Abschnitt 6

1) Nachdem Herr Peter Langejohann sich dem Ausspruche des Herzogs zu Meklenburg und der Rathmannen von Lübek, Hamburg, Rostock und Stralsund oder von dreien dieser Städte unterwirft, so soll der Rath zu Wismar dieselben gleichfalls als Schiedsrichter annehmen und ist so zu verfahren, daß die Sache bis drei Wochen nach Michaelis zu Ende gebracht sei.

2) Mittlerweile soll Herr Peter im Lande Meklenburg sicher vor den Wismarschen geleitet sein - in die Stadt darf er aber nicht - und ebenso sammt den Seinen zu und von dem Tage. Auch soll der Rath den Arrest auf seine Güter aufheben.


3) Sobald die Sendeboten nach Hause kommen, soll Herrn Peters Sohn, der auf dem Thurme sitzt, gegen ausreichende Bürgschaft bis zum Tage des Schiedsspruches der Haft entlassen werden, wenn er damit einverstanden ist. Will er dann seine Sache auch vor die Schiedsrichter bringen, so steht ihm solches frei; will er das aber nicht, weil er geistlich ist, so sollen ihn seine Bürgen wieder stellen und mögen dann die Dinge ihren ferneren Lauf haben.

4) Die Sendeboten sollen veranlassen, daß der Rath sich über diese Punkte binnen vierzehn Tagen gegen den Bischof von Lübek erkläre. Nimmt der Rath dieselben an, so wird der Bischof ihm einen königlichen Brief auf die Schonreise und sonstigen Privilegien aushändigen, anderen Falls dürfen die Wismarschen sich in gegenwärtigem Jahre nicht in Schonen finden lassen.

Mit dieser Abmachung zogen die Sendeboten, vermuthlich nicht in der besten Stimmung, wieder heim und nahmen außer derselben noch einen Brief des Königs an den Herzog mit, der für diesen eben auch nicht erbaulich war. Es sei des Königs Gewohnheit nicht, wurde in demselben Herzog Heinrich bedeutet, in Hast Schreiben auszufertigen, vielmehr pflege er das nur nach reiflicher Ueberlegung zu thun. Wirklich stehe auch sein, des Königs, früherer Brief, dessen Copie der Herzog ihm unfreundlich genug überschickt habe, seiner Meinung nach nicht im Widerspruche mit dem, was er Wismar gedroht. Ueberdies habe Peter Langejohann, der mit dem dortigen Rathe ja nicht aus der Stelle kommen könne, ihm die Urkunde des Herzogs gezeigt, laut welcher er mit ihm vertragen sei und ihm nicht widerwillig sich zu erzeigen versichert habe, auch ihn jedermann angelegentlich empfehle. So werde der Herzog wohl damit einverstanden sein, daß es zu dem Recesse gekommen, auf welchen er, der König, jedenfalls halten werde. Diese Zurechtweisung war gewiß ebenso verdient wie unangenehm, wenn sie auch leichter ertragen sein wird, - sie wurde dem Wismarschen Rathe im Originale mitgetheilt -, als von diesem der Receß, mit dem die Ueberbringer kaum besonderen Dank erworben haben dürften, um so weniger, als man noch immer, wenn auch nur schwache Hoffnung gehegt hatte, daß das drohende Gewitter sich verziehen möge. Diese Hoffnung mußte jetzt aufgegeben werden, denn der Ernst des Königs war nicht zu bezweifeln und mit dem, was man ihm bieten konnte, war dieser nicht umzustimmen. Schlimm genug ließen sich die Sachen auch weiter darin an, daß M. Johann Langejohann erklärte, er wolle keine Bürgen stellen und seine Sache nicht vor die Schiedsrichter bringen, wie dem Officiale bekannt sei. Das bedeutete den längst befürchteten Proceß im geistlichen Rechte und Plackereien und Kosten ohne Ende.

In der That hatte der Gefangene seine Angelegenheit bereits bei der Curie anhängig gemacht. So berichtete der Herzog dem Könige auf dessen Kündigung nach dem Stande der getroffenen Maaßnahmen und bat zugleich die Wismarschen dieser unverschuldeten Verzögerung wegen nicht mit Hemmung in seinen Landen zu beschweren; M. Johann habe es nur darauf abgesehen, ihnen möglichst große Belästigung und so viele Kosten zu machen, wie er nur könne. Damit aber gab König Christiern sich nicht zufrieden und fertigte am 16. August von Flensburg aus seinen Secretär Johann v. Embeke ab, um sich darnach umzusehen, in wiefern man dem Recesse nachgekommen sei und, wenn er übelen Willen fände, entschiedener noch denn zuvor dem Rathe des Königs festen Entschluß zum Einschreiten kund zu thun. Ein dringend warnender Brief vom Bischofe Albert von Lübek traf noch vor dem Secretär ein. Letzterer fand nun allerdings M. Langejohann noch im Gefängnisse, doch hatte man mit ihm verhandelt und war nach Angabe des Raths so weit eins geworden, daß er in seiner Schwester Melke Krevet Haus gehen solle und beide Theile sechs Schiedsrichter zusammen wählen wollten. Da aber der Rath außerdem noch Bürgschaft verlangte, daß M. Johann dem Spruche dieser Schiedsrichter genugthun wolle, so widersprach der Secretär, da solches dem Recesse nicht gemäß sei, und gab nicht allein dadurch, sondern auch durch die Offenheit, mit welcher er auf freiem Markte erzählte, wie er Vollmacht habe, nöthigen Falls das Schonensche Geleite aufzurufen, und durch sein angeblich barsches Benehmen dem Rathe Anlaß, daß dieser sich bei dem Könige in einem allerdings sehr demüthigen Schreiben über seinen Abgeordneten beklagte, und bat, er möge doch ihnen, den Schuldlosen gewogen bleiben und der Stadt das Geleite nicht entziehen. Zu aller Sicherheit beschloß man außerdem noch an den Rathmann Gerd Loste zu schreiben, der als Vogt nach Schonen war, und ihn aufzufordern mit den dort befindlichen Bürgern schleunigst zurückzukehren. Es kam aber derzeit nicht zur Aufrufung des Geleites, weil der nächste Anlaß, dieselbe auszusprechen, dadurch wegfiel, daß es M. Johann um Michaelis gelang, durch ein kleines Fenster seiner Haft zu entrinnen 12).

Er begab sich nach Lübek, wo er bis Weihnachten blieb, und zog dann gen Rom, um seinen Proceß dort weiter zu betreiben.

Vermuthlich in der ersten Freude über die gelungene Flucht und ihre durch dieselbe bewirkte Wiedervereinigung, ließen die Langejohanns den Rath eine Weile in Frieden, obschon es ihnen natürlich nicht in den Sinn kam, ihre Sache stecken zu lassen. Das bewies auch dem Rathe nur zu deutlich eine Mittheilung der Herren von Lübek, welche zwischen Weihnachten und Neujahr nach Wismar gelangt sein wird. Sie meldeten, daß der König ihnen geschrieben, die Wismarschen leisteten dem Recesse von Heiligenhafen durchaus keine Folge und hätten zudem seinen Secretär, den er guter Meinung und zum allseitigen Besten an sie abgesandt, hochfahrend und unangemessen behandelt. Davon wolle er nun zwar nichts machen, doch habe er sich entschlossen, die Wismarschen und ihr Gut in seinem Gebiete fortan nicht zu dulden und so lange feindlich zu behandeln, bis sie sich dazu verstehen würden, das zu thun, was sie unter ihrem Siegel zugesagt hätten. Er warne daher, Lübisches Gut in Wismarsche Fahrzeuge zu verladen oder mit Wismarschen Matschopie zu machen, und fordere sie auf, den Rath zu bestimmen, daß derselbe sich gegen ihn und Peter Langejohann so erweise, wie es recht und gebührlich sei. Ebenso hat der König an Rostock geschrieben.




12) Johann Wartberg, der Prior, und das Kapitel zu ratzeburg, denen berichtet war, wie der Gefangene überaus schlecht gehalten werde, erkundigten sich deswegen und baten betreffenden Falls um Änderung, doch wird das Gerücht falsch gewesen sein, denn es reimt sich nicht damit, daß er den Besuch von Verwandten und Freunden empfing, auch der Bischof nach bewerkstelligter Flucht sich die Betten und Bücher M. Johanns ausbat.