Brüsseler Konferenz - 1896

Am 29. Januar 1906 tagte in Brüssel die vom zionistischen A.-K. einberufene Allgemeine jüdische Konferenz, die von 80 Vertretern jüdischer Organisationen und Gemeinden verschiedener Länder besucht war. Die Alliance Israélite Universelle (s. d.) und die Jewish Colonisation Association (s. d.) hatten keine Vertreter gesandt. In der Eröffnungsrede wies der Vorsitzende David Wolffsohn, Präsident des E. A.K, darauf hin, daß der einzige Gegenstand der Beratung sei: Die Mittel zu suchen, um die akute Not der russischen Juden von heute und die drohende Gefahr von morgen abzuwenden, und daß der größte Erfolg der Konferenz der wäre, wenn der Grundstein gelegt würde zu einer einheitlichen gemeinsamen Arbeit aller jüdischen Kräfte.

Referate hielten Professor Mandelstamm-Kiew über die all gemeine Lage der Juden in Rußland, Dr. Alfred Nossig über die russische Judenfrage im Lichte der Statistik, Leo Motzkin über die Progrome, Dr. Leo Kohan-Kischinew über die Emigration.


Aus den sich anschließenden Debatten ging hervor, daß die verschiedenen Gesellschaften an ihrem Programm durchaus festzuhalten gewillt sind, daß es aber möglich sei, die augenblicklichen schweren Aufgaben zugunsten der russischen Juden in gemeinsamer Arbeit zu lösen. Als das Resultat dieser Anschauungen sind die angenommenen Resolutionen zu betrachten.

Resolution I. In Anbetracht, daß die augenblickliche ungeheure Notlage der russischen Juden die Mitarbeit aller jüdischen Korporationen erfordert, in Anbetracht, daß diese Notlage ein Problem darstellt, dass das gesamte Judentum in erster Reihe angehen muß, erklärt es die Brüsseler Konferenz für unentbehrlich, daß eine ständige Korporation aller jüdischen Organisationen stattfinde, und setzt zur Herbeiführung dieser Korporation ein vorbereitendes Komitee ein, das aus den Herren Greenberg und Spielmann (London) besteht.

Resolution II. Die auf der Brüsseler Konferenz anwesenden Vertreter der jüdischen Organisationen drücken den Wunsch aus, daß die verschiedenen Organisationen sich an der Bildung einer Kommission beteiligen, welche verschiedene Länder, und insbesondere den Orient in Bezug auf Immigration und Kolonisationsmöglichkeit für die russischen Juden studieren soll. Diese Kommission, für welche die Mittel von den beteiligten Organisationen aufzubringen sind, soll auch berechtigt sein, vor bereitende Maßregeln selbständig in Angriff zu nehmen.

Antrag III. (Zur Kenntnis genommen.) Die Konferenz hat die Erklärung der jüdischen Hilfsorganisationen zur Kenntnis genommen, wonach eine Emigration Mittelloser gegenwärtig von ihnen nicht gefördert werden kann, weil die erforderlichen materiellen Mittel fehlen und zurzeit für diese Kategorien von Auswanderern Emigrationsländer nicht zu Gebote stehen. (Welt No. 5 von 1906.) Größere praktische Erfolge hat die Konferenz bisher bedauerlicherweise nicht gezeitigt.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Zionistisches Abc-Buch