Album der Dresdner Galerie
Bekanntlich wurde auch ehedem in Dresden die Kunst der Gegenwart gepflegt, zugleich aber hatte damals die noch nicht so bequem aufgestellte Sammlung der alten Bilder eine größere Wirkung auf das geistige Leben als in unseren Tagen. Als im achtzehnten Jahrhundert, dem Zeitalter unserer großen Literatur, der Sinn für bildende Kunst sich in allerlei literarischen Formen seinen Ausdruck suchte, da gab in bezug auf Malerei die Anschauung beinahe allein die Dresdner Galerie her, innerhalb Norddeutschlands die einzige öffentliche Sammlung außer der Düsseldorfer, die aber schon 1806 nach München übersiedelte. Das Berliner Museum wurde erst 1830 eröffnet. In Dresden hatte bis 1755 Johann Joachim Winckelmann (1717-1758) gelebt, der Begründer der wissenschaftlichen Kunstgeschichte. Zwar kam es ihm nur auf die Antike an. Aber jeder weiß, wie viel an Anregungen er gerade auch den Dresdner Bildern verdankte. Und um das Ende des Jahrhunderts wurde die Galerie durch die Romantiker zum Mittelpunkt einer — wenigstens in Deutschland — ganz neuen Art von Kunstbetrachtung gemacht, die sich nicht an Fachgelehrte, sondern an die Gebildeten wandte, und in deren Anregungen wir noch heute stehen oder wenigstens stehen sollten. Ihre Auswüchse sind längst überwunden; ihre guten und gesunden Seiten dürfen niemals vergessen werden.
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- HYACINTHE RIGAUD, König August III. als Kurprinz
- ALBRECHT DÜRER, Christus am Kreuz
- TIZIAN, Der Zinsgroschen
- RAFFAEL, Die Sixtinische Madonna
- FERDINAND BOL, Jakobs Traum
- ADRIAEN VAN DER WERFF, Verstoßung der Hagar
- SALOMON KONINCK, Der Eremit
- JAN VAN DER MEER VAN DELFT, Die lesende Frau
- CARLO DOLCI, Die heilige Cäcilie
- KASPAR NETSCHER, Gesang mit Klavierbegleitung
- GERARD DOU, Der Geiger
- REMBRANDT VAN RIJN, Selbstbildnis mit seiner Frau Saskia
- JAN DAVIDSZ DE HEEM, Das große Stilleben mit dem Vogelnest
- GABRIEL METSU, Der Geflügelverkäufer
- REMBRANDT VAN RIJN, Die lachende Saskia
- ADRIAEN VAN OSTADE, Der Meister in seiner „Werkstatt
- DER MEISTER DES TODES DER MARIA, Die große Anbetung der Könige
- JUSEPE DE RIBERA, Die heilige Agnes
- GUIDO RENI, Christuskopf mit der Dornenkrone
- LORENZO LOTTO, Maria mit dem Kinde und Johannes
- FRANCISCO DE ZURBARAN, Bonaventuras Gebet während einer Papstwahl
- RAPHAEL MENGS, Amor
- REMBRANDT VAN RIJN, Bildnis eines bärtigen Alten
- BA.RTOLOME ESTEBAN MURILLO. Maria mit dem Kinde
- HANS HOLBEIN DER JÜNGERE, Bildnis des Morette
- JEAN ETIENNE LIOTARD, Das Schokoladenmädchen
- ANTON GRAFF, Selbstbildnis in ganzer Gestalt
- ANGELICA KAUFFMANN, Weibliches Bildnis als Vestalin
- ANTONIO ALLEGRI DA CORREGGIO, Die Madonna des h. Franziskus
- JAN VAN EYCK, Ein Flügelaltärchen
- ANTONIUS VAN DYCK, Die Kinder Karls I.
- JACOB VAN RUISDAEL, Die Jagd
- CLAUDE LORRAIN, Landschaft mit der Flucht nach Ägypten
- ANTOINE WATTEAU, Gesellige Unterhaltung im Freien
- PAOLO VERONESE, Die Hochzeit zu Kana
- MEINDERT HOBBEMA, Landschaft mit Mühle
- PETER PAUL RUBENS, Merkur und Argus
- CIMA DA CONEGLIANO, Maria Tempelgang
- JAN WEENIX, Das große Stillleben mit dem toten Hasen
- PALMA VECCHIO, Jakob und Rahel
- JAN WILDENS, Winterlandschaft mit einem Jäger
- MICHELANGELO CARAVAGGIO, Die Falschspieler
- POMPEO BATONL Die büßende Magdalena
- FRANCESCO FRANCIA, Die Anbetung der Könige
- JAN VAN DER MEER VAN HAARLEM, Blick von den Dünen
- DAVID TENIERS DER ÄLTERE, Im Dorfe
- WILLEM KLAASZ HEDA, Ein Frühstückstisch
- ADRIAEN BROUWER, Bauernschlägerei beim Kartenspiel
- JAN FYT, Hund, Zwerg und Knabe
- CHRISTIAN LEBERECHT VOGEL, Zwei fürstliche Knaben
Was den Bestand der Galerie betrifft, so hatte schon Kurfürst August 1560 im Schlosse eine Kunstkammer eingerichtet, die auch einige Bilder enthielt. Erst August der Starke (1694 — 1733) kaufte im großen Stil, hauptsächlich niederländische und holländische, aber auch einzelne gute italienische Bilder, vor allem die "Venus von Giorgione". Er war ein Fürst von selbständigem Geschmack und hatte kunstverständige Berater und Agenten zu seiner Verfügung. Schon 1722 wurde seine höchst ansehnliche Sammlung im zweiten Stock des Stallgebäudes am Jüdenhof aufgestellt. Aber freilich, mit der Düsseldorfer Galerie des Kurfürsten Johann Wilhelm war sie doch nicht zu vergleichen. Die Erwerbungen wurden unter August dem Starken noch weiter fortgesetzt. Unter seinem Nachfolger August III. (1733 — 1763) erreichte dann die Galerie ihre Höhe. Ein Glücksfall einziger Art brachte 1745 auf einmal hundert Bilder aus Modena, die großenteils einst des Herzogs Vorfahren auf ihrer Flucht von Ferrara mit sich geführt hatten, darunter Werke ersten Ranges wie Tizians "Zinsgroschen", sämtliche Correggios, vier große Breitbilder des Paolo Veronese aus dem Hause Cuccina, Holbeins Sieur Morette und der Hieronymus von Rubens. Die Tizianschen Porträts sind nicht von demselben Werte, und die zahlreichen Bilder der Ferraresen Dosso Dossi und Garofalo, der Bolognesen Annibale Caracci, Guido Reni, Guercino und Albano sind zwar großenteils Hauptwerke ihrer Meister, und man kann z. B. den Annibale Caracci außerhalb Italiens nur aus seinen Dresdner Bildern kennen lernen, aber diese ganze Malerei der italienischen Nachblüte gilt uns heute nicht mehr so viel wie den Menschen jener Zeit. Im ganzen war doch der Kaufpreis der Sammlung von Modena ungeheuer hoch, indem jedes der hundert Bilder auf tausend Zecchinen (9.600 Mk.) bewertet wurde. Man begreift das, wenn man hört, dass sieben Jahre später für einen einzigen Guido Reni, den wir heute kaum noch ansehen mögen, Ninus und Semiramis, 3.000 Dukaten bezahlt wurden. Mit dem modenesischen Erwerb war der Zuwachs noch lange nicht abgeschlossen. Vorher und nachher wurden ganze Sammlungen gekauft, die Wallensteinsche in Dux, Teile der kaiserlichen Galerie in Prag und der Galerie des Prinzen Carignan in Paris, dazu Hunderte von einzelnen Bildern, wie sie die Gelegenheit bot. Die Hervorhebung auch nur der wichtigsten würde uns hier zu weit führen. Nur zwei Erwerbungen dürfen nicht unerwähnt bleiben. Die eine, noch unter August III., brachte der Galerie ihren köstlichsten Schatz, Raffaels Sixtinische Madonna, die 1754 in Piacenza für 20.000 Dukaten gekauft wurde, einen Spottpreis nach heutiger Schätzung. Die andere fällt in eine viel spätere Zeit (1853), sie führte der Galerie fünfzehn Spanier aus dem Nachlass des Königs Louis Philippe zu, eine bei der Seltenheit spanischer Bilder außerhalb ihres Heimatlandes besonders wertvolle Bereicherung.
Als jene hundert Bilder aus Modena in Dresden eintrafen, hatte man schon den oberen Teil des Stallgebäudes am Jüdenhof in ein Museum umzuschaffen angefangen, und in diesen neuausgebauten Sälen (des heutigen Johanneums) blieb die Sammlung über hundert Jahre lang, bis Sempers herrlicher Galeriebau am Zwinger 1855 in Gebrauch genommen werden konnte. Gottfried Semper verstand sich nicht bloß auf großwirkende Fassaden, sondern ebenfalls auf die Anordnung der inneren Räume, wie sein Stadthaus von Winterthur, das Polytechnikum in Zürich oder seine Privathäuser dort und anderswo zeigen können, und er hat später gerade über die Einrichtung von Museumssälen eingehende Studien gemacht und zum Teil auch veröffentlicht. Aber damals — 1847 begann Semper den Bau und schon zwei Jahre später mußte er Dresden verlassen — war man in dieser Hinsicht noch fast ohne Erfahrung und ganz auf Experimentieren angewiesen. Erst die Zeit nach 1870 hat uns die vielen zweckmäßig eingerichteten und gut belichteten Museumsbauten in verschiedenen deutschen Städten gebracht. In der Dresdner Galerie sind die großen Oberlichtsäle zu hoch, und die Kabinette haben zu viel Blendlicht, was bei der reichlich angewandten Verglasung der Bilder doppelt störend wirkt. Durch sorgfältiges Aufhängen lässt sich zwar die Ungunst solcher Umstände einigermaßen überwinden, aber hier reichen die genügend belichteten Plätze kaum für die besten Bilder aus, und außerdem würde die großartige Sammlung einen ganz anderen Eindruck machen, wenn einmal das viele Minderwertige von den dichtbehängten Wänden entfernt und in die Magazine verwiesen werden könnte.
Der nachdenkende Besucher, der die Galerie nicht bloß als eine Sehenswürdigkeit flüchtig in Augenschein nimmt, wird sich wohl noch die Frage vorlegen wollen, worin ihre Berühmtheit besteht, die Frage nach dem spezifischen Wert ihres Inhalts, nach ihrer Stärke und ihren Schwächen im Vergleich zu anderen, namentlich den deutschen Sammlungen. In den großen italienischen Sälen dominieren zunächst die Meister der Spätblüte, Bolognesen und Ferraresen, die einen Hauptbestandteil des modenesischen Ankaufs ausmachten. Das Quattrocento (die Glanzseite des Berliner Museums) fehlt bis auf einzelne bescheidene Proben. Innerhalb der Hochrenaissance wiegt selbstverständlich Raffaels Sixtina eine ganze Sammlung auf, in bezug auf Correggio mit seinen vier großen Kirchentafeln muss jede Galerie Europas einzeln hinter der Dresdner zurückstehen, und für Paolo Veronese hat diese wenigstens in Deutschland ebenfalls nicht ihresgleichen. Tizian (für den Wien nächst Madrid die wichtigste Stätte ist) ist gut vertreten, ebenso Palma Vecchio, beide jedoch nur mit je einem Werke allerersten Ranges, dem Zinsgroschen und den Drei Schwestern, wozu dann noch Giorgiones Venus und der Sebastian von Antonello da Messina gerechnet werden müssen. Auf den besonderen Wert der spanischen Bilder, unter denen freilich ein durchschlagender Velazquez fehlt, haben wir schon hingewiesen.
In den nordischen Sälen tritt glänzend Rubens hervor (hier nimmt Dresden nach Wien und München die dritte Stelle ein), Jordaens und Snyders sind mit charakteristischen Bildern vertreten, weniger gut van Dyck. Ausgezeichnet wieder Rembrandt (für den innerhalb Deutschlands nur noch die Kasseler Galerie voransteht), und auch aus Rembrandts Kreise ist eine Anzahl vortrefflicher Bilder vorhanden. Die Altniederländer fehlen, abgesehen von dem Meister des Todes Maria und einem Flügelaltärchen des Jan van Eyck. Von den altdeutschen Hauptmeistern ist Cranach allzu reichlich, Dürer und Holbein sind mit einigen guten Bildern vertreten. Ein seltener Schatz sind die drei kleinen Elsheimers.
In den kleineren Zimmern, die wir in dem letzten Teil unserer Übersicht schon betreten haben, überwiegen der Zahl nach die sogenannten Kabinettsmaler der holländischen Blütezeit (die freilich manchmal auch in größerem Format gemalt haben). Ungemein reich an erlesenen Stücken ist die beinahe vollständige Reihe der Sittenbilder mit kleinen Figuren, nur von einem Hauptmeister, Jan Steen, fehlt ein seiner würdiges Werk. Es folgen die Stilleben und Blumenstücke, diese namentlich in großer Zahl und von feinster Qualität. Dann die Figurenlandschaften. Hier nimmt Dresden mit seinen sechzig Wouwermans unter allen Galerien die erste Stelle ein; die äußerst selten im Handel vorkommenden Bilder dieses geschätzten Malers waren schon so früh in fester Hand, dass z. B. das Berliner Museum nur noch sechs in seinen Besitz hat bringen können. Endlich die reinen Landschafter. Jakob Ruisdael, der Herrscher in diesem Reiche, tritt in Dresden so königlich auf, wie nur noch in Petersburg oder in London. Auch sein Oheim Salomon und andere dieses Kreises fehlen nicht, und der außerhalb Englands seltene Hobbema zeigt sich wenigstens mit einer neuerdings angekauften Wassermühle.
Weniger zahlreich sind die vlämischen Kleinmaler vertreten, am besten Teniers und der Sammetbrueghel. Von einzelnen hervorragenden Bildern anderer Schulen sollen nur zwei Claude Lorrains in dieser Übersicht erwähnt werden, die endlich noch als letzten Schluss die außerhalb aller Konkurrenz dastehende Sammlung der Pastellbildnisse zu nennen hat.
Die zweite Auflage dieses Albums enthält neu Murillos Madonna, Correggios Madonna mit dem heiligen Franz und die unter Palmas Namen gehende „Begegnung Jakobs mit Rahel“
Winckelmann, Johann Joachim (1717-1768) Archäologe, Antiquar und Kunstschriftsteller
Schlegel, August Wilhelm (1767-1845) Literaturhistoriker, Übersetzer, Schriftsteller und Philosoph
Schlegel, Friedrich (1772-1829) Kulturphilosoph, Literaturkritiker, Schriftsteller und Historiker
Schiller, Friedrich (1759-1805) Dichter, Philosoph und Historiker
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von (1775-1854) Philosoph
Schelling, Caroline, geb. Michaelis, verw. Böhmer, gesch. Schlegel, verh. Schelling (1763-1809) Schriftstellerin und Übersetzerin
Herder, Johann Gottfried (1744-1803) deutscher Dichter, Übersetzer, Schriftsteller, Theologe und Philosoph
Körner, Christian Gottfried (1756-1831) Schriftsteller und Jurist
Goethe, Johann Wolfgang von (1749-1832) Dichter und Universalgelehrter
Novalis, eigentlich Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg (1772-1801) Schriftsteller, Philosoph, Jurist
Heinse, Johann Jakob Wilhelm (1746-1803) Schriftsteller, Gelehrter, Bibliothekar
Fichte, Johann Gottlieb (1762-1814) deutscher Erzieher und Philosoph
001. HYACINTHE RIGAUD, König August III. als Kurprinz
002. ALBRECHT DÜRER, Christus am Kreuz
003. TIZIAN, Der Zinsgroschen
004. RAFFAEL, Die Sixtinische Madonna
005. FERDINAND BOL, Jakobs Traum
006. ADRIAEN VAN DER WERFF, Verstoßung der Hagar
007. SALOMON KONINCK, Der Eremit
008. JAN VAN DER MEER VAN DELFT, Die lesende Frau
009. CARLO DOLCI, Die heilige Cäcilie
010. KASPAR NETSCHER, Gesang mit Klavierbegleitung
011. GERARD DOU, Der Geiger
012. REMBRANDT VAN RIJN, Selbstbildnis mit seiner Frau Saskia
014. GABRIEL METSU, Der Geflügelverkäufer
015. REMBRANDT VAN RIJN, Die lachende Saskia