Baseler Friede.

Die Häuser Wittelsbach und Brabant stehen seit vielen Jahrhunderten in engsten Beziehungen miteinander, Beziehungen, wie sie Politik und Verwandtschaft, Heiraten und Interessen knüpften. Zu mancher Zeit veranlassten diese Bande und Berührungen Ereignisse von hoher Bedeutung und bildeten gewichtige Faktoren in der Geschichte Deutschlands, ja waren selbst über die Reichsgrenzen hinaus von Belang. In der Periode, die wir hier behandeln wollen, in der Zeit des Zusammenbruchs des alten heiligen Reichs, dieses Gebäudes, das monstro simile geworden war, in der Zeit der napoleonischen Fremdherrschaft, der Befreiungskriege und der Gründung des deutschen Bundes waren die Geschicke Bayerns, der Pfalz und der hessischen Lande nicht allein am Bewegtesten und Unruhigsten, sondern hatten auch sehr viel Gemeinsames, Leid und Freude, Fall und Erhöhung, Gefährdung und Sieg. Preußen schloss mit der königsmörderischen Republik Frankreich am B. April 179B den ruhmlosen Baseler Frieden und beging, wie Treitschke sagt, „eine Untreue gegen sich selber, die durch zwei Jahrzehnte der Entehrung und der Not, durch beispiellose Opfer und Kämpfe gebüßt ward“. Dem preußischen Staate folgte Hessen-Cassel am 28. August 1795 in Basel, indem Landgraf Wilhelm IX. allen Subsidientraktaten mit Großbritannien entsagte, volle Neutralität versprach und den Franzosen gestattete, nach wie vor sein links des Rheins liegendes Gebiet besetzt zu halten. Freiherr von Hardenberg vermittelte im Namen Preußens den Frieden, der alle Bestimmungen des preußisch-französischen Demarkationsvertrags vom 17. Mai d. J. auf Hessen - Cassel übertrug*). Von Cassel aus suchte man nun auch andere Höfe zu ähnlichem Abkommen mit den Franzosen zu veranlassen, und in diesem Sinne erging Seitens des hessischen Geheimrates folgendes Schreiben**) an die „wohlgeborenen Edlen und Vesten, Unsere besonders liebe Herren und gute Freunde, Herzoglich Pfalz-Zweibrückischen Geheime Räte“:
•) Kasten roth. 50/16. Bayrisches Geheimes Staatsarchiv. Gedrucktes Exemplar des Friedensinstruments.
**) Kasten blau. 197/17. Bayrisches Geheimes Staatsarchiv.

„Unsern freundlichen Dienst und Gruß zuvor! Wohlgeborene, Edle und Veste auch Hochgelehrte, besonders liebe Herren und gute Freunde! Der diesseitige Gesandte, Präsident von Waitz, zu Basel hat einberichtet, dass er dem deroseitigen dasigen Ministre, Abbé Commandeur de Salabert, von einem unter mehreren altweltfürstlichen Häusern zu etablierenden Concert Eröffnung getan und darauf die Versicherung erhalten habe, dass man Deroseits auf eine ministerielle Communication gern gemeinschaftliche Sache machen werde. So wünschenswert es nemlich ist, dass durch einen allgemeinen Reichsfrieden dem deutschen Vaterlande Ruhe und Sicherheit bald und glücklich wieder gegeben werden möchte: so sehr dürfte doch daran nach den Umständen, besonders bei der Eifersucht des kaiserlichen und preußischen Hofes wenigstens vor der Hand, zu zweifeln sein. Um nun nicht indessen ein Opfer eines siegreichen Feindes zu werden, ohne dadurch zum allgemeinen Besten etwas beitragen, noch sich dieses zu befürchtenden Schadens wieder erholen zu können: so haben des Herrn Landgrafen, Unseren gnädigsten Herrn Hochfürstliche Durchlaucht, Höchstwelche sonst Ihre ächte reichspatriotische Gesinnungen in diesem unglücklichen Kriege hinlänglich erprobt haben, billig geglaubt, dass die Gründe der Selbsterhaltung einzelne Stände zu einem privat arrangement berechtigten, und haben dazu, unter preussischer Mediation, einen Versuch machen lassen. Es ist aber sehr zu wünschen, dass mehrere altweltfürstliche Häuser einen gleichen Schritt tun möchten, teils um dadurch unter einander sich mit Rat und Unterstützung wechselseitig an Hand gehen, teils den kaiserlichen Hof zu mehrerer Beeiferung um einen allgemeinen Frieden desto eher disponieren zu können. Wir nehmen uns daher die Freiheit mit den Herren, gleichwie mit den Ministern zu Darmstadt, Carlsruhe und Stuttgart geschehen, vertraulich zu kommunizieren und uns dero gefällige Meinung hierüber unter Versicherung der vollkommensten Hochachtung zu erbitten, womit wir zu Erweisung allangenehmer Dienste stets bereit und geflissen verbleiben. Cassel, d. 7. Sept. 1795.


Fürstlich Hessische Geheime Räthe daselbst. M. von Münchhausen.“ *)

*) Moritz Friedrich von Münchhausen, geheimer Staatsminister und Ordenszeremonienmeister.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Bayern und Hessen 1799-1816.