Der Rione di Campo Marzo. Das Mausoleum des Kaisers Augustus. Die von der Piazza del Popolo ausgehenden Straßen. Der Corso. Das Haus des Dichters Saturnio Gerona

Der Rione di Campo Marzo schränkte den Namen des ehemaligen Marsfeldes auf einen viel kleineren Raiun ein. Den Mittelpunkt dieses nördlichsten Stadtteiles, der im Westen vom Tiber, im Osten vom Pincio begrenzt wurde, bildete ein gewaltiges Monument des Altertums, das Mausoleum des Kaisers Augustus. Es hatte im Mittelalter den Colonna als Burg gedient, zur Zeit Pauls III. war es in einen Garten umgewandelt, den die Soderini mit Benutzung der Reste der Mauerringe angelegt und im Geschmack der Renaissancezeit mit Statuen geschmückt hatten (Bild 83). Der 1519 bei S. Rocco gefundene Obelisk, der einst am Eingang des Mausoleums gestanden hatte, lag, in vier Stücke zerbrochen, in der Via di Ripetta.

In diesem Viertel hatten sich, wie die Straßennamen zeigen, zahlreiche Fremde um die Nationalstiftungen der Bretagner, Portugiesen, Slawonier und Eombarden : S. Ivo, S. Antonio, S. Girolamo und S. Ambrogio (später S. Carlo al Corso), angesiedelt. Seit der Zeit Leos X. war jene Gegend in lebhaftem Aufschwung begriffen. Unter Julius III. erhielt sie noch erhöhte Bedeutung, denn dieser Papst war es, welcher den großen Palast Cardelli, in welchem von 1537 bis 1547 der Kardinal Carpi gewohnt hatte, zur Residenz seines Bruders umbauen und ausschmücken ließ. Zum Rione di Campo Marzo gehörten auch das berühmte Spital S. Giacomo in Augusta, das alte Benediktinerinnenkloster des Gregor von Nazianz, S. Maria in Campo Marzo, SS. Trinita de' Monti auf dem Pincio und die mit den herrlichsten Werken der Renaissancekunst angefüllte Grabkirche der Rovere, S. Maria del Popolo. Das anstoßende Tor, durch welches die meisten Fremden vom Norden die ewige Stadt betraten, bot, wie aus einer Skizze Heemskercks erhellt, mit den Bastionen Sixtus' IV. einen sehr malerischen Anblick dar (Bild 84).


Die unregelmäßige Piazza del Popolo war noch nicht durch den Obelisken geziert. Drei Straßen führten von dort aus, den Rione Colonna durchschneidend, in die Stadt: rechts die Via di Ripetta, links die Via del Babuino, in der Mitte die Via Lata oder der Corso (Bild 85), so genannt nach den Wettrennen in der Karnevalszeit. Diese Hauptstraße war aber keineswegs die belebteste; nach dem Tore zu wurden die Häuser seltener, rechts und links erhoben sich Gartenmauern. Auch die Via Babuino, die später nach dem Silen eines Brunnens ihren Namen erhielt, war nach dem Pincio hin noch nicht vollständig bebaut. Sie hieß damals bezeichnend für den ländlichen Charakter dieser Gegend il Borghetto. Der obere Teil der Ripetta ist auf dem Plane Bufalinis als Via Populi bezeichnet. Die kleine Quer Straße, welche bei dem Mausoleum des Augustus die Ripetta mit dem Corso verbindet, erhielt ihren Namen Via de' Pontefici nach den Fresken, mit denen der dort wohnende spanische Humanist und Dichter Saturnio Gerona sein Haus ausschmückte. Es waren die Bildnisse der Päpste, unter welchen Saturnio während seiner 50jährigen Anwesenheit in Rom gedient hatte.

Blickt man auf die genannten Stadtquartiere Roms zurück, so überrascht am meisten, wie sehr das Leben auf die Niederung am Tiber zusammengedrängt war. Die weitausgedehnte Hügelgegend im Norden, Osten und Süden, der Pincio, Quirinal, Viminal, Esquilin und Celio waren gleich dem Aventin last unbewohnt. Neben den altehrwürdigen Basiliken ragten hie und da einige hohe Türme aus der Zeit des Mittelalters hervor. Von den Klöstern abgesehen, gab es in dieser Gegend, die für immer dem Gebet und der Einsamkeit gewidmet schien, nur ganz vereinzelt Wohnhäuser. Den Hauptgrund dafür gibt eine dem heutigen Wasserreichtum Roms gegenüber sehr erstaunliche Notiz Fichards, die wohl zum Teil in den systematischen Zerstörungen der Aquädukte zur Zeit des Sacco ihre Erklärung findet. Der Frankfurter Reisende bemerkt, dass er in der ganzen Stadt nur sehr wenige Brunnen gesehen habe; die Bevölkerung müsse sich mit dem Wasser der Zisternen begnügen und dem des Tibers, das täglich in der Stadt herumgetragen werde. In welch ausgedehntem Maße dies geschah, erhellt daraus, dass die Wasserträger eine eigene Zunft (die Compagnia degli Acquarenari) bildeten. Sie schöpften das Wasser bei der Porta del Popolo, wo es noch nicht verunreinigt war; dann ließ man es fünf oder sechs Tage stehen. Es wurde in irdenen Töpfen (coppelle) herumgetragen und verkauft, womit wohl die Kirchennamen S. Salvatore delle Coppelle und S. Maria in Coppella zusammenhängen. Unglaublich erscheint es, dass das Wasser des gelben Tibers als gesund galt und von Paul III. wie Klemens VII. auf Reisen mitgeführt wurde. Der mit Ignatius von Loyola befreundete Arzt Alessandro Petroni preist die wohltätigen Eigenschaften des Tiberwassers in einer dem Papste Julius III. gewidmeten Schrift.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Stadt Rom zu Ende der Renaissance
099 o Bild 83 Garten der Soderini auf dem Grabmal des Augustus. Stich des Etienne du Perac

099 o Bild 83 Garten der Soderini auf dem Grabmal des Augustus. Stich des Etienne du Perac

100 o Bild 84 Porta del Popolo. Skizzenbuch des M. van Heemskerck

100 o Bild 84 Porta del Popolo. Skizzenbuch des M. van Heemskerck

101 o Bild 85 Der Bogen der Antoninen mit Durchblick auf den Corso. Stich des Giambattista Cavalieri nach Zeichnung des Giovan Antonio Dosio

101 o Bild 85 Der Bogen der Antoninen mit Durchblick auf den Corso. Stich des Giambattista Cavalieri nach Zeichnung des Giovan Antonio Dosio

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