem Stockwerk und oben eine Loggia hatten, sind noch jetzt vielfach kenntlich durch die überaus fein und elegant ausgeführten Fenster und Portale (Bild 29 — 31 u. 41). Nicht bloß das Wappen des Besitzers war hier angebracht, meist auch sein Name oder ein Spruch. So erbHckt man an dem von Pietro Roselh erbauten Hause des Architekten Prospero Mochi (Bild 32) in der Via de' Coronari über den Fenstern des ersten Stockwerkes den Namen des Besitzers, über dem Portal die Worte: Tua puta que tute facis (Nur deine Taten sind dein Eigentum). An dem Palaste des Kardinals Domenico della Rovere (jetzt Palazzo dei Penitenzieri ; Bild 33) hat sich über den Fenstern des ersten Stockwerkes der Name dieses Kirchenfürsten erhalten, an denen des zweiten seine „Impresa“ , die auch in seiner Kapelle in S. Maria del Popolo 40 erscheint: Soli Deo. Auch Fremde ahmten diese Sitte, die Wohnhäuser zu bezeichnen, nach. Ein Beispiel dafür bietet das Haus der spanischen Familie Vaca in der Via della Vignaccia (jetzt del Parlamente Nr 60): über dem Portal ist der Name der Familie eingemeißelt, darunter der Vers: Ossa et opes tandem partas tibi Roma relinquam (Meine Gebeine und meinen Besitz will ich dir, o Rom, hinterlassen).

Seit Leo X. wurde die Außenseite vornehmer Iliuiscr durch Sgraffiti und einfarbige Fresken kunstvoll geschmückt, Verzierungen, die bis nach Polen großen Ruf genossen und vielfach kopiert wurden. Raftaels Schüler Giovanni da Udine, Perino del Vaga, Polidoro da Caravaggio, Maturino und andere schufen herrliche Arbeiten dieser Art, die leider fast alle zu Grunde gegangen oder bis zur Unkenntlichkeit zerstört sind. So ist der Fries mit der Geschichte der Niobe, den Caravaggio und Maturino an einem Palast der Via della Maschera d'oro malten, kaum mehr erkennbar. Besser erhalten sind ähnliche Arbeiten an einem Hause im Vicolo del Campanile bei S. Maria Traspontina, fast verblasst die im Vicolo Calabraga (jetzt Cellini), übermalt und verändert die an dem vornehmen und prächtigen Wohnhause des Prokurators der Anima Johann Sander (Via deir Anima Nr 65). Die Fresken am Palast Ricci (Bild 34 — 35) geben heute am besten einen Begriff von diesem schönen Schmuck der Straßen*)

*) Das Haus in der Via della Maschera d'oro hat jetzt Nr 7, das im Vicolo del Campanile Nr 5, das im Vicolo Cellini Nr 31.

Giovanni da Udine hatte zur Zeit des ersten Mediceerpapstes den Palast des Giovan Battista Branconio dell' Aquila auch mit Stuck dekoriert. Anderweitig verwandte man Terrakotta zur Verzierung. Seit dem Pontifikat Pauls III. wurde es immer mehr Sitte, die Häuser mit Stuck, Bildnissen, Reliefs und Statuen zu schmücken. Ein hervorragendes Beispiel hierfür liefert neben dem Palazzo Capodiferro (jetzt Spada; vgl. Bild 55 S. 65) das noch trefflich erhaltene, im Rione di Ponte unweit der alten Bruderschaftskirche S. Lucia del Gonfalone liegende Haus des berühmten Goldschmiedes Gianpietro Crivelli (Bild 36) *) Man erblickt dort Nachbildungen von antiken Rüstungen, Trophäen, Wappen, Löwenköpfe, Genien, Fruchtschnüre und andere Verzierungen; von besonderem Interesse sind zwei kleine Flachreliefs, welche Ereignisse der Regierung Pauls III.: den Empfang

*) Via de' Banchi Vecchi Nr 22 — 24. Lin anderes Haus mit Stuckdekoration und dem Wappen Pauls III. in der Via Giulia Nr 93.

Kaiser Karls V. in Rom und die Friedensstiftung in Nizza, verherrlichen. Crivelli zeichnete sich durch große Wohltätigkeit aus. Als der Franziskaner Giovanni da Calvi zur Bekämpfung einer der ärgsten Plagen der Renaissancezeit, des nicht allein von den Juden ausgeübten Wuchers, einen Monte di Pietà gründete, gewährte er der anfangs kleinen, bald immer mehr wachsenden, auch von Julius III. geförderten Stiftung Unterkommen in seinem Hause.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Stadt Rom zu Ende der Renaissance
034 Bild 27 Palazzo Alberini-Cicciaporci (Via Banco di S. Spirito 9 — 15). Photographie Moscioni Nr 6768

034 Bild 27 Palazzo Alberini-Cicciaporci (Via Banco di S. Spirito 9 — 15). Photographie Moscioni Nr 6768

027 Bild 21 Renaissancehaus Via de Coronari 28. Rekonstruktion von G. Giovannoni a. a. O. 63, Fig. 3.

027 Bild 21 Renaissancehaus Via de Coronari 28. Rekonstruktion von G. Giovannoni a. a. O. 63, Fig. 3.

036 * Bild 29 Portal des Palazzo Pichi (Piazza Pollarola 43)

036 * Bild 29 Portal des Palazzo Pichi (Piazza Pollarola 43)

037 * Bild 30 Portal an der Piazzetta del Drago (Via de Coronari 45)

037 * Bild 30 Portal an der Piazzetta del Drago (Via de Coronari 45)

038 * Bild 31 Portal vom Palast des Stefano Porcaro (Vicolo delle Ceste 25) Das redende Wappen der Porcaro zeigt ein Schwein auf einem Netze. Über Porcaro, der wegen seiner Verschwörung gegen Nikolaus V. am 9. Januar 1453 hingerichtet wurde, s. Pastor I 4 550-570.

038 * Bild 31 Portal vom Palast des Stefano Porcaro (Vicolo delle Ceste 25) Das redende Wappen der Porcaro zeigt ein Schwein auf einem Netze. Über Porcaro, der wegen seiner Verschwörung gegen Nikolaus V. am 9. Januar 1453 hingerichtet wurde, s. Pastor I 4 550-570.

039 * Bild 32 Haus des Architekten Prospero Mochi (Via de Coronari 148) Über P. Mochi vgl. Pastor V 4 746.

039 * Bild 32 Haus des Architekten Prospero Mochi (Via de Coronari 148) Über P. Mochi vgl. Pastor V 4 746.

049 * Bild 41 Portal vom Palaste des Kardinals Stefano Nardini (Via del Governo Vecchio 134)

049 * Bild 41 Portal vom Palaste des Kardinals Stefano Nardini (Via del Governo Vecchio 134)

041 * Bild 34 Palazzo Ricci (Piazza Ricci und Via Giulia 145-150)

041 * Bild 34 Palazzo Ricci (Piazza Ricci und Via Giulia 145-150)

042 * Bild 35 Teilstück der Fassadenmalereien (Mucius Scävola) des Palazzo Ricci

042 * Bild 35 Teilstück der Fassadenmalereien (Mucius Scävola) des Palazzo Ricci

043 * Bild 36 Haus des Goldschmiedes Gian Pietro Crivelli (Via de Banchi Vecchi 22-24)

043 * Bild 36 Haus des Goldschmiedes Gian Pietro Crivelli (Via de Banchi Vecchi 22-24)

065 Bild 55 Hof des Palazzo Spada. Photographie Anderson Nr 5700

065 Bild 55 Hof des Palazzo Spada. Photographie Anderson Nr 5700

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