JAN STEEN, Das Bohnenfest

JAN STEEN
(um 1626 — 1679)
Das Bohnenfest
Leinwand: h. 0,80, br. 1,05 m

Jan Steens Gemälde sind meist nicht nur künstlerisch hervorragend und anziehend, sondern auch im Gegenstand unterhaltend, denn er ist mehr als Maler, er ist nebenbei Humorist und Satiriker. Und diese Eigenschaft zieht doch gemeinhin mehr an, als die des Künstlers, Trotzdem ist Jan Steen der breiten Schicht der Galeriebesucher so gut wie unbekannt. Ja selbst den Gebildeteren in Deutschland ist kaum sein Name geläufig, geschweige denn sein Werk. Die beißenden Satiren Hogarths kennt jeder, die harmlosen Spöttereien und lustigen Schnurren Jan Steens fast niemand. Woher kommt das wohl? Einen Wouwerman, Teniers, Ruisdael, Ostade führt alle Welt im Munde, warum nicht auch unseren trefflichen Jan Steen? Vielleicht erklärt es sich daraus, dass nicht viel Werke von ihm, die ins Gewicht fallen, in Deutschland zu finden sind, von bekannten Sammlungen nur in Kassel und Braunschweig, während die großen Galerien, wie Dresden und München überhaupt nichts von Belang, Berlin nur ein oder zwei umfänglichere und einige bescheidenere Sammlungen wohl eine Reihe kleiner feiner Bilder, aber nichts ins Auge Fallendes besitzen. Man braucht sich keines sanguinischen Lokalpatriotismus schuldig zu machen, wenn man das Kasseler Bohnenfest unter den Werken Steens in Deutschland, selbst im Vergleich mit dem Heiratskontrakt in Braunschweig, für das vollendetste hält. Zeigt es ihn doch als ebenso großen Maler wie überlegenen Kenner der Menschen und liebenswürdig heiteren Schilderer ihrer kleinen Schwächen. In dem Braunschweiger Bilde schwingt er die Geißel übermütigen Spottes etwas stark nach einer Richtung hin mit Anspielungen, die unseren heutigen Umgangssitten wenig mehr entsprechen. Doch in dem Kasseler Werk wird die fidel angeheiterte Mutter des kleinen Bohnenkönigs und der ausgelassene Rommelpotspieler, in dem man den Maler selbst sieht, höchstens bei einem griesgrämigen Misanthropen Anstoß erregen. Im übrigen ist die Bohnenfestgesellschaft in feinen Abstufungen von einer so hinreißenden und doch so harmlosen Lustigkeit erfüllt, dass es eine wahre Herzensfreude ist» Nehmen wir das Hoforchester mit den grotesken Instrumenten, gehandhabt von den Geschwistern des kleinen Königs, daneben die von dem trinkfesten Enkel gleich der Mutter entzückte Großmama, die ihm das große gefüllte Glas hinhält, dann die Schwiegermutter in der Mitte jenseits des Tisches mit den behaglich über dem Embonpoint gekreuzten Händen, den gemütlich lachenden und schreienden Gevatter neben ihr, den feinen jungen Geiger, die gutmütig grinsende alte Magd, die mit einer Schüssel voll Waffeln herzueilt, um die unersättliche Gesellschaft nicht verhungern zu lassen, endlich den etwas grämlich dreinschauenden Herrn Pfarrer (?), dem ein Zettelchen mit der Bezeichnung „Pastor“ an der Kopfbedeckung steckt, während der Rommelpotspieler mit dem Spottwort „Sot“ ausgezeichnet ist, so haben wir eine Gesellschaft beisammen, die an fröhlicher Ungebundenheit und zwingender Komik wahrlich ihresgleichen sucht. Und malerisch ausgestattet ist sie von dem Meister mit einer Feinheit, die mit schlagender Überzeugungskraft die Fabel, Jan Steen sei ein Lüdrian im Dienste seiner Schankwirtschaft gewesen, zunichte macht. Das Bild, auf das er sehr viel gehalten haben muss, ist mit dem vollen Namen und dem Jahr 1668 bezeichnet, O. E.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie