25. Juni - auf der Emse nach Delfzijl, Groningen

Wegen heftigen Sturms lagen wir allhier den Johannistag über stille im Wirtshaus zum alten Helm und fuhren den folgenden 25. Juni, Morgens um 9 Uhr mit einem Schiffe, die Emse über, (2 Meilen) nach

Delfzijl


einer Festung und kleinen Städtchen, Gröningischen Gebiets. Allhier sahen wir zum erstenmal die Commoditet der Treckschuiten. Wir setzten uns um 4 Uhr in eine derselben, und reisten damit 5 Uhr die Stad Damm******) vorbei nach Groningen.

******) Wahrscheinlich Appingadam an dem von Delfzijl nach Groningen führenden Kanal. Über die in Holland bis in dieses Jahrhundert gebräuchliche Beförderung durch Treckschuiten vgl. Kohl, Reisen in den Niederlanden II. S. 290 ff.

Groningen.

Dieses ist eine große und schöne Stadt, nachdem sie weiter hinausgelegt ist, ebenfalls in die alte und Neu-Stadt unterschieden. Sie ist mit sehr breiten Gräben, aber nicht eben allzu hohen Wällen umgeben, auf welchen wir köstliche metallene Stücke, aber alle entweder auf der Erde oder zerbrochenen Laveten liegend fanden, vielleicht dass sie noch in der ausgehaltenen Belagerung des Bischofs von Münster also zugerichtet waren.*) Weil allhier eine Universität ist, als besahen Wir die Collegia, welche, wie es scheint, aus einem Kloster gebaut sind, weil sowohl die dazugehörige Kirche als die ganze Gasse die Brüder-Kirche und Brüder-Gasse genannt wird. Wir fanden 3 Collegia neben einander, ein Theologicum, Juridicum und zugleich der professioni Historiar. gewidmet, und dann ein Philosophicum und zugleich Medicum: alle nur gar klein und umher sowohl als in der Mitte mit hohen Bänken bebauet. An der einen Seite dieses Gebäudes war auch die Stube des concilii und Wohnung des Pedellen. Neben an ist auch der Ort, da die Studiosi für einen geringen Preis (wie auf deutschen Akademien in der Communitet) gespeist werden, welchen sie allhier die Bourse nennen.**) Gegenüber ist die zuvor genannte Brüderkirche, darin die professores Theologiae predigen, auch französisch gepredigt wird. Man gehe in dieser Kirche eine Stiegen hinauf nach dem Theatro Anatomico, welches mit etlichen sceletis von Menschen und Tieren, auch einem großen aufgedörrten Stöhr geziert ist; wie auch nach der Universitäts-Bibliothek, welche in wenigen und mehren teils alten Büchern bestehet: doch ist ziemliche Anstalt gemacht, dass man alle Mittwochs und Sonnabend 2 Stunden hinauf gehen und daselbst der Bücher sich bedienen kann; wovon etliche gedruckte catalogi alda herum liegen.***) Professores sind alhier nicht mehr als 8, nämlich 2 Theologi, Nahmens Broun und Marck****), 1 Jurist Prof. Bertlinck, welchen wir von 10 bis 11 über die Pandecken lesen hörten (wie auch Prof. Mark den locum de remissione peccatorum), 2 Medici und 3 Philosophi, davon der Professor eloquentiae Nahmens Mensinga, magnificus Rector war. Der Studenten wären hier sehr wenig, kaum 100 und meist Theologanten, welche teils mit Mänteln, teils auch ohne Mantel und Degen in die Lectiones liefen. Es sind in dieser Stadt vornehmlich 4 Kirchen, als 1. die Mertens Kerck, eine große Kirche mit einem hohen Chor und sehr schönen von Quadersteinen aufgeführten durchgebrochenen Turrn geziert, darauf ein sehr schönes Glockenspiel ist.*****)

*) Groningen wurde vom 19. Juli bis 24. August 1672 vergeblich belagert durch den Bischof von Münster Christoph Bernhard von Galen (1650—78) und den Kurfürsten von Köln, welche mit Frankreich gegen die Generalstaaten verbündet waren. Die Verteidigung leitete Karl Rabenhaupt. Vgl. N. G. van Kämpen, Gesch. der Niederlande Bd. 2 S. 247; Geschichtsquellen des Bistums Münster Bd. 3 S. 264.

**) Hierüber berichtet Zeiller, topogr. Germ, infer. p. 102: Daneben ist auch Anno 1614 — eine hohe Schul allhier introducirt, auch eine Communität vor 40 Studenten angerichtet worden, dass deren einer jährlich 45 Caroliner-Gulden oder Francken zu zehn Batzen gerechnet wie zu Franken geben, das andere die Stände reichen; und das Tags drei mahl der Tisch gedeckt werden sollte. Über die Universität zu Groningen und die dort für 60 Studenten eingerichtete mensa publica ist ferner zu vergleichen Mart. Schoockii Belgium foederatum, Amstelodami 1652 p. 396. Als Uffenbach (II. S. 235) Groningen besuchte, waren dort nur sieben Professoren.

***) Über den traurigen Zustand der Bibliothek berichtet ausführlich Uffenbach II S. 249 ff.

****) Joh. Marck, geb. 1656, war von 1682—89 Professor der Theologie in Groningen.

*****) Der 105 Meter hohe Turm der Martini oder Mertenskirche wurde nach einem Brand im Jahre 1627 erbaut.


2. Die Deer-Aa-Kercke*), 3. auf der Neustadt die Neue Kercke**), ein achteckiges Gebäude, darin sehr viel Personen Raum haben und alle bequem den Prediger hören können. 4. Die vorgemeldete Brüder oder Collegien-Kirche. Überdem sind noch etliche kleine, als Gast-Huisen- und andere Kirchen***); dann auch eine lutherische, welche nur ein schlechtes Haus ist. Die schönsten Häuser der Stadt hat man an den öffentlichen Plätzen zu sehen, als am großen Markt; bei der Aa-Kirche und absonderlich am Ochsen-Markt, welcher mit hohen Bäumen besetzt und sehr lustig ist. (Log. im Rathaus von Emden).

*) Der Turm der Aa- oder Aha-Kirche (nach dem Fluss Aa, an dem Groningen liegt) fiel um im Jahre 1710. Uffenbach II S. 259.

**) Über die Noorder- oder Nieuwe-Kerk vgl. Uffenbach II S. 841.