REMBRANDT VAN RIJN, Der Segen Jakobs

REMBRANDT VAN RIJN
(1606-1669)
Der Segen Jakobs
Leinwand: h. 1,74, br. 2,09 m

Aus der Kasseler Galerie, die an Meisterwerken Rembrandts die reichste ist, teilen wir hier noch ein drittes Bild von ihm mit. Ein alttestamentliches oder, wie man auch sagen kann, ein „Jugendbild“, deren er so viele gemalt hat. Die arbeitsamen, stillen Bewohner des Amsterdamer Judenviertels sagten ihm menschlich zu und in ihren Lebensformen zogen sie den Künstler an als das wandelnde Überbleibsel des alten Orients mit seiner feierlichen, farbenreichen Kultur; hier fand er für die Gestalten seiner Phantasie eine passende Umwelt, eine historisch stimmende und zugleich lebendige, gegenwärtige Lokalisierung, als er den kalvinistischen Holländern aus den ihnen vertrauten Geschichten des Alten Testaments ein erbauliches Hausbild schuf, zum Ersatz für die in ihren nun schmucklosen Kirchen entbehrlich gewordene Altartafel. Wie oft hat er sie für den heldenhaften Simson begeistert, gerührt mit dem frommen Tobias, unterhalten von der schönen Susanna oder Josef und Frau Potiphar! Da konnte er auch die Ausstattungsstücke seiner reichen Werkstatt anwenden, Kleider, Decken und Vorhänge von Seide und Sammet, Turbane, die seine Juden beinahe zu Türken machen, kostbare Juwelen, Schmuck, und die Augen ergötzen mit dem strahlenden Glanz seiner Farben. — Hier nun in diesem zwei Meter breiten Bilde haben wir eine ernste, rührende Familienszene. Der blinde Jakob segnet seine Enkel. Der größere neigt verstehend mit gekreuzten Händen sein blondgelocktes Gesicht, der kleine Schwarzkopf sieht dumm in die Welt hinaus. Träumend und wie verklärt blickt die Mutter der Kinder vor sich hin, während Josef seinem Vater die Hand führt. Ergreifender kann der Vorgang nicht gedacht werden, und die Durchführung ist von erschöpfender Sorgfalt, nichts flüchtig oder skizzenhaft; aus der goldbraunen Tönung leuchten prächtig und mild zugleich die sanft gebrochenen Farben. Und das Merkwürdigste ist, dass dieses vollendete Werk der höchsten Meisterschaft nach seiner Datierung (1656) in die Zeit fällt, wo Rembrandts Insolvenz vor der Amsterdamer Schuldkammer öffentlich festgestellt war. Traurige Jahre folgten. Der Segen Jakobs leitet seine dritte und letzte Amsterdamer Periode ein. A. P
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie