Reisepläne und Vorbereitungen (Fortsetzung)
Je näher die Reise heranrückte, desto mehr mussten wir auch an unsere Reiseeffekten denken. Da war Anzahl, Größe, Form, Qualität und Gewicht der Koffer zu entscheiden, ob aus Holz, Leder, Korbgeflechte oder Papier? Da das Reisekleeblatt sich nicht einigen konnte, wurde die Entscheidung der Firma Schittenhelm in Wien überlassen. — In kürzester Zeit hatten wir Schiff-, Bahn-, Fracht- und andere Koffer um die Hälfte zu viel! Im Laufe der großen Reise konnte die Sonne scheinen, aber auch Regen und Kälte kommen, so wurde für alles gesorgt, schwere und leichte Mäntel, Überzieher, Plaids, Regenschirme, starke und leichte, helle und dunkle Anzüge, sowie Wäsche in abondance bestellt und angefertigt. Um endlich meiner silbernen Uhr, ein Treffer vom Wiener Schützenfeste, nicht in Chicago beraubt zu werden, tauschte ich die starke auffällige goldene Kette gegen eine andere, so dünn wie ein Seidenfaden, aber fest wie ein Stahlband, als Bollwerk gegen alle amerikanischen Uhrenräuber ein. Unsere Reiseausstattung war fertig, in einem Salon des Schlosses zur Besichtigung wissbegieriger Damen ausgestellt. Wir waren nicht wenig stolz auf unsere Umsicht, da kam ein wohlgemeinter Brief aus Chicago: „Nur keine guten Kleider und Wäsche mitnehmen, das Schlechteste ist noch zu gut für dieses Schmutznest, die Chinesen merkten meine Hemden mit großen Hieroglyphen auf dem Brustteile." Helle Verzweiflung! Wir hatten gar keine alten Röcke und zerrissene Wäsche, es gibt doch Arme im Orte. Mit besorgten Blicken packten wir unsere Koffer, ahnungslos, dass nirgends besser als in Amerika gewaschen wird.
„Stiefelputzen in Amerika unbekannt." So schrieben die Reisebücher. Ich hatte in Folge dessen eine sehr eingehende Konferenz mit meinem englischen Schuster in Wien, das Resultat war ein allerliebstes, wenn auch etwas großes und schweres Kofferchen aus Sohlenleder mit allen möglichen Instrumenten, Bürsten, Wichse und diversen Lacks zur Reinigung unserer Fußbekleidung, ein wahres Meisterwerk des Wiener Kleingewerbes. Was hat mich dasselbe auf der Reise inkommodiert! Geöffnet wurde es niemals und doch hatte ich immer blanke Stiefel in Amerika. Ich besinne mich, meine Schuhe einmal auf der Straße in Los Angeles den kundigen Händen zweier lachenden Negerbuben anvertraut zu haben, am Grand Colorado Canon in Arizona waren meine Stiefel noch spiegelblank. An Spucken auf mein Schuhwerk ließen es die kauenden Schwarzen allerdings nicht fehlen, das gehört zum Handwerk.
„Die Apotheken in Amerika sind selbstverständlich reine Giftbuden", eine schwere große Sorge für unseren guten Doktor! Mit größter Fachkenntnis und nach gründlichen Studien verfasste er endlich ein Verzeichnis der besten und der teuersten Heilmittel für sämtliche Krankheiten, welche wir möglicherweise auf unserer großen Reise bekommen könnten. Die Salvator-Apotheke in Wien lieferte dieselben selbstverständlich in größeren Flaschen und Büchsen, es können ja auch Rückfälle kommen, und Schittenhelm konstruierte den erforderlichen Kasten dazu, der in keinem unserer Koffer recht Platz finden wollte. Eine besorgte Schwägerin fügte eine herrlich mit Monogramm gestickte blaue Leibbinde hinzu, noch ein Dutzend Schachteln Speisepulver und ein Riesenrevolver meines Sohnes, die Ausstattung war in Ordnung. Wir konnten mit großer Seelenruhe auch Memphis am Missisippi berühren, wo alle Menschen am gelben Fieber sterben. Ihr guten Seelen in der teuren Heimat, an die amerikanischen Gepäckträger hatte niemand gedacht! Als ich im Anfange unserer Reise eines Tages, es war im Mammoth Hotel im Yellowstone-Park, meine Koffer öffne, finde ich in einem derselben einen einzigen dicken, braunen, penetrant riechenden Brei, das war die Leiche der unglücklichen Apotheke! Ein Glück, dass mich unser Hotelier nicht sofort an die Luft setzte, in seiner Stelle hätte ich es sicher getan. Die reich versorgten Apotheken Amerikas wurden später unsere Favorites, nirgends bekamen meine Ladies bessere Limonaden, denn Arzneien benötigten wir nicht, kein Finger hat uns auf der Reise wehgetan.
Graf Bela Cziraky, Sektionschef im Ministerium des Äußeren, war liebenswürdig genug, mir eine warme Empfehlung an alle Gesandtschaften und Konsulate der Union mitzugeben, die Länderbank eröffnete mir einen unumschränkten Kredit bei W. Seligmann & Comp. in New-York, die große Vorbereitung zur Reise nach Amerika war fix und fertig.
Während aller dieser Sorgen häuften sich die Zeitungsartikel mit Schauergeschichten aus Chicago und dem Wilden Westen, schließlich bekam ich doch selbst Angst. Nach einigen schlaflosen Nächten bat ich brieflich Mr. Dieterich in New-York, mir ehrlich zu sagen, ob durch Amerika auch junge Damen reisen könnten? „Unsinn!" war die Antwort. „Nirgends sind die Damen mehr geschätzt als in Amerika, denn hier sind jene die Herren." — Diese Freude meiner Ladies! Nach meiner Reise kann ich nur jedem den guten Rath geben, in Amerika nie ohne Damen zu reisen, sie sind der beste Schutz, sie räumen jede Schwierigkeit hinweg.
Endlich kam der Tag der Abreise. Dieses Abschiednehmen, das Händeschütteln, die guten Wünsche auf den Weg, es war doch nicht so leicht, den heimatlichen Boden, Kinder, Enkel, Verwandte und Freunde zu verlassen, um übers Meer nach Amerika zu reisen! Meine ältere Tochter Martha, das gute Kind, war untröstlich, ich sah es ihren Tränen an, sie fürchtete uns niemals wiederzusehen. Und dann saßen wir im Waggon, noch einige Händedrücke, eine Masse „Good-bye", ein Winken mit den Taschentüchern und wir waren auf der Reise nach Amerika! In der ersten Station verließ ich den Zug, in Zinkendorf wohnt Graf Bela Széchényi, er war vier Monate mit seinen zwei Töchtern in Amerika gewesen und gestern heimgekehrt. Erhielt ich dort keine günstigen Mitteilungen über das Ziel unserer Reise, so war ich fest entschlossen, wieder umzudrehen. Die Reisenden waren entzückt von Amerika gewesen, Gräfin Alice meinte sogar, was ich ihr erst später nachfühlen konnte: „Sofort mache ich die ganze Reise ein zweites Mal." Mit leichtem Herzen bestieg ich wieder die Bahn, jetzt wurde es, am 25. Juli 1893, wirklich Ernst mit unserer Reise.
Mit Ungeduld erwarteten unsere Lieben in der teuren Heimat recht viel gute Nachrichten von uns. Allen und noch dazu öfters zu schreiben war eine schwere Aufgabe, so Hess mein Sohn unsere Briefe drucken und sandte sie schleunigst an Alle, die ein warmes Interesse für uns hatten. Diese Briefe konnten erklärlicherweise nur flüchtige Schilderungen des massenhaft Gesehenen und Erlebten enthalten. Als wir aber Ende November so sehr befriedigt und entzückt aus Amerika heimkehrten, wurde ich von meiner Familie und von manchen Freunden ersucht, jene Briefe nochmals zu revidieren und zu ergänzen. So ist nachfolgender Reisebericht entstanden. Ich zweifle, ob derselbe viel Neues enthält, es ist in letzter Zeit so viel über Amerika geschrieben worden.
Mein Tagebuch soll nur die auf dieser herrlichen Reise gewonnenen Eindrücke, in erster Linie meinen Lieben in der Heimat überbringen. Findet dasselbe noch andere Leser, so wird es mich nur freuen, wenn es' dazu beiträgt, das Wunderland Amerika, wie es verdient, in heller Beleuchtung erscheinen zu lassen. Freundliche Leserinnen bitte ich aber im Voraus um Entschuldigung, wenn meine Briefe mehr von Ochsen, Pferden und Weizen als von schönen Toiletten der reizenden Amerikanerinnen erzählen, ich bin ein einfacher Landwirt, die amerikanischen Farmer sind unsere gefährlichsten Feinde, so nahm ihre Landwirtschaft meine größte Aufmerksamkeit in Anspruch; ich bitte daher um Nachsicht.
„Stiefelputzen in Amerika unbekannt." So schrieben die Reisebücher. Ich hatte in Folge dessen eine sehr eingehende Konferenz mit meinem englischen Schuster in Wien, das Resultat war ein allerliebstes, wenn auch etwas großes und schweres Kofferchen aus Sohlenleder mit allen möglichen Instrumenten, Bürsten, Wichse und diversen Lacks zur Reinigung unserer Fußbekleidung, ein wahres Meisterwerk des Wiener Kleingewerbes. Was hat mich dasselbe auf der Reise inkommodiert! Geöffnet wurde es niemals und doch hatte ich immer blanke Stiefel in Amerika. Ich besinne mich, meine Schuhe einmal auf der Straße in Los Angeles den kundigen Händen zweier lachenden Negerbuben anvertraut zu haben, am Grand Colorado Canon in Arizona waren meine Stiefel noch spiegelblank. An Spucken auf mein Schuhwerk ließen es die kauenden Schwarzen allerdings nicht fehlen, das gehört zum Handwerk.
„Die Apotheken in Amerika sind selbstverständlich reine Giftbuden", eine schwere große Sorge für unseren guten Doktor! Mit größter Fachkenntnis und nach gründlichen Studien verfasste er endlich ein Verzeichnis der besten und der teuersten Heilmittel für sämtliche Krankheiten, welche wir möglicherweise auf unserer großen Reise bekommen könnten. Die Salvator-Apotheke in Wien lieferte dieselben selbstverständlich in größeren Flaschen und Büchsen, es können ja auch Rückfälle kommen, und Schittenhelm konstruierte den erforderlichen Kasten dazu, der in keinem unserer Koffer recht Platz finden wollte. Eine besorgte Schwägerin fügte eine herrlich mit Monogramm gestickte blaue Leibbinde hinzu, noch ein Dutzend Schachteln Speisepulver und ein Riesenrevolver meines Sohnes, die Ausstattung war in Ordnung. Wir konnten mit großer Seelenruhe auch Memphis am Missisippi berühren, wo alle Menschen am gelben Fieber sterben. Ihr guten Seelen in der teuren Heimat, an die amerikanischen Gepäckträger hatte niemand gedacht! Als ich im Anfange unserer Reise eines Tages, es war im Mammoth Hotel im Yellowstone-Park, meine Koffer öffne, finde ich in einem derselben einen einzigen dicken, braunen, penetrant riechenden Brei, das war die Leiche der unglücklichen Apotheke! Ein Glück, dass mich unser Hotelier nicht sofort an die Luft setzte, in seiner Stelle hätte ich es sicher getan. Die reich versorgten Apotheken Amerikas wurden später unsere Favorites, nirgends bekamen meine Ladies bessere Limonaden, denn Arzneien benötigten wir nicht, kein Finger hat uns auf der Reise wehgetan.
Graf Bela Cziraky, Sektionschef im Ministerium des Äußeren, war liebenswürdig genug, mir eine warme Empfehlung an alle Gesandtschaften und Konsulate der Union mitzugeben, die Länderbank eröffnete mir einen unumschränkten Kredit bei W. Seligmann & Comp. in New-York, die große Vorbereitung zur Reise nach Amerika war fix und fertig.
Während aller dieser Sorgen häuften sich die Zeitungsartikel mit Schauergeschichten aus Chicago und dem Wilden Westen, schließlich bekam ich doch selbst Angst. Nach einigen schlaflosen Nächten bat ich brieflich Mr. Dieterich in New-York, mir ehrlich zu sagen, ob durch Amerika auch junge Damen reisen könnten? „Unsinn!" war die Antwort. „Nirgends sind die Damen mehr geschätzt als in Amerika, denn hier sind jene die Herren." — Diese Freude meiner Ladies! Nach meiner Reise kann ich nur jedem den guten Rath geben, in Amerika nie ohne Damen zu reisen, sie sind der beste Schutz, sie räumen jede Schwierigkeit hinweg.
Endlich kam der Tag der Abreise. Dieses Abschiednehmen, das Händeschütteln, die guten Wünsche auf den Weg, es war doch nicht so leicht, den heimatlichen Boden, Kinder, Enkel, Verwandte und Freunde zu verlassen, um übers Meer nach Amerika zu reisen! Meine ältere Tochter Martha, das gute Kind, war untröstlich, ich sah es ihren Tränen an, sie fürchtete uns niemals wiederzusehen. Und dann saßen wir im Waggon, noch einige Händedrücke, eine Masse „Good-bye", ein Winken mit den Taschentüchern und wir waren auf der Reise nach Amerika! In der ersten Station verließ ich den Zug, in Zinkendorf wohnt Graf Bela Széchényi, er war vier Monate mit seinen zwei Töchtern in Amerika gewesen und gestern heimgekehrt. Erhielt ich dort keine günstigen Mitteilungen über das Ziel unserer Reise, so war ich fest entschlossen, wieder umzudrehen. Die Reisenden waren entzückt von Amerika gewesen, Gräfin Alice meinte sogar, was ich ihr erst später nachfühlen konnte: „Sofort mache ich die ganze Reise ein zweites Mal." Mit leichtem Herzen bestieg ich wieder die Bahn, jetzt wurde es, am 25. Juli 1893, wirklich Ernst mit unserer Reise.
Mit Ungeduld erwarteten unsere Lieben in der teuren Heimat recht viel gute Nachrichten von uns. Allen und noch dazu öfters zu schreiben war eine schwere Aufgabe, so Hess mein Sohn unsere Briefe drucken und sandte sie schleunigst an Alle, die ein warmes Interesse für uns hatten. Diese Briefe konnten erklärlicherweise nur flüchtige Schilderungen des massenhaft Gesehenen und Erlebten enthalten. Als wir aber Ende November so sehr befriedigt und entzückt aus Amerika heimkehrten, wurde ich von meiner Familie und von manchen Freunden ersucht, jene Briefe nochmals zu revidieren und zu ergänzen. So ist nachfolgender Reisebericht entstanden. Ich zweifle, ob derselbe viel Neues enthält, es ist in letzter Zeit so viel über Amerika geschrieben worden.
Mein Tagebuch soll nur die auf dieser herrlichen Reise gewonnenen Eindrücke, in erster Linie meinen Lieben in der Heimat überbringen. Findet dasselbe noch andere Leser, so wird es mich nur freuen, wenn es' dazu beiträgt, das Wunderland Amerika, wie es verdient, in heller Beleuchtung erscheinen zu lassen. Freundliche Leserinnen bitte ich aber im Voraus um Entschuldigung, wenn meine Briefe mehr von Ochsen, Pferden und Weizen als von schönen Toiletten der reizenden Amerikanerinnen erzählen, ich bin ein einfacher Landwirt, die amerikanischen Farmer sind unsere gefährlichsten Feinde, so nahm ihre Landwirtschaft meine größte Aufmerksamkeit in Anspruch; ich bitte daher um Nachsicht.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches An Meine Lieben in der Heimat. Aus Nord-Amerika 1893.