a.Grund und Boden: 17.; Menschenmenge: 18.; Vergrößerung der Fläche und Vermehrung des Ertrages: 19–25.; Mögliche Bevölkerung der Erde: 26.

017
Die wichtigste von allen ist unstreitig:
a. Der Grund und Boden, da derselbe dem Menschen das wesentlichste und erste aller Bedürfnisse, die Nahrung, außerdem aber noch eine Menge anderer Producte (z. B. Holz, Flachs, Baumwolle etc.) liefert, auch eine gewisse Fläche für Wohnungen, Werkstätten, Arbeitsplätze zu fast allen Productionen erforderlich ist.
Nicht alles Land ist zur Erzeugung von Nahrungs-mitteln geeignet; die Kälte zunächst den Polen hemmt alle Vegetation. Felsen, Sand und Moräste sind ebenfalls nur mit vieler Mühe urbar und fruchtbringend zu machen. Viele Landstriche eignen sich nur zum Waldbau.
Von manchen Gegenden und Ländern ist durch Vermessungen und auf anderm Wege die Größe der verschiedenartigen Bodenflächen ermittelt. Von dem größten Theil der Erdoberfläche haben wir aber in dieser Beziehung noch sehr mangelhafte Nachrichten: so daß es nicht möglich ist, auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit die Menge Menschen zu berechnen, welche in jedem einzelnen Lande und auf der ganzen Erde ihre Nahrung finden können; um so mehr, da so viele andere Umstände, z. B. die Menge der zu ernährenden Thiere, der mehr oder minder zweckmäßige Betrieb des Ackerbaues etc. dabei wesentlich mit einwirken.


018
Einige Andeutungen hierüber werden jedoch hier an ihrem Platze seyn.
Der Boden trägt bekanntlich in wärmeren Gegenden viel reichere Erndten, als in den kälteren; und diese auch in viel kürzerer Zeit. Ein Magdeburger Boden trägt in Deutschland etwa 6 – 7 Centner Weitzen, bei Valencia 29 Centner, in einigen Gegenden Merico’s 43 Centner. In dem letztgedachten Lande nährt ein Morgen des besten bodens, mit Pisang bepflanzt, 25 Menschen. Durch zweckmäßigen Anbau und die Fortschritte der Landwirthschaft könnten indessen auch bei uns noch viel mehr Nahrungsmittel erzeugt werden, als es geschieht. Die Bevölkerung von Großbrittanien hat sich seit 80 Jahren mehr als verdoppelt, und in gleichem Verhältniß ist der Ertrag des Landes an Getreide gestiegen, und es wird viel mehr Weitzen und Fleisch als früher darin verzehrt. Trotzdem sind Sachverständige der Meinung, daß der Ertrag Großbrittaniens an Feldfrüchten noch verdoppelt werden könne, und in andern schlechter cultivirten Ländern muß dieß natürlich noch mehr der Fall seyn.
Zu dieser Vermehrung des Ertrages an Bodenfrüchten gibt es offenbar zwei Wege: Vergrößerung der Fläche des fruchtbaren Landes und Erhöhung des Ertrages auf gleicher Fläche.


019
Bei dem jetzigen Zustande der Erdoberfläche, wo noch eine Menge der fruchtbarsten Landstriche ganz unbebaut, und in den bevölkertsten Gegenden fast noch überall Unland zu finden ist, liegt im Allgemeinen selten eine Veranlassung vor, auf künstlichem Wege Land zu gewinnen: sey es durch Abdammung der See (wie in Holland), sey es durch Austrocknung und Erhöhung von Sümpfen, sey es durch Senkung der Wasserfläche in Seen und Teichen, oder gar durch Anlage von schwimmenden Gärten, wie auf einigen Flüßen Chinas und Ostindiens. Die Vermehrung der tragbaren Erdoberfläche auf diesem Wege wird überhaupt verhältnißmäßig nur immer unbedeutend seyn können; und nur erst bei gesteigerter Nachfrage nach Bodenproducten, in Folge vermehrter Bevölkerung, werden in den meisten Fällen die Kosten von dergleichen Anlagen durch den Ertrag gedeckt werden (Vergleiche weiter unten § 365 bis 367.), weßhalb sie auch im Kleinen immer nur mit großer Vorsicht und Ueberlegung, namentlich von weniger Bemittelten, vorzunehmen sind.


020
Von ungleich größerer Wichtigkeit dagegen ist die Vermehrung des Ertrages der Bodenfläche durch verbesserte Cultur, in Folge deren bereit viele wüste Landstriche in blühende Gärten umgewandelt sind, und eine Menge von Ländereien von Jahr zu Jahr einen immer höhern Ertrag geben. Eine weitere Ausführung dieses Gegenstandes gehört in das Gebiet der Landwirtschaft, und es möge daher hier nur mit einigen Worten erwähnt werden, daß diese Verbesserung der Ertragfähigkeit der Ländereien hauptsächlich auf folgenden 4 Wegen erzielt werden kann: durch
a) Verbesserung der Ackerkrume;
b) vermehrte Bewässerung;
c) Anbau schneller wachsender und ertragreicherer Vegetabilien;
d) erhöhte Wärme.


021
Ohne in eine nähere Erörterung einzugehen, in wie fern ein richtig gemischter Boden auch mit einem geringern Antheil von Dammerde (Humus) gute Erndten geben, und in wie fern die verschiedene Fruchtfolge eine nachhaltige Verbesserung des Bodens herbeiführen könne: so beruht doch unser neuerer Ackerbau großentheils darauf, daß die angebauten Gewächse theils aus der Ackerkrume, theils aus der Luft, eine möglichst große Menge, hauptsächlich kohlensäure- und wasserstoffhaltiger Theile einsaugen, demnächst der größte Theil dieser vegebilischen Producte wieder unter der Gestalt des Düngers in den Boden gesteckt, endlich noch von andern Orten der düngende Bestandteile herbeigeschaft und dadurch der Boden verbessert werde. Eine Vermehrung der düngenden Bestandtheile auf der Erdoberfläche im allgemeinen ist in so fern wohl denkbar, als jährlich eine bedeutende Masse von Kohlenstoff (in den Steinkohlen, Braunkohlen, dem Torf, dem rohen Kalkstein zum Brennen etc.) aus der Erde gefördert und größtenteils als Kohlensäure in die Atmosphäre verbreitet wird; und als ferner in den Niederungen sich häufig sehr tiefe Lager von Dammerde vorfinden, welche den magern Ländereien zugeführt werden können, auch das Meer jährlich eine Menge organischer, zur Befruchtung des Landes nützlicher Stoffe liefert. Endlich werden aus der Erde noch viele Stoffe herausgeschafft, die unmittelbar zur Verbesserung der Ackerkrume dienen, wie Mergel und Gips. – Man wende nicht ein, daß auf diesem Wege und namentlich durch Aufbringen von Dammerde aus den davon vorhandenen tiefen Lagern in den Nie-derungen, wegen der bedeutenden Transportkosten, nur eine unbedeutende Bodenverbesserung ausführbar sey: denn wir werden einerseits später sehen, daß durch die künftige Verbesserung aller Transportmittel, und namentlich der Eisenbahnen, die Kosten aller Transporte werden ungemein viel wohlfeiler werden, als sie jetzt sind; und was wäre andererseits zuletzt dem, Jahrhunderte und Jahrtausende lang fortwirkenden Fleiße des Menschen nicht möglich, wenn schon in unserer Zeit die Insel Malta ein Beispiel liefert, wie ein Felsen durch künstlich auf Schiffen herbeigeschafften Boden in einen Garten verwandelt werden kann, auch so viele Berggelände von Menschenhand, durch künstlich aufgemauerte Terassen, mittelst Boden aus verwittertem Gestein, in tragbares Land verwandelt worden sind?


022
Aber es ist gar nicht einmal nothwendig, daß die Dammerde aus den Niederungen unmittelbar auf die mageren höheren Gegenden gebracht werde. Es geschieht dieß schon von selbst durch die Ausfuhr an erzeugten Producten, in Folge deren immer mehr Düngungstheile in entferntere Gegenden übergehen. Allgemein liefern auf diese Weise in den meisten Ackerwirthschaften die Wiesen, ohne Ersatz, fortwährend Düngungstheile für die Aecker. Die so unfruchtbare Gegend von Berlin wird auf diesem Wege nach und nach mit Gärten bedeckt. Endlich sehen wir schon jetzt in den Thierknochen eins der besten Düngungsmittel vom Continent nach Großbritanien übergehen: so daß es auf diese Weise einleuchtend wird, wie eine Menge Düngstoffe den entfernten Ländern ohne unverhältnißmäßige Kosten aus denjenigen Gegenden zugeführt werden können, wo dieselben im Ueberfluß vorhanden sind.


023
Die Zunahme des Bodenertrages wird außer vermehrter Düngung aber namentlich auch durch vermehrte Bewässerung bewirkt. Den Werth der Wiesenbewässerung fängt man in neuerer Zeit immer mehr an einzusehen; in der Lombardei und in mehreren Landstrichen Spaniens ist die künstliche Bewässerung des Landes schon auf eine sehr hohe Stufe der Vollkommenheit gebracht, und wenn in Holland und England und andern Gegenden durch die Kraft des Windes und Dampfes schon große Strecken trocken gelegt werden: so ist es wohl denkbar, daß auf umgekehrtem Wege das Wasser mittelst Windkraft (wie es bereits in den Gradirwerken der Salinen geschieht) oder auch mittelst Dampfkraft, aus niedrigen Punkten so hoch gehoben werden könne, um es den der Bewässerung ermangelnden Feldern und Wiesen zuzuführen. In Egypten geschieht dieß schon häufig durch Schöpfräder, die durch Menschen in Bewegung gesetzt werden.


024
Die Vergrößerung der ländlichen Production kann ferner erzielt werden durch den Anbau schnellerwachsender und ergiebigerer Gewächse. So sind in unsern Gegenden an die Stelle der wildwachsenden Planzen, die verschiedenen Getreidearten und später die Kartoffel, außerdem eine Menge veredelter Küchengewächse getreten, und es ist wohl denkbar, daß mit der Zeit deren Stelle durch noch ergiebigere wird ersetzt werden, wobei es nicht gerade darauf ankommt, daß sie mehr Nahrungsstoff liefern, sondern nur, daß sie einen größern Geldertrag gewähren, aus Gründen, welche späterhin noch näher erläutert werden sollen.


025
Unter allen Ursachen endlich, die auf vermehrte Bodenproduction einwirken, ist, wie wir bereits oben gesehen haben, das Clima die wichtigste und hat bei Weitem mehr darauf Einfluß, als die Vermehrung der düngenden Bestandteile des Bodens, die Bewässerungen und die Auswahl der anzubauenden Gewächse. Im Allgemeinen dürfte indessen nach den Forschungen der berühmtesten Physiker die Wärme der Erdoberfläche jetzt als unveränderlich anzusehen, und daher in dieser Beziehung keine Verminderung oder Vermehrung der Ergiebigkeit der Erdoberfläche zu erwarten, ebenso auch die allgemeine Annahme, daß das Clima Deutschlands seit den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung milder geworden sey, nur allenfalls darin begründet seyn, daß die Lichtung der Wälder und das Austrocknen der Sümpfe das Land trockener, luftiger und gesünder gemacht hat. Dagegen ist jetzt schon, namentlich in der Nähe von größeren Städten, die Vermehrung der Ertragsfähigkeit des Bodens durch künstliche Wärme in Mistbeeten und Treibhäusern nicht unbedeutend, indem dadurch das Mittel gegeben ist, die Erde auch während der kältern Jahreszeit noch tragbar zu machen. So zeichnet sich namentlich Petersburg durch die Masse seiner Treibhäuser, und die Umgebung von London durch die Menge seiner Mistbeete aus.
Um die Anwendung künstlicher Wärme zu dem fraglichen Zweck in größerer Ausdehnung möglich zu machen, sind Hauptsächlich zwei Bedingungen erforderlich, nämlich eine genügende Menge von Wärme- oder Brennstoffen, und demnächst hinreichendes Capital zur Ausführung der dazu erforderlichen Anlagen. Ueber beide wird später noch ausführlicher gehandelt werden, und es genüge hier die Bemerkung, daß man in England schon die natürliche Wärme mancher Quellen benutzt hat, um zärtlichere Pflanzen in bedeckten Räumen durchzuwintern; daß schon öfter davon die Rede gewesen ist, artesische Brunnen zur Erwärmung von Gebäuden und Gewächshäusern zu benutzen, und daß die aus tiefen Brunnen aufsteigende Wärme wahrscheinlich in ähnlicher Art benutzt werden könnte und künftig einmal benutzt werden wird.


026
Es ist nicht wohl möglich zu berechnen, wie viel durch alle diese Verbesserungen, der Ertrag an Nahrungsmitteln auf der ganzen Erdoberfläche gesteigert werden könne, und im Laufe der Zeiten wohl einmal werde gesteigert werden. Bedenkt man jedoch, daß in England schon jetzt gegen 4.000 Menschen und in China mitunter 17.000 Einwohner auf der ? Meile leben: so wird es wenigstens einleuchtend, wie unverhältnißmäßig viel mehr Menschen noch auf dem etwa Millionen ? Meilen enthaltenden trockenen Lande der Erdoberfläche leben können, als es jetzt der Fall ist, wo man die Bevölkerung der Erde gewöhnlich zu 1000 Millionen annimmt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Die Kunst reich zu werden