Abschnitt 2

III. Köln


Basaltberge, insbesondere der Basaltbruch bei Unkel. Vulkanistische Hypothesen


Bei Jacci in Sizilien hat man Basaltsäulen unter einem Lavalager gefunden. Daraus folgt aber nicht, dass beide von gleichem Ursprunge sind. Der Basalt konnte, als ein ursprüngliches Gebirgslager, längst vorhanden sein, ehe die Lava darüber hinfloß. Hoch hinauf am Ätna liegt ebenfalls Basalt. Nach der vulkanistischen Hypothese wäre dies im Wasser zu Prismen abgekühlte Lava; folglich ging bei seiner Entstehung das mittelländische Meer fast bis an den Gipfel des Ätna. Wohlan! eine solche Wasserhöhe zugegeben, erkläre man nun auch, warum tief am Fuße des Vesuv uralte Laven, unweit von dem jetzigen Stande der Meeresfläche, noch ungebildet geblieben sind, da es nicht einen Augenblick bezweifelt werden kann, dass, jenen hohen Stand der mittelländischen See vorausgesetzt, auch diese Laven von ihr hätten bedeckt werden und folglich säulenförmig zerspringen müssen. Viele wirklich geflossene Laven haben in ihren Bestandteilen, in ihrer Farbe, und selbst in ihrem Gewebe eine auffallende, unleugbare Ähnlichkeit mit Basalt. Unbegreiflich ist es mir daher, weshalb man nicht eben so leicht hat annehmen wollen, solche Laven wären aus Basalt entstanden, welcher von dem vulkanischen Feuer ergriffen, verändert oder geschmolzen worden sei; als man sich die entgegengesetzte Meinung, Lava verändere sich durch plötzliches Erkalten in Basalt, annehmlich gedacht, ob man gleich noch in keinem Basalt die Steinart nachgewiesen hat, aus welcher die ihm ähnliche Lava geschmolzen worden ist. Mit dem nämlichen Recht könnte man auch behaupten: alle andere Steinarten, die einer italienischen Lava ähnlich sehen, und deren es so viele gibt, wären im Feuer der Vulkane entstanden. Allein mir kommt es einmal natürlicher vor, dass, je nachdem der Brand in einem Berge einen Granit, einen Gneus, einen Porphyr, einen Tonschiefer, einen Basalt, einen Marmor ergrif, und je nachdem er diese ursprünglichen Steinarten mehr oder weniger veränderte, heftiger oder gelinder, einzeln oder mit andern zugleich durchdrang, – dass, dem gemäß, die Produkte gerade so mannigfaltig verschieden ausfallen mußten, wie man sie wirklich unter die Hände bekommt. Eine der schönsten und vollständigsten Sammlungen von vesuvischen Produkten, welche ich je gesehen habe, die im kurfürstlichen Naturalienkabinet von Bonn, enthält meines Bedünkens unverwerfliche Belege für diese Behauptung, die noch überdies durch den Umstand Bestätigung bekommt, dass die Laven aus verschiedenen echtvulkanischen Gegenden, wie zum Beispiel die isländischen und die santorinischen, von den italienischen sichtbarlich verschieden sind – augenscheinlich, weil die Mischung der Gebirgsart, aus welcher sie entstanden, verschieden war.

Nimmt man endlich noch hinzu, dass die Verwitterung sowohl an Laven, als an ursprünglichen Gebirgsarten völlig ähnliche Wirkungen hervorbringt; so wird es immer unwahrscheinlicher, dass sich etwas Positives über die Frage behaupten lasse: ob die Entstehung unserer Rheinländer dem Feuer zuzuschreiben sei. Porphyr, Porphyrschiefer, Mandelstein nebst den hieher gehörigen Gebirgsarten werden durch die leicht zu bewirkende Auflösung ihrer Feld- und Kalkspathkörner zu leichten löcherichten Massen, welche den schwammigen verwitterten Auswürfen der Vulkane aus Island und aus Italien ähnlich sehen. Aber eine ächte, glasige, geflossene schlackige Lava, die vor allen diesen Namen verdient, eine Lava, wie man sie in Island, am Vesuv, am Ätna findet, wie ich sie auf der Osterinsel, in Tanna, und zuletzt auf der Ascensionsinsel selbst gesehen habe, ist mir weder in den rheinländischen, noch in den hessischen, hannoverischen, thüringischen, fuldischen, sächsischen, böhmischen und karpathischen Basaltbergen vorgekommen.

Alles was ich hier von unsern vermeintlichen Vulkanen am Rhein mit wenigen Worten berühre, findet sich in den beiden Quartanten des Dr. Nose und in den zusammengedrängten Beobachtungen unseres scharfsinnigen Freundes A.v.H. bestätigt. Wenn nun aber der Basalt nicht Lava ist, wie entstand er denn? Aufrichtig gesagt, ich weiß es nicht. Ich kenne weder den Urstoff, noch die chemische Operation, woraus und wodurch die Natur die sämmtlichen Gebirgsarten werden ließ. Wird mir jemand beweisen, dass, ehe es noch Vulkane gab, ein ganz anderer Brand, ein fürchterliches allgemeines Feuer den Basalt in allen fünf Weltteilen erzeugte; wird er mir den Urstoff nennen können, aus welchem dieses Feuer, wie noch keines war, und dem wir folglich nach Willkühr Eigenschaften und Wirkungen beimessen können, den Basalt geschmolzen habe: so will ich das nicht nur geschehen lassen, sondern sogar dieser Meinung beipflichten, sobald sie mehr als ein bloßes Meisterwort, sobald sie gründliche Beweise für sich hat. Bis jetzt wissen wir indesen noch wenig oder nichts zuverlässiges von der Bildung unserer Erdrinde; denn wir haben von einer weit späteren Bildung, von der Bildung der Pflanzen und Tiere auf diesem Boden, nicht einmal einen Begrif! Wo wir Schichten regelmäßig übereinander liegen sehen, halten wir uns für berechtigt, sie einem allmählichen Niederschlag aus dem Wasser zuzuschreiben. Allein ob alle Kalklager unsers Planeten aus Gehäusen von Würmern entstanden, oder ob das Meer, welches einst die ganze Kugel umfloß, ein von den jetzigen Meeren sehr verschiedenes chaotisches Flüssiges war, worin teils Kalk, teils Ton und Bittersalzerde, unausgeschieden, vielleicht als mögliche Bestandteile, schwammen – das ist und bleibt unausgemacht. Wir wissen zwar, dass der uralte Granit, bei seiner seltsamen Mischung von Quarz, Feldspat und Glimmer keine Spur von einer geschichteten Entstehung zeigt; aber darum ist noch nicht entschieden, ob auch diese Gebirgsart ein Präcipitat aus jenem elementarischen Meere, oder, wie der große dichterische Büffon will, ein Werk des Sonnenbrandes sei. Vielleicht ist er keines von beiden. Ehe wir dahin gelangen, über die Ereignisse der Vorwelt etwas mehr als schwankende, von allem Erweis entblößte Mutmaßungen in der Naturgeschichte vortragen zu können, müssen wir zuvor in der unterirdischen Erdkunde ungleich wichtigere Fortschritte machen als bisher; wir müssen, wo nicht Maupertuis berühmten Schacht bis zum Mittelpunkt der Erde abteufen, doch wenigstens ein paar Meilen tief unter die Oberfläche, die wir bewohnen, senkrecht hinabsteigen, und von dorther neue Gründe für eine Theorie der Erdentstehung und Umwandlung entlehnen. Bedenkt man aber, mit welchen Schwierigkeiten wir bisher nur wenige hundert Klafter tief in das Innere der Gebirge gedrungen sind, so müssen wir über die Arbeit erstaunen, die nicht uns, sondern den späten Nachkommen des Menschengeschlechtes aufgehoben bleibt, wenn sie vor lauter ewigem Frieden nicht wissen werden, was sie mit ihrer Zeit und ihren Kräften anfangen sollen. –

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ansichten vom Niederrhein