Hühnerjagd.

Zum Schluss des Tages, d. h. um drei Uhr nachmittags, gingen Graf Hahn, Mr. Tattersall jun. und meine Wenigkeit noch auf die Hühnerjagd. Die Rebhühner lagen nicht zu fest; aber die Wachteln hielten aus, zumal im Saatklee, bis die Hunde ihnen fast auf den Schwanz traten. Ich hatte nie zuvor auf eine Wachtel geschossen; in Ermanglung besseren Wildes ist es ein netter Sport, wo es ihrer viele gibt, zumal sie so gut halten. Äußerlich sind sie den Rebhühnern sehr ähnlich: Die Kopffedern sind schwarz mit rotbrauner Einfassung, die Brust ist rötlichgelb mit schwarzen Flecken, das Gefieder auf dem Rücken hellgelb umrändert. Jeder von uns hatte einen Jäger mit einem Reservegewehr bei sich; derselbe schritt hinter mir, beide Läufe gespannt. Rechts von mir ging der Graf, links der junge Tattersall, noch ein junger Schütze, – beide hatten ihre Flinten schussbereit, desgleichen deren Jäger; es war ohnehin ein heißer Tag, aber zwischen all' diesen gespannten Hähnen einher zuwandern, erhöhte die Wirkung der Temperatur bei mir noch wesentlich. Die „heißeste” Arbeit des Tages stand uns indessen noch bevor. Um sieben Uhr ging es zu Tisch, und als wir den Speisesaal betraten, stand das Aroma der Ananasbowle „brusthoch”, wie wir im Jagdfelde vom Szent zu sagen pflegen. Wenn man den Geschichtschreibern glauben darf, so waren die Weidmänner des Altertums mäßig, nur bei besonderen Gelegenheiten brachten sie ihren Göttern ein Trinkopfer. Ein solches legten wir heute auf dem Altare Dianens nieder; guter Wein ist jedoch wie gute Gesellschaft: Er hinterlässt keinen unangenehmen Eindruck. Basedow 1) im Einzelnen zu beschreiben, übersteigt die Gewandtheit meiner Feder; ich muss es der Phantasie des Lesers über lassen, sich den Herrensitz eines deutschen Edel mannes auszumalen, der 18 000 Pfund (360 000 Mark) jährlich zu verzehren hat. Das Schloss, dessen Mauern noch die Spuren des Dreißigjährigen Krieges zeigen, ist sehr geschmackvoll eingerichtet; es bildet jedoch nur den kleinsten Teil des gewaltigen Gebäudekomplexes. Das Gestüt des Grafen Hahn, das wir bei unserer Rückkehr von der Jagd besichtigten, zählte die folgenden englischen Vollblutpferde:

Beschäler:


Godolphin v. Partisan - Stamford;

Plumper v. Prime Minister a. e. Delphini - Stute;

Rapid v. Leopold - Lady Heron, gezogen von Major

Ormsby Gore, Porkington, Shopshire.

Mutterstuten:

Breeze v. Soothsayer-Blowing, v. Buzzard;

Gift v. Filho da Puta a. e. Stute v. Rubens-Altisidora;

Gruel v. Ouiz - Witchery, v. Sorcerer;

Missy v. Catton - Agatha, v. Orville;

Young Minima v. Gustavus (v. Beningbrough)-Minima, v. Remembrancer;

Rubens-Stute (Mutter von Frogmore) - Sister to Parisot, v. Sir Peter;

Stamfor-Stute - Remnant, v. Trumpator;

Thyrzina v. Aladdin - Thyrza, v. Haphazard;

Whalebone-Stute a. d. Rosalina, v. Giles.

Im Training befanden sich die Vollblüter:

Alarm, br. St. v. Clavileno - Coriander;Belvidera, vierjähr. br. St. v. Blacklock - Miss O'Neil, v. Camillus; gezogen in England von Major Ormsby Gore; Oracle, Grauschimmel W. v. Adrast; Züchter Graf Plessen.

Außer den vorgenannten Vollblutstuten bestand die Mutterstutenherde aus 17 Halbblutstuten, zum Teil hervorragender Klasse, von denen verschiedene Produkte für die Meetings in Güstrow, Doberan und Neubrandenburg genannt waren. Außer einer großen Zahl von Halbblutfohlen verschiedenen Geschlechts und Alters sahen wir die Nachzucht der neun Vollblutfohlen und ein vielversprechendes Stutfohlen v. Tramp a. d. Mutter von Mr. Houldsworths Escape.

Leider herrschte in dem Gestüt des Grafen Hahn die gleiche fälschlich angewandte Sparsamkeit, wie ich sie in der Zucht des Grafen Bassewitz gefunden hatte. Es gingen auch hier zu viele Fohlen zusammen, und die Mutterstuten wurden ebenfalls nicht gehalten, wie es sich gehört. Mr. Tattersall hielt den Herren einen kleinen Vortrag hierüber und betonte nachdrücklich, dass es nicht nur notwendig sei, Stuten und Fohlen gut zu halten, sondern dass es vielmehr für eine Zucht absolut aussichtslos sei, ohnedem einen Sieger an den Start zu bringen. Mr. Tattersall fühlte sich zu dieser Belehrung nicht allein durch seine Freundschaft für die Besitzer berechtigt, sondern auch durch sein Interesse an der Nachzucht der von ihm für seine Freunde angekauften Stuten. Ganz erschrocken war er bei dem Anblick von Breeze, einer mächtigen Stute von über 17 hands.

„Diese Stute”, rief Mr. Tattersall, „macht mich ganz unglücklich; als sie aus England kam, war sie ein Modell von Kondition, und heute ist sie nur Haut und Knochen!”

Es mag befremden, dass ein Züchter, von dem Vermögen des Grafen Hahn und mit seiner Liebe zum Rennsport, seine Stuten und Füllen nicht besser hält, ihnen nicht wenigstens das nötige Körnerfutter zukommen lässt. Es erscheint dies um so unverständlicher, als der Graf einen Trainer aus Yorkshire hält, der es wissen müsste, wie viel in dem Können der Rennpferde vom Futter abhängt. Allein, wie alle seine Standesgenossen, hält Graf Hahn sich einen „Stallmeister”, und diesem, nicht dem John aus Yorkshire, war das Gestüt bisher anvertraut. Nun ist dieser Stallmeister gewiss ein guter Reiter und ein guter Sportsmann, er besitzt aber in der Zucht edlen Blutes auch nicht die geringste Erfahrung; so ist ihm die Notwendigkeit, die Stuten gut zu halten und deren Nachzucht durch Hafer zu treiben, wohl nie zum Bewusstsein gekommen. Mr. Tattersalls Vorhaltungen haben jedoch bewirkt, dass die Sorge für die Vollblutzucht fortan dem Engländer anvertraut ist. Der Graf baut außerdem für den Trainer und die Stallburschen ein Wohnhaus und einen Stall für die Rennpferde dicht bei der Trainierbahn. Bei unserem nächsten Besuch dürfte es also im Basedower Gestüt anders aussehen. – Dass Baron Biel nicht Webb und sein Gestüt durch einen deutschen Stallmeister beaufsichtigen lässt, brauche ich wohl nicht zu sagen. – Außer dem Trainer hat Graf Hahn zwei englische Stallburschen in Diensten, von denen der eine, der im Jagdstall beschäftigt ist, sich nach zwei Jahren in Basedow so akklimatisiert hat, dass er seine Muttersprache nur noch mit stark deutschem Akzent spricht. Nach der Besichtigung des Gestütes warf ich noch einen Blick in den Ackerstall, wo 40 sehr gutgemachte Arbeitspferde standen, aus denen man mehr als einen Zug nicht allzu schneller Kutschpferde sehr wohl hätte zusammenstellen können. An dem einen Ende des Stalles hingen Peitschen, Sporen, Stiefel, Decken und Geschirre, alles grundverschieden von den englischen Modellen und sicherlich viel praktischer. Baron Biel, der uns in Doberan verlassen hatte, stieß heute wieder zu uns, und wir beschlossen den Tag sehr angenehm mit einem billigen Robber-Whist und einer Zigarre. Die Schlafzimmer für verheiratete Gäste sind in Basedonw sehr luxuriös ausgestattet; wir bewohnten jedoch die sogenannten „Junggesellenräume”, große und luftige Zimmer, die ineinander übergingen, was sehr angenehm war, da wir drei gemeinsam nur einen Diener hatten. Die deutschen Betten habe ich schon früher beschrieben, – weder Vorhänge, noch Decken, wie wir in England es gewöhnt sind; eine seidene Steppdecke, mit den Daunen der Eiderente gefüllt, gewährte wenigstens einigen Ersatz. Die Stube, in der ich untergebracht war, war elegant eingerichtet; auch der Ofen – Kamine sind in Deutschland eine Seltenheit – war ein Dekorationsstück.

26. August. – Gleich nach dem ersten Frühstück stiegen wir alle zu Pferde und ritten nach Ivenack 2), dem stolzen Sitz des Grafen Plessen, von Basedow etwa 18 englische Meilen entfernt. Der verstorbene Graf hatte erst sechs Wochen vor meiner Ankunft in Deutschland das Zeitliche gesegnet, was den Doberaner Rennen großen Abbruch tat, denn die acht im Training befindlichen Pferde der Ivenacker Söhne blieben dem Start natürlich fern. Der dritte und jüngste Sohn des Grafen Plessen wird als einer der besten Herrenreiter in Deutschland gerühmt; jedenfalls hätte ich an ihm in dem Rennen um den Silberpokal einen gefährlichen Gegner gehabt. Der selige Graf, noch ein Repräsentant jener Klasse hochherziger Landedelleute des alten Schlages, die heute in unserer egoistischen Zeit nahezu ausgestorben sind, hielt über fünfzig Jahre lang eine Fuchsmeute, und war einer der größten Pferdezüchter Deutschlands. Der Familienname der drei Brüder, von denen der jüngste bis vor wenigen Jahren preußischer Gesandter in England war, ist Maltzahn. Der älteste, der derzeitige Graf Plessen, war nicht zu Hause, wir wurden jedoch von den beiden Baronen Maltzahn auf das liebenswürdigste empfangen und durch das Gestüt geführt. War schon die Auffahrt zu diesem wahrhaft herrschaftlichen Edelsitz durch einen von zahlreichem Damwild bevölkerten Tierpark in einer herrlichen Eichenallee, an dem Ufer eines vier Meilen im Umfang messenden Sees entlang, imposant, so harrte unserer erst ein vollends überwältigender Anblick beim Betreten des Gestütes. Denn in den beiden ersten Ställen, die wir besichtigten, standen hundert Pferde in voller Kondition, d. h. eingedeckt und glänzend im Haar. Die Rennpferde und Reitpferde, die in anderen Ställen untergebracht werden, waren in der genannten Zahl nicht einbegriffen. Das Zuchtgestüt bestand beim Tode des Grafen aus 20 Deckhengsten und 130 Mutterstuten, im ganzen einschließlich der Fohlen und Nachzucht verschiedener Jahrgänge aus über 500 Tieren. Der jetzige Graf hat sieben Hengste und 54 Stuten sowie den gesamten jüngsten Fohlen-Jahrgang für sich ausgewählt; der übrige Bestand ist an die beiden jüngeren Brüder übergegangen.

Ich habe in Deutschland sehr viele Hengste und Stuten gesehen, die man mir als „Vollblut” bezeichnete, die wir jedoch nicht als solches anerkennen würden, weil sie nicht in unserem Stutbuch eingetragen sind; so fand ich z. B. im Ivenacker Gestüt mehrere Pferde, die anscheinend Vollblut waren, deren Pedigrees jedoch meist einer näheren Prüfung nicht standgehalten hätten. Herodot erhält ein sehr gutes Material, und wenn er in England stünde, so würde ich ihm selbst eine Stute geben, um einen Hunter zu ziehen. Seine Nachzucht hat sehr viel Kaliber; ich sah ein Produkt von ihm im Training, Darlington v. Herodot – Young Darling, v. Waxy – Darling, v. Patriot. Der Vierjährige gehörte zu den acht Pferden, die für Doberan genannt waren, aber nach dem Ableben des Grafen nicht liefen; Graf Hahn kaufte das kleine, aber gut gemachte Pferd für 500 Louisdor, um es in Neubrandenburg und Güstrow herauszubringen. Graf Plessen darf es mir nicht übel nehmen, wenn ich ihm sage, dass manche seiner Pferde zweifelhafter Abstammung sind, und dass er mit solchen Tieren, wie die Produkte von Godolphin, Shuffler, Stamford, Whalebone, Soothsayer usw. niemals gegen das beste englische Blut konkurrieren kann, das Baron Biel, Graf Hahn, Bassewitz und andere Herren, deren Ehrgeiz auf dem Turf liegt, an den Start bringen werden. Das deutsche Stutbuch enthält die Abstammung von 27 Hengsten und 64 Mutterstuten, von den letzteren erachte ich etwas mehr als die Hälfte, von den Hengsten achtzehn als Vollblut; alle übrigen sind zweifelhafter Herkunft.

Ich möchte meinen Lesern ein Bild von Adrast geben, den ich für das beste Vollblutpferd halte, das mir in Deutschland begegnet ist. Er trug den verstorbenen Grafen Plessen, der ein beträchtliches Gewicht in den Sattel brachte, fünfzehn oder sechzehn Jahre lang, war sehr schnell und ein vorzüglicher Springer. Zweifellos hatte dies Pferd von Mutterseite (die Stute stammte von dem englischen Hengst Jupiter) viel orientalisches Blut. Ich ritt Adrast in der Reitbahn, wo er kourbettierte, aber bei genügender Arbeit mag er ganz angenehm gehen. Verschiedene Pferde des Grafen Plessen hatten eine Aktion, wie weder Mr. Tattersall noch ich sie je zuvor gesehen hatten. Solche Tritte mögen sich für eine Vorführung in der Reitbahn eignen, aber nimmer für eine schwere Tagesleistung; denn jede Muskelanstrengung, die unnatürlich ist, muss auf die Dauer das Pferd erschöpfen.

Schon Tacitus rühmt den enormen Reichtum der alten Germanen an Vieh; einen Besitz, wie er in Ivenack vereinigt war, hatte ich jedoch bisher nicht für möglich gehalten; auf meine Frage erfuhr ich, dass auf der gräflichen Begüterung 15000 Schafe ständen. Infolgedessen und wegen des großen Gestüts sagte mir Baron Maltzahn, halten wir nur 1300 Kühe!!

Sonntag, den 27. August. – Es regnete in Strömen; ich schlug deshalb dem jungen Tattersall vor, mit mir in die Kirche zu gehen; er willigte ein, und wir gelangten bis zum Stalle. Dort trafen wir den Stallmeister, der uns sagen sollte, wie wir uns zu benehmen hätten. Leider konnten wir uns nicht verständlich machen, da Tattersall jun., der vor dieser Reise Deutsch gelernt hatte, das Wort „Kirche” wohl für überflüssig gehalten und nicht in seinen Wortschatz aufgenommen hatte. Der Stallmeister glaubte, wir wollten in die Kennels, und als ich mich zur Verdeutlichung unserer Absicht in die Spreu kniete, dachte er, es handele sich um ein Pferd mit aufgeschlagenen Knien im Stalle und schüttelte in entrüsteter Abwehr den Kopf. Schließlich muss Richard Tattersall wohl etwas gemurmelt haben, was dem Wort „Kirche” ähnlich klang, denn nach fünf Minuten waren wir am Ziel. Außer uns bestand die Gemeinde aus dem Pfarrer, dem Küster, drei Frauen und zwei Männern im Schiffe der Kirche und dem Organisten nebst drei oder vier Chorknaben auf der Empore. Ob das schlechte Wetter daran die Schuld trug, dass die Andächtigen hier so dünn gesät waren, oder ob es in Deutschland nicht Mode ist, in die Kirche zu „strömen”, kann ich nicht sagen. Als wir die Kirche betraten, hatte der Pastor bereits eine halbe Stunde gepredigt, eine Viertelstunde später hatte er geendet und nach weiteren zwanzig Minuten war alles vorüber. Natürlich war für mich alles hebräisch; aber mir war nur darum zu tun, das Innere einer deutschen Kirche und die Art des Gottesdienstes kennen zu lernen sowie die Grabdenkmäler der Hahn'schen Vorfahren und die von dem Vater des Grafen der Gemeinde geschenkte Orgel zu bewundern.

Nachdem es sich am Nachmittage aufgeklärt hatte, besahen wir die kleinen, aus zwei Zimmern bestehenden Wohnungen, die der Graf für seine unverheirateten Gäste bauen ließ, für deren Aufnahme während der Jagdzeit das Schloss nicht ausreichte. Zum gleichen Zweck wurde ein Stall für 16 Jagdpferde und daneben ein ebensolcher für Reit- und Wagenpferde gebaut, denn hierzulande kann man Pferde und Dienerschaft nicht wie bei uns in Gasthäusern unterbringen. Mit all diesen Gebäuden, den Wohnungen der Dienerschaft, der Gutsleute und Beamten, den Wirtschaftsräumen und Stallungen, mit seiner schönen alten Kirche und der stattlichen Pfarre macht Basedow ganz den Eindruck eines großen Dorfes.

Später wurden vier Pferde vor den Stuhlwagen gespannt, und wir fuhren nach Faulenrost 3), ei nem anderen Gute des Grafen Hahn, das von Basedow etwa sechs englische Meilen entfernt liegt, mit herrlichen Gärten und Treibhäusern, in denen Wein, Ananas usw. und die seltensten Blumen unter Glas gedeihen. Hier standen die Mutterstuten und bis zu einem gewissen Alter auch die Fohlen. Mir wäre für eine so edle Zucht ein trockenerer Boden lieber, und ich würde an Stelle des Grafen Hahn auf den fetten Wiesen von Faulenrost lieber Vieh weiden lassen. Weder Stuten noch Fohlen sahen aus, wie man es hätte wünschen mögen. Sehr befriedigt war ich von dem Arbeitsstall in Faulenrost, in dem vierzig Pferde, alle eingedeckt, standen. Diese Decken aus grobem, sehr wohlfeilem Leinen erfüllen ihren Zweck gegen die Fliegen, die in Deutschland viel bösartiger stechen als bei uns, weit besser als unsere Netze, und man sieht in Deutschland, ebenso wie in Holland, die Pferde vielfach damit in der Landwirtschaft arbeiten. Unter den Ackerpferden befanden sich einige vorzügliche Halbblutstuten, die der Graf uns vormustern ließ; verschiedene von ihnen waren nach englischem Blut gekreuzt. Besonders eine Stute fiel uns auf, die in Harwich aus dem Postwagen gekauft war; solche Stuten dürften nicht aus England heraus, solange dort Gewichtsträger so selten und so teuer sind, die Fohlen dieser Halbblutstuten waren abgesetzt und sahen vorzüglich aus. Die mecklenburgischen Stuten sind ein sehr rentables Zuchtmaterial, da sie mit sehr geringer Unterbrechung arbeiten können.

Die deutschen Arbeitspferde sind ganz nach meinem Geschmack; sie sind kräftig genug für den Boden, in dem sie arbeiten, außerordentlich fromm, ausdauernd und infolge der Stallfütterung jederzeit in leidlicher Kondition. Für 20 Pfund Sterling (400 Mark) kauft man dort das beste Arbeitspferd des Landes und im besten Alter. Die Zucht eines Ackerpferdes wird in Deutschland mit gutem Erfolge betrieben, weil dort das System der Ackerbestellung von dem unseren verschieden ist. Wenn der englische Landwirt von einer Arbeitsstute zieht, so muss er in der Hauptbestellungszeit mindestens sechs Wochen lang auf ihre Arbeitskraft verzichten, denn es wäre undenkbar, dass das Saugfohlen der Stute acht Stunden lang bei der Arbeit folgt, und ebenso wäre es unmöglich, dass es während dieser ganzen Zeit ohne Nahrung im Stall steht. In Deutschland kommen die Pferde über Mittag in den Stall, und ich habe sie oft des Abends im Kühlen pflügen gesehen, was für die säugenden Stuten zweifellos günstiger ist. Auf diese Weise braucht eine Arbeitsstute dort nur etwa vierzehn Tage völlige Ruhe in der Abfohlzeit. In der Nachbarschaft derjenigen Herren, die englische Hengste eingeführt haben, wird man schon in wenigen Jahren eine vortreffliche Zucht aus der Kreuzung dieser Hengste mit dem einheimischen Blute finden; das Verdienst hieran haben in erster Reihe Baron Biel und sein Bruder, die als die Ersten dem Rennsport die Wege ebneten, sodann alle diejenigen Edelleute und Großgrundbesitzer, die in der Folge denselben unterstützt und ermutigt haben. Neben der Pferdezucht ernähren die Hahn'schen Güter 350 Kühe. Daneben verschwinden unsere englischen Landwirte mit ihren Betrieben.

Zum Diner traf Graf Bassewitz heute wieder in Basedow ein. Ich hatte gehört, dass die Witterung seinen ganzen Weizen verdorben habe.

„Tut nichts,” meinte er gelassen auf meine Frage; „er war schon vorher nichts wert.”

Wie ich erfuhr, erstreckte sich der Schaden auf vierhundert Morgen, dies vermochte jedoch die Laune unseres trefflichen Freundes nicht zu trüben.

Ich habe schon früher die Sparsamkeit des deutschen Mittagstisches erwähnt. Man setzt sich an einen elegant gedeckten Tisch, auf dem verschiedene Sorten Weine stehen, aber man ahnt nicht, was man zu essen bekommt. Durch aufgelegte Menüs könnte diesem Fehler leicht abgeholfen werden, während man so entweder zu viel isst oder hungrig vom Tisch aufsteht. Jedes Gericht, nachdem es auf einem Anrichtetisch von einem der höheren Bediensteten zerlegt worden ist, wird von einem zum andern gereicht, wobei jedermann, der davon will, sich selbst bedient. Auch die Zubereitung der Gemüse ist von der unseren ganz verschieden; diese werden nicht einfach gekocht, sondern manche süß und andere sauer angerichtet: Zum Fleisch gibt es die verschiedensten süßen Früchte. Heute beschloss ich bei Tische, oder richtiger gesagt, nachdem ich fast für zweimal Mittag gegessen hatte, mich auf die Probe zu stellen, ob ich der rechte Sohn meines Vaters sei: Dieser aß mit 75 Jahren Lachs und Gurke, süße und saure Sachen durcheinander und setzte noch ein Glas Dünnbier darauf. – Mir wurde gerade ein Rehbraten gereicht, dazu eine Gurke, dann nahm ich mit Zucker gedämpfte Schoten. Im nächsten Augenblick wurden mir gedämpfte Birnen und eingemachte Pflaumen präsentiert.

Auf sie”, dachte ich, „heute will ich ein Deutscher sein!”

Schon erregte mein Teller allgemeine Aufmerksamkeit, aber ich leerte ihn, ohne die geringsten Folgen der heterogenen Speisenfolge zu spüren –, also bin ich tatsächlich der Sohn meines Vaters. Trotz des Sonntages beschlossen wir den Tag mit einem Robber-Whist. Wäre übrigens nicht am Morgen unser Kirchgang gewesen, so hätte mich überhaupt nichts an den Feiertag erinnert, denn auf unserer Fahrt nach Faulenrost sahen wir die Leute wie gewöhnlich auf dem Felde arbeiten.



1) Bei Malchin, seit 1337 im Han'schen Besitz
2) 5 km von Stavenhagen, 1252 als Zisterzienser-Nonnen-Kloster gestiftet; seit 1556 „herzogliches Amt”; 1709 durch Tausch in den Besitz der Familie von Koppelow; durch Heirat an Helmold von Plessen (1740 in den Reichsgrafenstand erhoben), nach dessen Tode an seinen Schwestersohn Frhrn. Helmuth von Maltzahn a. d. H. Kummerow. Der Titel Graf von Plessen hängt am Besitz.
3) 1494 aus dem Besitz der Familie „Rostock” an Ritter Klaus Hahn zu Basedow.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Aus alten Zeiten - Nimrods Tagebuch