Brief: Von Ebendemselben. Am Bord der Pallas, den 24. April 1776.

Seit dem 4ten, als dem Tag unserer Abfahrt von Portsmouth, segelen wir auf dem großen Ocean, bald mit gutem, bald mit schlechtem Winde, und dreymahl haben wir schon so starke Winde gehabt, daß sie einem Sturme nahe kamen. Alle sind krank gewesen, ich aber habe gottlob altes gut und mit der besten Gesundheit ausgehalten. –

Wir haben anjetzt 507 volle deutsche Meilen von Stade aus zurückgelegt, und haben nun noch an 300 Meilen bis Quebeck zu maclien. In 5 bis 6 Tagen werden wir, hoffe ich, die Küste von New-Foundland sehn, und kurz darauf in den Fluß St. Laurent einlaufen, wo dann die Fahrt angenehmer seyn wird, und die häufigen Seekrankheiten aufhören werden. –


Liebste, beste Frau, ohnerachtet meiner Liebe für Dich, und meines brennenden Verlangens Dich so bald als möglich wiederzusehen, würde ich, wenn ich Dir nicht mein Wort gegeben Dich nachkommen zu lassen, und wenn ich alle Schwierigkeiten einer so langen Seefahrt gekannt hätte, mich sehr gehütet haben, Dir eine so weite Reise anzurathen, besonders mit Deinen Kindern. Ich muß bekennen, ich zittere wenn ich an dieses große Unternehmen denke; aber mein Wort ist gegeben, also bequem ich mich, und hoffe daß Gott seinen Segen dazu geben wird. –

Aber um Gotteswillen reise nicht allein, und warte, daß Madame Foy oder eine andere Dame von Stande mit Dir reiset, und in demselbigen Schiff. Es muß aber eine Dame seyn, die schon die Reise nach America gemacht hat, damit sie wisse, wie man sich dabey benehmen muß, und Dir rathen und helfen könne, im Fall Du oder die Kinder krank wäret; denn Du mußt Dir vorstellen, liebste Frau, daß Du und Deine Kinder und alle Deine Domestiken leicht Unterweges krank seyn könntet, und wenn auch nicht immer, Doch bey dem ersten starken Winde; denn auf meinem ganzen Schiffe sind nicht 5 Menschen, die sich immer wohl befunden haben, und jedermann bekennt, dals es ein ordentliches Wunder ist, daß ich eine Ausnahme davon gemacht. – In diesem Fall nun, bist Du mit Deinen Kindern im Bette ohne die mindeste Hülfe, und hast nichts zu essen noch zu trinken, und nicht einmahl eine Seele die Dir bey den nothwendigsten Bedürfnissen Hülfe leistet. Alle die zur Equipage des Schiffes gehören, sind meistens Schweine, Gauner und Erzgrobiane; und kochen nichts als gesalzenes Fleisch, halbgar, daß es gar nicht zu essen ist. Noch eins, das Wasser wird zuletzt so schlecht und stinkend, daß man es nicht trinken kann, und Du mußt suchen einen Distillirstein zu bekommen, wodurch Du das Wasser filtriren könnest, und die Kinder gewöhnen Bier zu trinken, oder des Morgens das Wasser abkochen lassen, weiches Dir den Tag über trinken wollet.

Mein armer Koch ist fast immer krank, welches mir viel Unbequemlichkeit verursacht; und es giebt manchen Tag, wo wir nicht wissen, was und wie wir essen sollen. Dabey ist das frische Fleisch nun aufgezehrt, und es geht anjetzt an das gesalzene und an die Hühner. Wir werden nun bald anfangen unsere Hämmel zu schlachten. Das Schlimmste ist noch, daß die Krankheit des Kochs schuld ist, daß man nicht so sorgfältig die Lebensmittel aufheben kann, und sie daher eines Theils verderben, und andern Theils gestohlen werden.

Genug, ich müßte lügen, wenn ich sagen sollte, daß dieses hier ein angenehmes Leben wäre. Das beste ist, daß ich mich gottlob wohl befinde, und hierdurch also im Stande bin, alle diese Unbequemlichkeiten mit Geduld zu ertragen.