Die drei größten Feste des Islams III

DER Kalif Mutawakkil ließ für einen seiner noch minderjährigen Söhne, den er zum Thronfolger bestimmt hatte und der später als Kalif den Namen Mutass führte, einen prachtvollen Palast bauen, und hier wurde, als der Prinz sieben Jahre alt geworden, aus Anlass seiner Beschneidung ein großes Fest gefeiert.

Einer der Wesire wurde mit der Vorbereitung und Leitung des Festes beauftragt. Als dieser nun zunächst für die 100 Ellen lange und 20 Ellen breite Festhalle einen geeigneten Teppich suchte, war ein solcher unter allen Schätzen der Abbasiden nicht aufzutreiben, nach längerem Suchen fand sich aber einer von entsprechenden Maßen in der Kriegsbeute, welche im Vernichtungskampfe gegen ihre Vorgänger im Kalifat, die Omajjaden in Damaskus, erbeutet war, ein wunderbarer Teppich aus schwerer Seide, goldgestickt, mit Rand und Futter versehen, der einstmals dem Kalifen Hischam Ibn Abdelmelik gehört hatte. Mutawakkil staunte über das Kunstwerk, und als er Teppichhändler kommen ließ und nach seinem Wert befragte, schätzten sie es im Mittel auf 10.000 Denare. Der Teppich wurde in der Halle ausgebreitet und auf der Stirn Seite desselben ein Thronsessel aufgestellt. Vor dem Thron wurden in langen Reihen goldene, mit Edelsteinen verzierte Tablette, die mit Ornamenten aus Ambra, Kampfer und anderen kostbaren Substanzen geschmückt waren, aufgestellt.


Eingeladen zu diesem Hoffeste waren die Prinzen des kaiserlichen Hauses, die Hof- und Staatsbeamten, die berühmtesten Gelehrten und Dichter, ferner die hervorragendsten Künstler, Virtuosen, Sänger und Sängerinnen mit ihrer Begleitung.

Das Fest begann am Mittage. Der Kalif und seine Suite nahmen ihre Plätze ein. Dann wurden die geladenen Gäste in den Saal geführt, defilierten vor dem Throne und bekamen von den Hofbeamten ihrem Range gemäß die Plätze angewiesen. Zwischen den Gedecken von je zwei Personen war ein Zwischenraum, in dem die Hofbeamten passierten und Körbe, die zur Hälfte mit Denaren, zur Hälfte mit Dirhems angefüllt waren, aufstellten. Neben den Gästen standen Lakaien, welche sie bedienten, sie aufforderten zu essen und zu trinken und von dem Gelde drei Handvoll, soviel beide Hände fassten, zu nehmen. Im Laufe des Tages nahm nun mancher von dem Gelde, barg es in seinem Brustlatz, ging hinaus, übergab es seinen draußen wartenden Dienern, und kehrte dann auf seinen Platz im Festsaal zurück. Wenn auf diese Weise in den Geldkörben hier und da eine Ebbe entstanden war, erschienen Kammerherren und füllten die nötigen Denare und Dirhems nach. Außerdem verlieh der Kalif allen Anwesenden kostbare Festkleider, und für ihre und ihrer Diener Heimkehr waren Pferde als Geschenke bereitgestellt. In den Höfen des Palastes auf allen Seiten der Festhalle bewegten sich junge Mädchen, bekleidet mit den kostbarsten Gewändern, welche in schönen Körben alle Arten von Früchten, Orangen, syrische Äpfel, ferner Bukette von Narzissen und Veilchen, obwohl alle diese Dinge gerade in jener Jahreszeit sehr rar, sehr schwer zu beschaffen waren, zur Verfügung der Festgäste hielten. Und auch das unterste Hofpersonal, Lakaien, Köche und andere sollten nicht leer ausgehen. Auf Befehl des Kalifen hatte der Festleiter an einer Stelle den Betrag von 20 Millionen Dirhems ausgebreitet. Er führte die Leute heran. Zunächst wagte keiner etwas davon zu nehmen, als dann aber der Festleiter die Hand ausstreckte und einen Dirhem nahm, da stürzten sie alle darüber her und das ganze Gold wurde zur Beute.

Zur weiteren Verherrlichung des Festes schenkte der Prinz 1.000 Sklaven die Freiheit und jedem einzelnen 100 Dirhem und drei Gewänder. Die Frau des Kalifen und Mutter des Prinzen hatte Dirhems prägen lassen mit der Aufschrift Segen von Allah zur Beschneidung des Abdallah Allmutass billah. Eine Million davon wurde geprägt und über das niedere Hofpersonal, Weiße wie Schwarze, verteilt.

Der Kalif gewährte einem berühmten Gelehrten, genannt Jachja Ibn Chakan, eine besondere Auszeichnung. Jachja war dafür bekannt, dass er niemals Wein trank. Er und sein Sohn Ubaidallah, der damals Wesir war, standen unter den Beamten, als der Kalif auf sie zutrat und zu Ubaidallah sprach:

,,Nimm einen von diesen Bechern, fülle ihn mit Wein, leg eine Serviette auf deine Schulter und kredenze ihn deinem Vater.“ Also geschah es. Der Vater sah seinen Sohn verwundert an, da aber sprach der Kalif:

,,O Jachja, lehne den Becher nicht ab.“

Darauf leerte Jahja den Becher und sprach zum Kalifen:

,,Groß, o Fürst der Gläubigen, ist deine Gnade gegen mich und mein Geschlecht. Gott möge deiner Majestät viel Segen schenken und uns für alle Zeit deine Gnade erhalten.“

Darauf erwiderte der Kalif:

„O Jachja, mein Wunsch war nur der, dass man sollte erzählen können, dass dich am Fest der Beschneidung eines Kronprinzen ein Wesir in Gegenwart eines Kalifen bedient habe.“

Nach dem Feste ließ der Kalif einen seiner Finanzbeamten kommen und befahl ihm die Rechnung über die Kosten der Beschneidungsfeier aufzustellen und ihm einzureichen. Die Rechnung belief sich auf 86 Millionen Dirhems.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Arabische Erzählungen aus der Zeit der Kalifen