GERARD TER BORCH, Die Lautenspielerin
GERARD TER BORCH
(1617— 1681)
Die Lautenspielerin
Eichenholz: h. 0,51, br. 0,37 m
Ter Borch, ebenso groß als Sittenbildmaler wie als Porträtist, wenn auch nicht groß dem Umfang seiner Werke, sondern ihrem Gehalte nach, hat in dem vorliegenden Bilde, wenn es auch nur eine einzige Figur enthält, doch ein Meisterwerk geschaffen, worin er die ganze Vornehmheit seiner Auffassung und Delikatesse seiner Ausführung zeigt. Denn man kann sich innerhalb der Grenzen seines Genres nichts malerisch Gewählteres denken, als diese anmutige Mädchengestalt, wie sie in all ihrer Schlichtheit doch voll unnachahmlicher Grazie sich zum Tisch vorbeugend, auf dem ihre Noten liegen, die Laute spielt. Jeglicher novellistischen Anspielung, wie sie sonst so manches Gemälde Ter Borchs zu enthalten scheint, entbehrend, ist sie nur mit ihrer Laute beschäftigt. Alles um sich vergessend, bemüht sie sich eifrig, ihr nach Vorschrift der Noten das Beste zu entlocken, was sie vermag. Oder singt sie etwa aus einem zweiten Heft, das auf dem kleinen Gestell daneben steht, und spielt dann die Laute nur die Rolle des die menschliche Stimme begleitenden Instrumentes? Gleichviel, ihre Mienen geben darauf keine Antwort und wir verlangen auch keine. Es genügt uns, das Mädchen in ihre Musik vertieft zu sehen und zu beobachten, wie sie die Laute handhabt und wie der Maler sie sonst ausgestattet hat. Mit welcher Geschicklichkeit ist die außerordentlich schwierige Verkürzung der rechten Hand gelöst, die den Saiten ihre Musik entlockt, mit welcher stupenden Virtuosität die Wiedergabe der Stoffe, die ihren gesund und rund gebauten Leib umschließen, und wie unnachahmlich erscheint der feucht schimmernde Perlenglanz der gelben, schwanenpelzbesetzten Atlasjacke und des weißen Gewandes vom selben Stoff. Man könnte ja behaupten, Kleider bleiben Kleider, ob man sie malerisch noch so gut wiedergeben mag. Aber eine so geistreiche Verklärung des materiell Stofflichen, wie sie hier Ter Borch bietet, erhebt auch das scheinbar Alltägliche in die Sphäre hoher Kunst. Die sublime Wiedergabe der Gewänder ist aber durchaus nicht das Ausschlaggebende, was diesem Bilde seinen erstaunlichen malerischen Reiz verleiht. Die diskrete Haltung des Ganzen in den geschmackvoll gewählten Farben, die mit Ausnahme der zinnoberroten kleinen Schleife im Haar der jungen Dame der gebrochenen Skala angehören, ist so einzig in seiner Art, dass man es eben nur mit ähnlichen Werken des großen Koloristen vergleichen kann. Das feine Grau des Hintergrundes, das gedämpfte Dunkelviolett der Tischdecke, der Perlmutterglanz der Gewandstoffe, alles vereinigt sich zu einem so fein gestimmten malerischen Gesamteindruck, wie er eben nur Ter Borch eigen ist. O. E.
(1617— 1681)
Die Lautenspielerin
Eichenholz: h. 0,51, br. 0,37 m
Ter Borch, ebenso groß als Sittenbildmaler wie als Porträtist, wenn auch nicht groß dem Umfang seiner Werke, sondern ihrem Gehalte nach, hat in dem vorliegenden Bilde, wenn es auch nur eine einzige Figur enthält, doch ein Meisterwerk geschaffen, worin er die ganze Vornehmheit seiner Auffassung und Delikatesse seiner Ausführung zeigt. Denn man kann sich innerhalb der Grenzen seines Genres nichts malerisch Gewählteres denken, als diese anmutige Mädchengestalt, wie sie in all ihrer Schlichtheit doch voll unnachahmlicher Grazie sich zum Tisch vorbeugend, auf dem ihre Noten liegen, die Laute spielt. Jeglicher novellistischen Anspielung, wie sie sonst so manches Gemälde Ter Borchs zu enthalten scheint, entbehrend, ist sie nur mit ihrer Laute beschäftigt. Alles um sich vergessend, bemüht sie sich eifrig, ihr nach Vorschrift der Noten das Beste zu entlocken, was sie vermag. Oder singt sie etwa aus einem zweiten Heft, das auf dem kleinen Gestell daneben steht, und spielt dann die Laute nur die Rolle des die menschliche Stimme begleitenden Instrumentes? Gleichviel, ihre Mienen geben darauf keine Antwort und wir verlangen auch keine. Es genügt uns, das Mädchen in ihre Musik vertieft zu sehen und zu beobachten, wie sie die Laute handhabt und wie der Maler sie sonst ausgestattet hat. Mit welcher Geschicklichkeit ist die außerordentlich schwierige Verkürzung der rechten Hand gelöst, die den Saiten ihre Musik entlockt, mit welcher stupenden Virtuosität die Wiedergabe der Stoffe, die ihren gesund und rund gebauten Leib umschließen, und wie unnachahmlich erscheint der feucht schimmernde Perlenglanz der gelben, schwanenpelzbesetzten Atlasjacke und des weißen Gewandes vom selben Stoff. Man könnte ja behaupten, Kleider bleiben Kleider, ob man sie malerisch noch so gut wiedergeben mag. Aber eine so geistreiche Verklärung des materiell Stofflichen, wie sie hier Ter Borch bietet, erhebt auch das scheinbar Alltägliche in die Sphäre hoher Kunst. Die sublime Wiedergabe der Gewänder ist aber durchaus nicht das Ausschlaggebende, was diesem Bilde seinen erstaunlichen malerischen Reiz verleiht. Die diskrete Haltung des Ganzen in den geschmackvoll gewählten Farben, die mit Ausnahme der zinnoberroten kleinen Schleife im Haar der jungen Dame der gebrochenen Skala angehören, ist so einzig in seiner Art, dass man es eben nur mit ähnlichen Werken des großen Koloristen vergleichen kann. Das feine Grau des Hintergrundes, das gedämpfte Dunkelviolett der Tischdecke, der Perlmutterglanz der Gewandstoffe, alles vereinigt sich zu einem so fein gestimmten malerischen Gesamteindruck, wie er eben nur Ter Borch eigen ist. O. E.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Kasseler Galerie