Abschnitt 13

Die Schalfahrt im 16. Jahrhundert und ihre wirtschaftsgeschichtliche Bedeutung


Wie schon gesagt, durften die Boizenburger ihre 2000 Faden frei und unentgeltlich die Schale herabflößen. Man gestand ihnen damit eine Vergünstigung zu. Denn die Lüneburger öffneten sonst ihre Schleusen nur nach Erlegung der Zollgebühren. Der Zoll war königliches Regal, das an sich zu bringen, die Landesfürsten verstanden hatten. Auch die Mecklenburger Herzöge waren Herren ihrer Zölle und belehnten nun ihrerseits mit ihnen Adel und Städte. Da die Schalfahrt nicht nur zum allgemeinen Besten eingerichtet worden war, sondern da beide Teile, Rat und Herzöge, ihren eigenen Vorteil suchten, und der Rat zum mindesten die laufenden Unkosten heraushaben wollte, so wurde ein Schalzoll eingerichtet. Bereits 1430 ist vermöge fürstlich mecklenburgischer Privilegien einem ehrenfesten Rat der Stadt Lüneburg vergönnt worden, an der untersten Schleuse des Schalstroms ein Zollhaus zu bauen und nebst dem Fürsten einen Zöllner dreinzusetzen, der beiden Teilen Eid und Treue leiste und auch von beiden Teilen gelohnt werden soll. Diese Bestimmung wird mit anderen 1561 von Johann Albrecht erneuert:


„Für das ander, daß auf unserm Grund und Boden ein Zollhaus gebauet werde, allda der Zoll, so uns und unseren Erben und Nachkommen allein zustehen soll, entrichtet wird. Und so künftig Kaufmannsware den Wasserweg geführet würde, auf dieselbe soll uns einen gleichmäßigen billigen Zoll zu setzen, hinwieder unbenommen sein und uns, unsern Erben und Nachkommen derselbe Zollen auch allein zukommen und gegeben werden. . . [Zum 4.] soll ein anderer Zoll zu Erbauung der Schleusen in unserem Gebiete im Dorfe Kölzin angelegt werden, derwegen und wie hoch derselbe sein soll, wollen wir uns mit einem ehrbaren Rat ..... nach erbauten Schleusen vergleichen, und was dar also verglichen, davon soll jährlich uns die Hälfte und die andere Hälfte der Stadt Lüneburg in dem Zollhause eingesammelt werden.“ Selbstverständlich mußte in der Praxis die doppelte Einziehung des Zolls zu Schwierigkeiten führen, wenn die Art des Betriebes vorher nicht ganz genau festgesetzt und geregelt wurde. Darum kommen nach Fertigstellung der Wasserbauten 1564 die immer dringender werdenden Fragen des Rates, wie es mit dem Zöllner und mit Ansetzung des Schleusenzolls gehalten werden solle. Nach längeren Verhandlungen erklärt Johann Albrecht, daß die Lüneburger Zollstätte zu Kölzin sein soll, dafür bestätigt er den vom Rate vorgeschlagenen Zöllner und steht von seinem Kandidaten ab.

Es wird auch um die Besoldung verhandelt und das Gehalt festgesetzt. Der Rat stellt den Beamten auf 100 M jährlich, so daß auf den Anteil des Herzogs die Hälfte, also 50 M, fallen und bedauert, daß er ihn nicht hätte auf geringeres bringen können. Aber was die Lüneburger ihm sonst zu verwalten geben, damit soll der Herzog nicht beschweret werden. Johann Albrecht geht auf die Bedingung ein. Aber schon 20 Jahre später, während der Zeit der Teurung, bat der Zöllner Jürgen Hornemann um Erhöhung seiner Besoldung von 50 M lüb. herzoglichen Teils. Und 1586 forderte der Zöllner Peter Dankwart außer seiner Besoldung noch 50 M zur Erhaltung eines Jungen oder eines Pferdes.

Bei Antritt seines Amtes mußte der Zöllner einen langen Eid ablegen, des Inhalts, daß er allen seinen Verpflichtungen treu nachkommen wollte. Der Eid wurde den Herzögen und dem Rat gleicherweise geleistet. Diese Eide sind in großer Anzahl vorhanden, und daher können wir die lange Reihe der Zöllner fast ohne Unterbrechung feststellen. Manch einer hat es durch seine Streitigkeiten zur Lokalberühmtheit gebracht, wie Johann zur Mylen, nur einer ist durch seine Genialität auch über die Grenzen Mecklenburgs hinaus bekannt geworden, der Inspektor der Zölle Helmar Gerkens, beide lebten jedoch im 17. Jahrhundert.

Über die Zolleinnahme wird 1567 festgesetzt: Es soll zur Einnahme solches Zolls auf hochgedachten Fürsten eignem Grund und Boden ein Zollhaus gebaut werden, allda der Zoll, so ihrer fürstlichen Gnaden und derselben Erben und Nachkommen allein zustehet, entrichtet wird, das gemeine Zollhaus aber, allda die von Lüneburg den halben Zoll zu Unterhaltung der Schleusen für und für einnehmen sollen, soll bei der Blüchermühlen, da es die von Lüneburg itzo erbauen lassen, bleiben, und der Zöllner daselbst hochgedachtem Fürsten und denen von Lüneburg zugleich mit Pflicht und Eiden bewandt gemacht werden.

Das Hauptzollamt wurde demnach für die Schale zu Kölzin eingerichtet, wo der Zöllner sich beiden Teilen verpflichten mußte. Dasselbe geschah zu Blücher, während in Vietow nur ein mecklenburgischer Landzoll war.

Die Zölle lernen wir als eigentliche Zölle und als Gebühren kennen. Die eigentlichen Zölle waren rein fiskalische Abgaben, denen keinerlei Gegenleistung von Seiten des Staates oder der betreffenden Obrigkeit entsprach, während die Gebühren für die Benutzung oder Inanspruchnahme staatlicher Einrichtungen gegeben wurden. Der Transitzoll wurde beim Betreten eines bestimmten Bezirks an einer bestimmten Stelle erhoben gegen die Erlaubnis, in den betreffenden Distrikt kommen oder ihn passieren zu dürfen. Er mußte von Fahrzeugen, Pferden, Vieh und Waren bezahlt werden und wurde auf Landstraßen als Land- und auf Wasserstraßen als Wasserzoll eingefordert. Neben dem Transitzoll bestand der Marktzoll, der die Freiheit des Kaufes und Tausches auf den Märkten verlieh. Für die geleisteten Gebühren hingegen wurden Wege, Dämme, Brücken, Schleusen, Kanäle unterhalten, Verkaufsstände auf den Marktplätzen vermietet und Schutz und Geleit durch bewaffnete Macht auf einer bestimmten Strecke gewährt.

Wie überhaupt, so haben wir auch bei der Schalfahrt zwischen Land- und Wasserzoll zu unterscheiden. Der Landzoll konnte hier natürlich nur für Mecklenburg in Betracht kommen. Er wurde in Vietow erhoben. Der Herzog hielt hier seinen eigenen Zöllner, der den strengen Befehl hatte, keine Schiffe mit Holz oder Waren durchpassieren zu lassen, sie hätten denn den Zollzettel oder das Zollzeichen von Kölzin. Schwieriger lagen die Verhältnisse auf der Schale schon bei dem Wasserzoll. Er wurde für das passieren bestimmter, abgegrenzter Flußstrecken entrichtet, hier in Kölzin und in Blücher, und konnte als solcher auch nur der mecklenburgischen Herrschaft gezahlt werden. Ebenso kam die ausdrücklich unter dem Namen Geleitsgeld von der Sude und Schale bezeichnete Gebühr allein den Herzögen zu. Sie konnte mit einer jährlich abzuliefernden, genau festgesetzten Summe abgemacht werden. Diese Abgabe war der alte Schutzzoll, den die Herzöge sich seit alter Zeit zahlen ließen und den sie auch beibehielten, als sie das Geleit nicht mehr gewährten, weil es längst außer Brauch gekommen war. Wir sehen hieraus, daß die Begriffe von Gebühren und einfachen Zöllen damals durchaus nicht klar geschieden waren, sondern die Hauptsache war, alte Einnahmequellen nicht fallen zu lassen und zu bewirken, daß neue Gerechtsame so teuer als möglich in barem Gelde abgekauft wurden, gleichgültig, ob die Abmachung dem Sinne entsprach oder nicht. Ein weiteres Beispiel hierfür bietet die Einrichtung des Schleusenzolls auf der Schale. Denn er sollte zur Erhaltung der Schleusen gegeben werden, war demnach unter die Gebühren zu rechnen und mußte also auf die Gefäße erhoben werden. Und wir lesen da auch der Gesandten von Lüneburg untertäniges Bitten und Erklärung, daß der Schleusenzoll nicht von den Gütern, sondern von den Schiffen genommen werden soll. Auch der Holzzoll möchte nicht auf Fadenholz oder anderes Maß geführt werden, sondern auf Schiffe möchte er gesetzt sein. Ein jedes Steckelschiff auf und tal soll 5 ß und ein Lüneburger oder Boizenburger Schiff soll 10 ß zahlen. Doch Herzog Johann Albrecht geht auf diese Bitte nicht ein. Er fordert den Schleusenzoll nach Waren und Faden und nicht nach Schiffen, aber er überläßt es dem Rat, die betreffenden Waren und die Höhe des für sie zu entrichtenden Zolls anzugeben. Er wünscht den Zoll auf die Waren und zwar nach ihrer Menge, nach Last, Tonnen, Drömbt, Wispel, Packen, Rollen, Faden usw. Danach wäre dieser Zoll nicht als Schleusenzoll, sondern als Transitzoll zu betrachten, für welche Annahme einige Bemerkungen aus dem Memorial des Zöllners zu Kölzin von 1588 sprechen, obgleich sie aus etwas späterer Zeit stammen. Er notiert: „zum ersten zu gedenken, daß die Kaufleute mit ihren Schiffen das Böttiger Staffholz aus dem „schönen“ Walde bis gen Zarrentin schiffen und fortan bis gen Göttin, so im Lande zu Sachsen liegt, eine Meile Weges von der Boeke [Büchen] mit Wagen führen lassen, und gehet also das Holz fortan die Stecknitz hinunter. Davon entgehet meinem gnädigen Fürsten und Herrn der Zoll. Zum andern fahren die Kaufleute das Eichenstaffholz über den See und fortan nach Lübeck. Davon entgehet meinem gnädigen Fürsten und Herrn auch der Zoll.“ Der Zöllner beklagt sich, daß für die Waren, die auf anderen, als den vorgeschriebenen Wegen ausgeführt werden, kein Zoll bezahlt wird. Er empfindet die angegebenen Tatsachen allerdings als Zollumgehung, aber als eine, die zu bestrafen er kein Recht hat, was eine Folge der bestehenden Unklarheit war. Man hätte sich wohl dahin einigen können, daß der Herzog den Zoll und der Lüneburger Rat die Schleusengebühr einforderte, statt halbpart zu machen, aus Angst, daß einer mehr Vorteile haben könnte als der andere.