ADRIAEN VAN OSTADE, Der Meister in seiner „Werkstatt

Adriaen van Ostade aus Haarlem, der berühmteste holländische Bauernmaler, war ein Schüler von Frans Hals und sah in seiner Jugend Brouwer malen, als dieser sich eine Zeitlang bei dem Meister in Haarlem aufhielt. Brouwers Figuren sind geistreicher, er ist auch als Kolorist bedeutender, ein großer Künstler in dieser kleinen Gattung. Auch Ostade hat sich, wie man aus seinen Radierungen sieht, mit dem Figürlichen Mühe gegeben, aber Brouwers Qualität erreicht er nur selten. Seine Figuren sind ihm aber auch nicht die Hauptsache. Sie sollen die Umgebung beleben und zum Sprechen bringen. In dieser Zusammenstimmung des Raumes mit allen Einzelheiten durch Farbe und Licht liegen Aufgabe und Hauptwert seiner Kunst. Das Stoffgebiet, das er sich erwählt hat, verlässt er selten, immer malt er die Bauernunterhaltungen, Wirtshausstuben, Dorfschulen, aber er ändert seine Malweise, und darin liegt seine künstlerische Entwickelung. Solange er Hals und Brouwer folgt, finden wir deutliche Figuren, viel Lokalfarbe, im Ganzen eine klare, kühle Tönung und eine Vorliebe für Helldunkel. Gegen 1640 zeigt sich der Einfluss Rembrandts, mit dem er bald auch in dem nahen Amsterdam in Verkehr tritt. Nun erreicht er seine Höhe in den reizvollen Interieurs mit goldwarmem Ton, beschatteten Figuren und intim durch enge Fenster spielendem Sonnenlicht. Gegen 1670 ist es mit der Rembrandtstimmung vorbei, einzelne Farben treten wieder hervor, bald bunter, bald grau, und manchmal trübe. Das ist seine letzte Manier.

Meistens stellt er Innenräume dar. Öfter gibt er aber auch die Eingangsseite eines Bauernhauses mit den Insassen davor, oder auch eine größere Gesellschaft im Schatten einer Laube, zu der sich ein Leiermann oder ein Musikantenpaar eingefunden hat. Dann und wann reiht sich den Wirtshausstuben und Dorfschulen ein Familienzimmer ohne Bier und Tabak an.


Hier haben wir eine der bei den holländischen Malern beliebten Darstellungen des eigenen Ateliers, wie wir sie auch von Jan Steen, Gerard Dou, Terborch, Netscher, dem Delfter van der Meer und vielen anderen haben. Ostades Werkstadt ist eine einfache Bauernstube mit einem großen Malfenster. Rechts neben der Gliederpuppe führt eine Treppe zu einem oberen Räume hinauf; ganz hinten auf erhöhter Fläche sieht man an einem Tische undeutlich eine Gestalt. Die wundervolle Lichtführung, die den dämmerigen Raum allmählich aufklärt, war dem Künstler die Hauptaufgabe. Seine eigene Figur an der Staffelei, von deren Gesicht man nur das verlorene Profil sieht, dient zum Zurückschieben des Raumes und bringt zugleich etwas Farbe in die bräunliche Tönung. In dieser Hinsicht ist das Fenster ein kleines Kunstwerk für sich. Das kostbare Bild ist eins der vollkommensten Interieurs, die wir von Ostade haben, aus seiner späten, aber noch guten Zeit (1663), wo das Helldunkel herrscht, ohne dass die Formen völlig verschwimmen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Album der Dresdner Galerie