Abschnitt 8
U.- B. XIII, S. 696. Im Jahre 1355 überläßt Herzog Johann von Meklenburg-Stargard an Vicke Mund ein Drittel der Bedehebungen aus dessen 29 Hufen in Beseritz; die Bede wird von 30 Schillingen Brandenburgisch auf 20 für die Hufe gemindert: die geminderten 10 Schillinge soll Vicke Mund jährlich von den Bauern, die zu den Hufen gehören, erheben, also lange, bis sie ihm oder seinen Erben diese 10 Schilling Bede abgelöst haben. - 1 Schilling Brandenb. wird für jene Zeit gleich 2 Schilling wendisch und gleich 1 Scheffel Hartkorn großen Maßes zu rechnen sein.
Diese Beispiele werden sich durch eine Nachlese aus dem Urkundenbuche leicht vermehren lassen; wir ersehen daraus, daß sich im Laufe des Mittelalters in einem weiten Umfange erbliches Recht und dingliche Berechtigungen an den Bauerhufen ausgebildet hatten, daß jedoch diese Berechtigungen nur durch Verträge mit der Grundherrschaft erworben werden konnten. –
Wir haben jetzt noch einen Blick zu werfen auf die Rechtsverhältnisse der großen Masse der übrigen bäuerlichen Besitzer, welche im Bereiche der landesherrlichen Vogteien und der ritterschaftlichen Güter angesessen waren und weder Hägerhufenrecht, noch erbliche Berechtigung erworben hatten.
Hier ist vor Allem Gewicht darauf zu legen, daß bei der deutschen Colonisation eine starke, in einzelnen Gegenden (außerhalb der Grafschaft Schwerin) wohl überwiegende wendische Bevölkerung auf dem platten Lande zurückblieb, welche, abgeschnitten von ihren Stammesgenossen und rings umgeben von deutschen Städten und deutschen Colonisten, sehr bald deutsche Sprache, Sitte und Familiennamen annahm und mit der deutschen Bevölkerung im Laufe der nächsten Jahrhunderte völlig verschmolz. Nur in den Städten machte sich der Unterschied beider Nationalitäten noch lange Zeit hindurch, bis in die Neuzeit hinein, geltend, für die ländliche Bevölkerung bestanden ähnliche Hindernisse, wie sie sie z. B. das Zunftwesen der Städte mit sich brachte, nicht; wurden wendische Bauern zu deutschem Rechte, jure Teutonico, angesetzt, also zehnt- und zinspflichtig gemacht, so kamen sie in eine den deutschen Colonen völig gleiche Rechtslage.
Helmold in seiner Slaven-Chronik II, Cap. 14 berichtet, daß, nachdem Heinrich der Löwe seinen Frieden mit Pribislav gemacht, das ganze Slavenland bis nach Schwerin, olim insidiis horrida et pene deserta, jetzt mit Gottes Hülfe fast in eine einzige sächsische Colonie verwandelt sei: Pribislav habe die Burgen Meklenburg, Ilow und Rostock erbaut, beziehungsweise wieder aufgerichtet, und habe in deren Bereich die slavischen Völker angesiedelt (in terminis eorum collocavit). Für den den wendischen Landesherrn verbliebenen Machtbereich ist nach Wiederherstellung des Friedens an eine weitere Rückwanderung der durch langjährige Kriege schon stark gelichteten wendischen Bevölkerung nicht zu denken; deutsche Colonisten schoben sich überall ein, wo es galt, ertragsfähiges Land dem Boden abzugewinnen und urbar zu machen, oder wo die wendische Bevölkerung zur Besetzung der Dörfer nicht ausreichte und nicht hinreichend leistungsfähig sich auswies. Die letztere wurde dann oft auf einem besonderen Theil der Dorffeldmark angesiedelt, und entstanden alsdann zwei besondere Ortschaften desselben Namens neben einander, welche nach Größe oder Nationalität ihrer Bewohner unterschieden wurden. Man sieht, wie sehr hierdurch einerseits eine Verschmelzung beider Nationalitäten durch Umwandelung der wendischen Elemente gefördert wurde; andererseits ist klar, daß sich der deutschen Colonisation von Anfang an ein Element zugesellte, welches der weiteren Entwickelung deutsch-rechtlicher Institutionen im Bauernstande nicht förderlich war.
Wir geben auch hier einige Belegstücke aus dem Urkundenbuche.
Der Bischof Dietrich von Lübek, zu dessen Sprengel die Insel Pöl gehörte, beurkundet im Jahre 1210 (U.-B. I, S. 187), daß diese Insel bisher noch von Slaven bewohnt gewesen, daß aber propter penuriam et paucitatem hominum gentis illius eam (insulam Poele) excolere non valentium der Fürst Heinrich von Meklenburg (Borwin) deutsche Colonen auf derselben angesammelt habe; der Fürst habe für diese Colonen beharrlich der Unterwerfung derselben unter die Zehntpflicht sich widersetzt. In Erwägung nun, tutum non esse cum eo, qui haberet sociam multitudinem, contendere, habe sich der Bischof auf Vergleich eingelassen: ut aliqua in pace obtineremus, aliqua contemnenda putavimus. Es sei daher, nach Berathschlagung mit dem Schweriner Bischof, dem Doberaner Abt und dem eigenen Capitel, die eine Hälfte der von den deutschen Colonen zu erhebenden Zehnten dem Fürsten zu Lehn gegeben, außerdem für 12 Hufen die Zehntpflicht duch lehnsweise Uebertragung ganz aufgegeben.
Das Dorf Brüsewitz, Amts Schwerin, ist noch im Jahre 1220 von Slaven bewohnt. Als in diesem Jahre der Graf Gunzel von Schwerin dieses Gut seiner Gemahlin Oda schenkt, verleiht er den Slaven ipsam villam inhabitantibus et postmodum inhabitare volentibus das jus Teuthonicale; 3 mansi werden jure feodali ausgethan, damit die Inhaber - als Dorfschulzen - darüber wachen, ut ipsius ville Slavi de bonis suis diligencius responderent. (U.-B. I, S. 250.)
Fürst Heinrich von Meklenburg verleiht im Jahre 1315 dem Kloster Doberan die vollen Eigenthumsrechte mit der hohen und niederen Gerichtsbarkeit über die slavischen Dörfer Stülow und Hohenfelde und bestimmt in der Verleihungs-Urkunde, quod omnis ordinatio jurisdictionis in predictis villis debet esse et fieri jure Slavicali, prout antiquitus Slavi usi fuerunt. (U.-B. VI, S. 134.)
Eine Anzahl von Slaven zu Jatzke, Kreis Stargard, nehmen gegen das Kloster Broda im Jahre 1330 die curia Jazke nomine hereditario in Anspruch. Sie werden durch Zahlung von 45 Mark wegen dieser ihrer Ansprache abgefunden (U.-B. VIII, S. 145).
Noch ist Bezug zu nehmen auf die vielbesprochene Urkunde vom 14. Novbr. 1221 (U.-B. I, S. 261 und Codex Pomeran. dipl. I, S. 310), durch welche zwischen dem Fürsten von Rügen und dem Bischof von Schwerin die Zehntpflicht von Deutschen und Wenden im Lande Tribsees und die fürstlichen Antheile am Zehnten regulirt werden; es wird dabei unterschieden zwischen den Slaven, welche den Deutschen ihre Aecker abgetreten haben und weiter zurückgewichen sind, und denjenigen, welche adhuc cum Teuthonicis resident.
Diese Beispiele werden sich durch eine Nachlese aus dem Urkundenbuche leicht vermehren lassen; wir ersehen daraus, daß sich im Laufe des Mittelalters in einem weiten Umfange erbliches Recht und dingliche Berechtigungen an den Bauerhufen ausgebildet hatten, daß jedoch diese Berechtigungen nur durch Verträge mit der Grundherrschaft erworben werden konnten. –
Wir haben jetzt noch einen Blick zu werfen auf die Rechtsverhältnisse der großen Masse der übrigen bäuerlichen Besitzer, welche im Bereiche der landesherrlichen Vogteien und der ritterschaftlichen Güter angesessen waren und weder Hägerhufenrecht, noch erbliche Berechtigung erworben hatten.
Hier ist vor Allem Gewicht darauf zu legen, daß bei der deutschen Colonisation eine starke, in einzelnen Gegenden (außerhalb der Grafschaft Schwerin) wohl überwiegende wendische Bevölkerung auf dem platten Lande zurückblieb, welche, abgeschnitten von ihren Stammesgenossen und rings umgeben von deutschen Städten und deutschen Colonisten, sehr bald deutsche Sprache, Sitte und Familiennamen annahm und mit der deutschen Bevölkerung im Laufe der nächsten Jahrhunderte völlig verschmolz. Nur in den Städten machte sich der Unterschied beider Nationalitäten noch lange Zeit hindurch, bis in die Neuzeit hinein, geltend, für die ländliche Bevölkerung bestanden ähnliche Hindernisse, wie sie sie z. B. das Zunftwesen der Städte mit sich brachte, nicht; wurden wendische Bauern zu deutschem Rechte, jure Teutonico, angesetzt, also zehnt- und zinspflichtig gemacht, so kamen sie in eine den deutschen Colonen völig gleiche Rechtslage.
Helmold in seiner Slaven-Chronik II, Cap. 14 berichtet, daß, nachdem Heinrich der Löwe seinen Frieden mit Pribislav gemacht, das ganze Slavenland bis nach Schwerin, olim insidiis horrida et pene deserta, jetzt mit Gottes Hülfe fast in eine einzige sächsische Colonie verwandelt sei: Pribislav habe die Burgen Meklenburg, Ilow und Rostock erbaut, beziehungsweise wieder aufgerichtet, und habe in deren Bereich die slavischen Völker angesiedelt (in terminis eorum collocavit). Für den den wendischen Landesherrn verbliebenen Machtbereich ist nach Wiederherstellung des Friedens an eine weitere Rückwanderung der durch langjährige Kriege schon stark gelichteten wendischen Bevölkerung nicht zu denken; deutsche Colonisten schoben sich überall ein, wo es galt, ertragsfähiges Land dem Boden abzugewinnen und urbar zu machen, oder wo die wendische Bevölkerung zur Besetzung der Dörfer nicht ausreichte und nicht hinreichend leistungsfähig sich auswies. Die letztere wurde dann oft auf einem besonderen Theil der Dorffeldmark angesiedelt, und entstanden alsdann zwei besondere Ortschaften desselben Namens neben einander, welche nach Größe oder Nationalität ihrer Bewohner unterschieden wurden. Man sieht, wie sehr hierdurch einerseits eine Verschmelzung beider Nationalitäten durch Umwandelung der wendischen Elemente gefördert wurde; andererseits ist klar, daß sich der deutschen Colonisation von Anfang an ein Element zugesellte, welches der weiteren Entwickelung deutsch-rechtlicher Institutionen im Bauernstande nicht förderlich war.
Wir geben auch hier einige Belegstücke aus dem Urkundenbuche.
Der Bischof Dietrich von Lübek, zu dessen Sprengel die Insel Pöl gehörte, beurkundet im Jahre 1210 (U.-B. I, S. 187), daß diese Insel bisher noch von Slaven bewohnt gewesen, daß aber propter penuriam et paucitatem hominum gentis illius eam (insulam Poele) excolere non valentium der Fürst Heinrich von Meklenburg (Borwin) deutsche Colonen auf derselben angesammelt habe; der Fürst habe für diese Colonen beharrlich der Unterwerfung derselben unter die Zehntpflicht sich widersetzt. In Erwägung nun, tutum non esse cum eo, qui haberet sociam multitudinem, contendere, habe sich der Bischof auf Vergleich eingelassen: ut aliqua in pace obtineremus, aliqua contemnenda putavimus. Es sei daher, nach Berathschlagung mit dem Schweriner Bischof, dem Doberaner Abt und dem eigenen Capitel, die eine Hälfte der von den deutschen Colonen zu erhebenden Zehnten dem Fürsten zu Lehn gegeben, außerdem für 12 Hufen die Zehntpflicht duch lehnsweise Uebertragung ganz aufgegeben.
Das Dorf Brüsewitz, Amts Schwerin, ist noch im Jahre 1220 von Slaven bewohnt. Als in diesem Jahre der Graf Gunzel von Schwerin dieses Gut seiner Gemahlin Oda schenkt, verleiht er den Slaven ipsam villam inhabitantibus et postmodum inhabitare volentibus das jus Teuthonicale; 3 mansi werden jure feodali ausgethan, damit die Inhaber - als Dorfschulzen - darüber wachen, ut ipsius ville Slavi de bonis suis diligencius responderent. (U.-B. I, S. 250.)
Fürst Heinrich von Meklenburg verleiht im Jahre 1315 dem Kloster Doberan die vollen Eigenthumsrechte mit der hohen und niederen Gerichtsbarkeit über die slavischen Dörfer Stülow und Hohenfelde und bestimmt in der Verleihungs-Urkunde, quod omnis ordinatio jurisdictionis in predictis villis debet esse et fieri jure Slavicali, prout antiquitus Slavi usi fuerunt. (U.-B. VI, S. 134.)
Eine Anzahl von Slaven zu Jatzke, Kreis Stargard, nehmen gegen das Kloster Broda im Jahre 1330 die curia Jazke nomine hereditario in Anspruch. Sie werden durch Zahlung von 45 Mark wegen dieser ihrer Ansprache abgefunden (U.-B. VIII, S. 145).
Noch ist Bezug zu nehmen auf die vielbesprochene Urkunde vom 14. Novbr. 1221 (U.-B. I, S. 261 und Codex Pomeran. dipl. I, S. 310), durch welche zwischen dem Fürsten von Rügen und dem Bischof von Schwerin die Zehntpflicht von Deutschen und Wenden im Lande Tribsees und die fürstlichen Antheile am Zehnten regulirt werden; es wird dabei unterschieden zwischen den Slaven, welche den Deutschen ihre Aecker abgetreten haben und weiter zurückgewichen sind, und denjenigen, welche adhuc cum Teuthonicis resident.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das bäuerliche Hufenwesen in Mecklenburg zur Zeit des Mittelalters