Die Paläste der Valle und ihre Antikenschätze. Das gotische Haus des Zeremonienmeisters Alexanders VI. J. Burchard

Einen noch größeren Reichtum an Antiken aller Art wiesen die Paläste der vornehmen Familie della Valle auf, deren Glieder schon sehr früh eine eifrige Tätigkeit als Sammler entfaltet hatten. Den Hof des alten Palazzo della Valle, welchen der fleißige Heemskerck gezeichnet hat, schmückten die berühmten Panstatuen, die, bei dem Possesso Leos X. zur Dekoration des Valleschen Triumphbogens benutzt, unter Klemens XII. im Kapitolinischen Museum zu seiten des Marforio aufgestellt wurden. Die Hauptstücke, ebenfalls für den erwähnten Triumphbogen verwandt, hatte der 1534 verstorbene Kardinal Andrea della Valle in seinem anstoßenden Palaste (Palazzo Valle –Rustici-Bufalo)*) aufgestellt. Dieser Bau bildete ein wahres Museum. Überall, in der Eingangshalle, im Hofe wie in den oberen Stockwerken, glänzten so viele Marmorwerke, dass selbst der trockene Fichard bewundernd ausruft, hier sei der wahre Schatz des römischen Altertums. In dem rechteckigen Hofe standen damals die Mediceische Venus und der Ganymedes der Offizien. Besitzer dieser Schätze wurde nach dem Tode des Kardinals sein Neffe Quinzio de' Rustici.

*) Letzt Corso Vittorio Emanuele Nr. 101 mit der Inschrift “Andreas Car. de Valle“ über dem Hauptportal.


Nicht weit von seiner prächtigen Residenz hatte Kardinal Andrea an der heutigen Piazza della Valle durch Raftaels Schüler Lorenzetto einen neuen Palast anlegen lassen, der infolge der Katastrophe von 1527 nicht ganz zur Vollendung gelangt war. Die dort vereinigten Antiken erregten gleichfalls die Bewunderung Fichards. Die erlesensten Werke schmückten den berühmten Statuenhof des oberen Stockwerkes, dessen Schmalseiten oftene Säulenhallen zeigten. Ein Stich von Hieronymus Cock, der wahrscheinlich auf eine Zeichnung Heemskercks zurückgeht, zeigt dieses Wunderwerk mit seinen Schätzen (Bild 79); ein etwas später entstandenes Blatt des Francisco de Hollanda gibt ein genaues Bild der rechten Wand. Die Art, wie hier antike Reliefs, Statuen in Nischen, Büsten in Rundnischen angebracht waren, wurde vorbildlich für Rom. Der neue Palast kam durch Erbschaft an die Familie Capranica, von welcher er noch heute den Namen trägt.*) Diese verkaufte die Antiken im Jahre 1584 an den Kardinal Ferdinande de' Medici, der sie zum Schmuck seiner Villa auf dem Pincio verwendete; von dort sind die meisten im 18. Jahrhundert nach Florenz geschafft worden. Auf dem Stiche von Cock bemerkt man den Marsyas der Uffizien, die sog. Thusnelda und die beiden großen Gewandstatuen der Loggia de' Lanzi, die Barbarenstatue des Giardino Boboli und zahlreiche andere jetzt in der Arnostadt aufbewahrte Stücke.

Unter Leo X. war der Rione S. Eustachio durch zwei neue imposante Paläste bereichert worden: den von Jacopo Sansovino erbauten Palazzo Lante ai Caprettari (Bild 78) und den Palazzo Maccarani, welchen Giulio Romano für die Familie Cenci entwarf (Bild 80). Großen Ruhm genossen auch der bei der französischen Nationalkirche liegende Palazzo Patrizi, der Palazzo Caffarelli (Vidoni) und der Palazzo Piccolomini an der Piazza di Siena. Costanza Piccolomini, Herzogin von Amalfi, übergab unter Sixtus V. ihren Wohnsitz den Theatinern, die ihn zu einem Kloster umbauten, neben dem sich die große Barockkirche S. Andrea della Valle erhob. Bei der damals vorgenommenen durchgreifenden Umgestaltung dieser Gegend verschwand die kleine Kirche S. Sebastiano de Via Papae, an welche in dem Neubau ein Altar erinnert.

In dem Viertel S. Eustachio hatte sich unweit des Palazzo Cesarini der Zeremonienmeister Alexanders VI., Johannes Burchard aus der Diözese Straßburg, ein weitläufiges Haus erbaut, an dessen Turm man die Inschrift Argentina las, die sich in dem Namen der Straße und des dortigen Theaters erhalten hat. Das Haus bildete eine Ausnahme in der Stadt der Renaissance, denn es war nach deutscher Art in gotischem Stil errichtet. Ein Teil davon ist, allerdings in recht unwürdigem Zustande, noch erhalten (Bild 81 — 82).
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Stadt Rom zu Ende der Renaissance
094 Bild 78 Hof des Palazzo Lante (Piazza dei Caprettari 70). Photographie Alinari Nr 28956

094 Bild 78 Hof des Palazzo Lante (Piazza dei Caprettari 70). Photographie Alinari Nr 28956

095 o Bild 79 Statuenhof des Palazzo Valle-Capranica. Stich des H. Cock nach van Heemskerck

095 o Bild 79 Statuenhof des Palazzo Valle-Capranica. Stich des H. Cock nach van Heemskerck

96 Bild 80 Palazzo Maccarani (Piazza S. Eustachio 83). Photographie Alinari Nr 28960

96 Bild 80 Palazzo Maccarani (Piazza S. Eustachio 83). Photographie Alinari Nr 28960

097 * Bild 81 Gotische Fenstergalerie vom Hause des Johannes Burchard, Oberzeremonienmeisters Alexanders VI. (Via del Sudario 43 — 45)

097 * Bild 81 Gotische Fenstergalerie vom Hause des Johannes Burchard, Oberzeremonienmeisters Alexanders VI. (Via del Sudario 43 — 45)

098 * Bild 82 Gotisches Gewölbe im Hause des Johannes Burchard, Oberzeremonienmeisters Alexanders VI. (Via del Sudario 43 — 45)

098 * Bild 82 Gotisches Gewölbe im Hause des Johannes Burchard, Oberzeremonienmeisters Alexanders VI. (Via del Sudario 43 — 45)

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