Leute, die an Vorbedeutungen und Träume glauben, werden mit Vergnügen diese ganz neue Anekdote lesen, ...

Leute, die an Vorbedeutungen und Träume glauben, werden mit Vergnügen diese ganz neue Anekdote lesen, für deren Wahrheit ein glaubwürdiger Mann garantiert:

Ein reicher Irländer hatte sich mit seiner Frau, die sehr schön war und immer noch als hübsche Frau gelten konnte, nach Montrouge bei Paris zurückgezogen. Sie wurde krank und starb nach kurzer Zeit. Man sagt, daß die Koketterie den Frauen angeboren sei; man könnte hinzufügen, daß sie sie überlebt. Mit einer kapriziösen Laune, die nicht vereinzelt dasteht, beschwor die Frau des Irländers ihren Mann, sie angetan mit ihren schönsten Kleidern und ihrem Schmuck, der sie auch während ihrer Krankheit nicht verlassen hatte, zu begraben. Der untröstliche Gatte versprach und hielt Wort. Am nächsten Morgen glaubt er im Traum seine Frau zu sehen, die auf unanständigste Weise beleidigt worden ist und seine Hilfe anruft; in heftigster Erregung erwacht er, sucht seine üblen Empfindungen zu zerstreuen und schläft wieder ein; dasselbe Bild erscheint ihm mit größerer Heftigkeit wie beim ersten Male; er erwacht noch erregter, macht erneute Anstrengungen, seine unruhige Einbildungskraft zu beruhigen, und es gelingt ihm mit Anstrengung, den Schlaf wiederzufinden. Diesmal ist er noch zerquälter von dem erschreckenden Schauspiel, das er zu hören und zu sehen vermeint hat.


Er erhebt sich, kleidet sich an, und auf die Gefahr hin, für einen Nachtwandler zu gelten, geht er den Pfarrer um die Erlaubnis bitten, das Grab seiner Frau zu besuchen.

Wie er an der Kirche vorbeikommt, erblickt er ein Licht; er zittert vor Furcht seinen Traum verwirklicht zu sehen; er nähert sich; des Verstandes beraubt, außer sich, vernimmt er Geräusche und schlägt Lärm; das Geräusch verstummt; er eilt zum Pfarrer, heißt ihn aufstehen, schleppt ihn zur Kirche.

Sie erblicken noch das Licht, hören Geräusche; man sucht den Kirchendiener, der die Schlüssel hat; er ist abwesend; bald sind die Kirchentüren erbrochen.

Auf Stühlen ausgestreckt findet man die Tote, die ausgegraben worden ist, vergewaltigt, beraubt und auf jegliche Weise geschändet. Einer der Komplizen dieser Scheußlichkeit hat entfliehen können, den anderen hat man aus besonderen Gründen laufen lassen, um diese skandalöse Affäre zu vertuschen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Sitten des Rokoko.