Christian Henrich Postel (1658-1705) Rechtswissenschaftler, Dichter

Nicht minder bekannt, ja von der Mitwelt noch gefeierter war der Name des Hamburger Dichters Christian Henrich Postel. Über seinen Lebensgang erhalten wir ausführlichere Nachrichten von zwei Zeitgenossen, nämlich von dem Hamburger Archivar Nic. Wilckens in einer Sammlung von Biographien unter dem Titel „Hamburgischer Ehren-Tempel“ (aus den hinterlassenen Handschriften aufgerichtet von Ziegra. Hamburg. 1774. 4° S. 693 ff.) und von C. F. Weichmann (der große Wittekind in einem Helden Gedichte von Christian Henrich Postel. Mit einer Vorrede von dessen Leben und Schriften von C. F. Weichmann. Hamburg. 1724. 8° und nach diesen beiden Quellenschriften von Julius Elias in der Allgemeinen Deutschen Biographie (Bd. 26 S. 465 ff.). Postel ward am 11. Oktober 1658 zu Freiburg an der Elbe im Lande Kehdingen geboren und kam im Alter von 17 Jahren nach Hamburg, wohin sein Vater als Prediger berufen war. Nachdem er alsdann in Leipzig und Rostock die Rechtswissenschaft studiert hatte, wurde er auf der letzteren Universität am 10. Mai 1683 zum Licentiaten beider Rechte befördert. Am 19. Juni desselben Jahres trat er mit Jakob von Melle von Hamburg aus seine Reise an. In die Heimat zurückgekehrt, widmete er sich daselbst der Advokatur. Daneben erlangte er als Dichter eine gewisse Berühmtheit, indem er zahlreiche Opern für die Hamburger Bühne, verschiedene Gelegenheitsgedichte und Übersetzungen verfasste und ein erst nach seinem Tode veröffentlichtes Epos „Der große Wittekind“ begann. Zwar ist das dichterische Talent Postels nicht groß und seine Bedeutung in der deutschen Literatur nur eine untergeordnete, da er sich den schwülstigen und flachen Stil Lohensteins und Hoffmanns zum Vorbild nahm*); doch wurden seine Opern viel auf geführt und von den Zeitgenossen so sehr bewundert, dass sein Biograph Weichmann ihn „aller Niedersächsischen Poeten Großvater“ nennen konnte.

*) Auf die poetische Bedeutung Postels und seine literarische Fehde mit Christian Wernicke kann hier nicht näher eingegangen werden. Vgl. darüber außer den im Text angeführten Schriften K. H. Jördens, Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten. Leipzig 1809. Bd. IV. S. 210 ff. H. Schröder, Hamburgisches Schriftsteller-Lexikon. Bd, 6. S. 99 f. Gödeke, Grundriss z. Gesch, d. deutschen Dichtung. 2. Aufl. Bd. 3. S. 334.


Derselbe berichtet in der Vorrede zum großen Wittekind von Postel: „Seine Opern waren mehrenteils mit langen gelehrten Vorreden begleitet, darin er eine weitläufige Belesenheit zeigte, und pflegte er zu sagen, dass er die Singe-Spiele zu Anderer, die Vorreden derselben zu seinem eigenen Vergnügen machte“. — — „In Sprachen war er dermaßen geübt, dass er die Hoch und Plattdeutsche, Holländische, Französische, Italienische, Englische, Spanische, Portugiesische, Lateinische und Griechische nicht allein völlig verstand, sondern auch viele davon mit größter Fertigkeit redete.“ Auch Postel war, wie wir hieraus sehen, ein Polyhistor und glich darin seinem Freunde Jakob von Melle in Lübeck, mit dem er auch von Hamburg aus in näherer Beziehung blieb. An den letzteren sandte Postel nämlich einen langen lateinischen Brief über den Nutzen der spanischen Sprache, welcher in der von jenem herausgegebenen Zeitschrift Nova litteraria maris Balthici (Lubecae 1704 p. 111 ff.) abgedruckt ist.*) Im Jahre 1700 begab Postel sich noch einmal auf die Reise, um Italien und die Schweiz zu besuchen. Einige Zeit darnach, am 22. März 1705, erlag er in Hamburg einer auszehrenden Krankheit.