Abschnitt 01 - Jetzt, zu einer Zeit, wo die Erde schweren Erschütterungen entgegensieht, ...

Jetzt, zu einer Zeit, wo die Erde schweren Erschütterungen entgegensieht, wo der wildgewordene, durch eherne Gesetze des Schicksals entfachte Expansionstrieb der vorherrschenden Völker die jahrtausendelang dumpf vegetierenden, in abgeschlossener, unbeholfener Selbstgenügsamkeit lebenden Schichten des Menschengeschlechts tief aufgewühlt hat; wo alles sich zum Kampf rüstet nicht aus einem Ziel heraus, nur aus Notwendigkeit; wo Jahrzehnte mehr mit sich bringen — wir wenigstens empfinden es so — als früher Jahrhunderte; wo das Leben des Ganzen den kurzen Atem der aufs Höchste gespannten Erwartung atmet, — da müssen auch wir uns besinnen, müssen wir bedenken, was jedes Jahr des Zögerns uns kosten wird, was für uns auf dem Spiel steht. Denn über uns selbst fällt über kurz das Los. Es soll nicht das Schwert sein.

Wir, das auserwählte Volk, leben nur noch des Lebens wegen, also überhastet, jeden Augenblick die nächste Minute nur vor den Augen und einen dichten Schleier dahinter, den zu lüften uns der gebietende Impuls fehlt. Unsere Stützen waren nie sicher, jetzt wanken sie wieder; aber früher hatten wir noch den Glauben, jetzt glauben wir gar an unser Volk selbst nicht mehr. Früher irrten unsere Schritte von Land zu Land, von Volk zu Volk: jetzt irren wir schon in uns selbst, schweift schon irr- und wirrgeführt und suchend unser Geist.


Und was sind wir dadurch in anderer Völker Augen geworden? Denn wir haben Rücksicht auf sie zu nehmen, um unseretwillen, um unseres Selbst willen.

Jahrtausendelange Verfolgungen haben das Judentum wahnsinnig gemacht. Als Ganzes erweckt es bald Mitleid, bald Grauen, bald Verachtung, bald Unwillen. Wir sind in die Stellung des ewig sich Verteidigenden gedrückt, und das Ganze hat sich darin ergeben. Vieles wird uns vorgeworfen. Verdientes und Unverdientes (also nicht durch unsere Schuld Entstandenes; nur durch unsere Lage der Geschlagenen Bedingtes). Wir nehmen es hin und stammeln Worte der Erklärung und pochen auf die Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit dem Besiegten gegenüber ist ein Jüdisches Prinzip; außerhalb unserer Kreise hat Niemand — auch wir dachten nicht immer so — die Einsicht der Resignation, die da sagt: „Beute Deinen Vorteil nicht aus, nimm dem Geschlagenen sein Schwert nicht, es gibt noch wilde Tiere, gegen die er es braucht; ich selbst kann einmal in diese Lage geraten; und er wird mir dankbar sein“. Er wird uns nicht dankbar sein.

Gerechtigkeit, die keines Dankes bedarf und keine schlimme Vergeltung fürchtet, ist ein Ausdruck der Macht. Der Staat kann gegen den Einzelnen gerecht sein (kann's nicht immer sein), — wir wissen nicht, was wir verlangen, wenn wir zu überzeugen suchen. Wir verlangen die Anerkennung unserer Gleichstellung, sind aber den Anderen nicht gleichgestellt und können es im heutigen Laufe der Dinge nicht werden; weil man uns fürchtet.

Wer auf Pflicht baut, soll wissen, wie das Pflichtgefühl entsteht. Er wird sehen, daß es Heroen der Pflicht unter den Völkern nicht geben kann.

Die Völker betrachten jetzt jede Genugtuung, die sie uns geben müssen, als Aufopferung, die zu vergelten wir nicht Mühe und Dankbarkeit genug haben können.

Wir müssen bedenken, was für uns auf dem Spiel steht, wir müssen uns auf uns besinnen, — und ehe es zu spät ist, müssen wir den Sprung ins Leben wagen.


Das Judentum befindet sich jetzt in einem Zustand der Genesung und Verjüngung. Tausende junger Juden wissen nicht weiter, aber wollen weiter; wissen, daß es ein Weiter und Voran geben muss.

Die grüblerische fatalistische Lethargie des Judentums der letzten Jahrhunderte ist ihnen noch fremder, als die selbsttäuschende, frech sich behauptende und hinaufschwingende jüdische Areligiosität des letzten Moments. Tausende erwarten von sich und von ihrem Volk, daß ein Schritt gemacht werde; und Viele warten und wissen nicht worauf; aber daß sie sich nur in ihrem Volke behaupten können: das ahnen mehr, als es sich eingestehen wollen. —

Wo Menschen handeln, da steckt der Kern aller Verwicklungen in ihnen selber; das Schicksal entfaltet die Individuen, doch diese selbst hämmern die Art der Beziehungen zwischen Mensch und Mensch.

Wo freie und herrlich gebaute Gestalten auch frei und nicht im Schweiß ihres Angesichts leben wollten, dort mußte es Sklaven geben. Sollte man ihnen sagen, daß sie ein Gebot Gottes übertreten: sie würden’s gar nicht verstehen. Wollte man sie an die Gleichheit der Menschen erinnern, sie würden lachen: denn sie sahen an ihren Sklaven zu gut, daß es keine Gleichheit geben sollte.

Der Charakter der Menschen ist es, wodurch die Art ihrer Beziehungen geformt wird. Das Drama wäre sonst entweder eine Lüge oder, schlimmer noch, nur Ideal: und es ist die höchste Bestätigung der Selbstbestimmung des Menschen.

Wie könnte ein Rosenkranz dem Hamlet Weisheit predigen? Wie ein Falstaff vor dem Macbeth, kämen sie zusammen, anders reden, als mit angstvollem Blicke?

Was würde ein heutiger Journalist vor einem Jehuda Makkabi, erlebte er ihn, sprechen?

Der göttliche Funke der reinen Vernunft wie des tränendurchtränkten Verstehens und schaffenden Lebens ist Allen gegeben. Die Natur ist im kleinsten Tropfen noch voll des Göttlichen und Unendlichen, voll der Keime zu allen Möglichkeiten; und durch das Mysterium des Willens gab sie uns den Teil ihrer höchsten Kraft: der Kraft der Gestaltung. In Jedem schlummern die Wurzeln zur Erfüllung des Daseinzwecks, der Idee. Und nichts ist erhabener als der Anblick einer Seele, die zu ihrem Höchsten sich den trotzenden Weg bahnt; nichts erschütternd wie das Vergehen, als notwendige Erfüllung dieses Höchsten.

Es gibt Menschen, Lagen und Stunden, wo jedes kleinliche Wort auch vom Niedrigsten als ekelhaft gefühlt werden müsste; das Unwürdige geht dann nicht heran, um sich nicht befleckt zu sehen. Der Krieg gibt die tiefste Gelegenheit dazu; und das ist am Kriege, was die Kämpfenden adelt, was sie über allen Geschrei entsetzter Weiber und bewegter Friedensabsolutisten stellt: die Gewalt des wirklichen, ernsten Krieges bringt Beide zum Verstummen.

Kampf, Gegensatz — da kann sich die Person erst zur Geltung bringen, da fühlt sie sich erst als solche, da wird sie weiter geschmiedet und gehärtet. Denn nichts ist ein Selbst anders, als im Gegensatz zu einem zweiten, fremden, feindlichen. Das angeborene Selbst schlummert, bis es in unaufhörlichem Kampf geweckt, geprüft, gestählt oder überwunden wird; erst im Kampf kann es die Augen öffnen; und wenn es zurückschrickt und zurückweicht — um so schlimmer: freilich, für kleine Naturen — um so besser.

Und ein Volk kann als solches nur da gelten, wo es anderen gegenübersteht, als offener oder künftiger Feind. Und das Leben der Völker bestimmt sich durch ihre entwickelten Charaktere noch einheitlicher, noch entschlossener, als man es je bei Menschen sehen kann.

Wir Juden sind kaum denkbar im ganzen Verlauf der Weltgeschichte ohne Feinde; sprecht den Namen „Jude“ vor Fremden aus, und ihr werdet Funken verborgener oder zur Schau sich aufwerfender Missachtung und Feindschaft aus den Augen blicken sehen; und sprecht dem Juden davon, saget ihm, wer er ist und was er ist: ihr werdet gewahr, daß er es weiß und es zu tragen weiß ....
— Aber nein, dann wären wir ja schon gerettet! er weiß es nicht, er versteht noch nicht. Die Last ist ihm jetzt zu schwer; und wenn er noch so stolz ist, solche Last tragen zu dürfen. Nicht daß Jüdisches dem Juden an sich Last wäre: wem es das ist, gehört nicht mehr dem Judentum an, aber auch nicht der Menschheit; was jetzt mit dem Jüdischen immer verbunden ist — das ist die Kette, die ihn vor dem Fremden beugt.

Wir sind an Feinden reich. Und reich fühlen sich unsere Feinde durch uns, beglückt, daß sie es mit uns aufnehmen: und wenn sie uns noch so fluchen und es vor sich noch so verbergen. Wer ist in unseren Tagen ideell mehr befriedigt, wer predigt sich selbst mit mehr naivem Glauben, als der Judengegner? und nicht nur der schlechteste. Nicht die Vielen unter unseren Feinden sind es, nicht die Armen am Geiste, die an ihre Brust schlagen und zu ihrem Wollen, Unfrieden zu säen, überzeugt ,,Ja“ sagen.

Jene genügen nur darum sich selbst; Jene erhalten erst durch uns eine Art von Persönlichkeit; sie sind geistig passiv, erst durch uns erhalten sie den Anstoß und wir füllen ihnen erst ihr Dasein aus.

Die besten unserer Feinde — und deren sind viele, aber nur wenige, die reden — die zu allererst fühlen eine hohe Befriedigung darin, daß sie uns bekämpfen; jetzt aber noch mehr, daß sie es tun können, ohne uns Gesicht ins Gesicht schauen zu müssen.

Kein Volk fühlt sich so selbst in den Tagen des Friedens, als wo es uns bekämpfen kann; nicht immer offen, am öftesten durch Verschließen seiner Schätze und seiner Ohren; weil wir immer nach Miterwerb an Macht verlangen; weil wir die Annäherung an das Land, an das herrschende Volkstum erstreben; und jetzt wünscht man sich unsere Nähe nicht.

An uns erprobt sich das selbstische Wesen jedes Volkes, dem wir uns die Gastfreundschaft abbaten; nicht mit mehr Recht bat sich dieses Volk die Gastfreundschaft seiner Erde aus: jedes Volk ist Gastvolk.

Wir sind noch jedes Volkes Feind; ist jenes darum auch der unsrige?

In unseren Augen; Nein. Und damit sind wir am Kernpunkt aller Judenfragen angelangt. Wir haben Feinde, doch wir kennen keinen Feind. Nie wird man einen Juden sprechen hören von einem Volk als einem Feind. Nicht nur dem Gastherrnvolke wird er nichts weniger als Unliebe entgegenbringen, auch die anderen Völker betrachtet er nur freundschaftlich.

Der Jude ist immer für den Frieden. Krieg ist ihm nie Ausgang; der Gedanke an den Krieg ist ihm innerlich fremd geworden, nicht wegen seiner Gefahren — es gibt sehr viele von Grund aus tapfere Juden — sondern aus Gründen, die so tief im Juden verborgen sind, daß sie nur mit Mühe sich zurechtlegen kann.

Wir wollen keinen Feind kennen. Doch wir wollen auch keinen erkennen. Daraus folgt aber, daß wir unsere Individualität zu verlieren Gefahr laufen, vielleicht sie schon verloren haben.

Man hört so oft Juden offiziell sagen, ihre Mission wäre eben dies: die Völker auf das Wort Gottes zu weisen und ihnen Gottesfurcht und Frieden zu predigen. Sie vergessen, was sie sind; solche Mission könnte uns keine Individualität geben, weil sie die Aufhebung aller Individualität schon an sich wäre. Dies würde uns kein Recht auf Sein verleihen; weil das Volk als Ganzes aufhört zu sein, wenn es nicht sich selbst lebt.

Und einer abstrakten Idee zuliebe leben können zwar Einzelne, denen die Idee das Sein ausfüllt — ein Volk kann es nicht. Und das Judentum tut es nicht, trotz allem: die Juden sind heute keine Religionslehrer; und sie werden es nicht sein, bis sie sich selbst gefunden. Und wiederum: sie sind in Begriff sich zu verlieren. Weil Feinde umher sind und als solche nicht in ihrer Ganzheit empfunden werden; weil man jetzt nur in den Hetzern und Hassern den Feind sieht und vergisst, daß sie nur das vorgestreckte rostige Schwert sind, uns Eiterbeulen zu schlagen. Wir hätten es wissen sollen; nicht meinen, daß die Berufsfeinde des Judentum seine einzigen sind, seine berufenen Feinde gar.

„Sag’ mir, wer deine Feinde sind, und ich sage dir, wer du selbst bist.“ Und wir sollten an diesen Feinden gemessen werden? Wir sollten mit ihrem Maß, ihren Worten, ihren Begriffen zusammengestellt werden? Uns gegen sie zu wehren suchen, uns zu verteidigen, beweisen im Schweiße unseres Angesichts und im Schweiße unserer Seelen? Denn ich sah schon Judenseelen schwitzen vor Mühe, wüste und öde Schmäher über ihr Unrecht aufzuklären.

Das moderne Judentum ist schon vielfach auf die Stufe der Zeit gegangen, ohne seinen geschichtlichen Stolz mit sich. Dies ist der Juden schlechteste Sünde, daß sie auf das Niveau der Antisemiten vielfach schon herabgesunken sind. Mitunter aus edlen Gründen: aber auch durch edle Gründe hört das Schlechte nicht auf, Sünde zu sein. Ein junger Jude sagte mir einmal: „Was tun, wenn unsere Feinde unserer unwürdig sind? Da muss man schon mitunter zu ihnen sich herablassen. Es wäre wohl besser gewesen, sie zu sich zu heben, sie zu bessern. Aber wer vermag das, und wer vermag’s über sich?“

Wir Juden kommen über eine Frage zu einer Klage, warum nicht auch darüber hinaus?

Ich weiß von Juden, die alle Erscheinungen des Judenhasses und — was mehr besagen will — des Judenunwillens kennen, ja, zu ordnen versucht, Erklärung gesucht haben: über eine teils aufgeregte, teils wehmütige Resignation kommen sie nicht weiter.

Man könnte befürchten, daß wir unser Blut schon durch die unedlen Hiebe der letzten Jahrhunderte — eigentlich nur des letzten Jahrhunderts — vergiftet fühlen; denn wir beginnen uns nur dumpf zu wehren, nur abzuwehren, ohne Siegeslust, ohne Überzeugung, ohne Glauben an uns.

Ja, wir haben schlechte Feinde auch, und die sind die sichtbarsten. Und an seinen Feinden erkennt man einen Menschen, auch ein Volk. Wir haben schlechte Feinde. Zu unserer Schande sei’s gesagt! Oder bilden wir eine Ausnahme? Die Ausnahme sagt ja nur über sich selber etwas aus, nicht über die Regel. Aber das ist es eben: wir bilden keine Ausnahme, wir wollen nur keinen Feind kennen, wir wollen ihn auch nicht erkennen, solange er uns nicht dazu zwingt; und dann gibt es ein Verwundern darüber und Klagen, und die alten Weiber unter den Juden sagen: „Seht ihr? in allen Gojim steckt ein Stück Risches“. Sie sind so an schlechte Feinde gewöhnt, daß sie schon anfangen, einen für schlecht zu halten, wenn er ihr Feind ist. Und das ist das Traurigste der letzten Zeit. Wir haben das sichere Auge, das jeden Anderen scharf beobachtet, weil es weiß, daß aus einem Freunde auch ein Feind werden kann, verloren. Wir sehen nicht mehr, daß Feinde umher sind, daß uns jedes andere Volk Feind sein muss in mancher Zeit; weil ein starkes Volk die Verschmolzenheit mit einem anderen nur schwer erträgt und wir jetzt am meisten die Gefahr bilden, Gegensätze zu verwischen, wo sie kaum verdeckt werden können. Was nicht jüdisch ist, muss dem Jüdischen feindlich gesinnt sein — und ein guter Feind kann für lange Zeit ein guter Freund werden — oder wir sind keine Individualität als Ganzes mehr. Aber wir sind’s, sind’s und sollen’s ewig bleiben.

Wir haben jetzt alles Fremde zu unseren Feinden, auch weil wir wenig bieten können im Vergleich zu dem, was wir verlangen müssen und auch mitunter erlangen; was wir bieten, büßen wir, wenigstens in Anderer Augen, wir vergelten nur — und da wird immer mehr gefordert.

Öffnen wir die Augen, die sonst nur herumtasten nach einer sicheren Stütze und bald die eine, bald die andere verlassen, nur weil sie keine Zuversicht in sich haben. Wir werden Feinde um uns sehen, und wir werden auf diese Feinde stolz sein dürfen und unseren Stolz dazu wiedergewinnen.

Wir haben eine große Geschichte. Die Entwicklung des Geistes ohne uns ist eine abstrakte Möglichkeit zwar, aber in Wirklichkeit undenkbar. Wir haben tiefere Spuren überall gelassen, als wir es selbst wissen. Wir hatten einst gewaltigere Feinde uns gegenüber; wahr ist’s: zu einer Zeit, wo alles Menschliche gewaltiger und gedrungener war, wo wir selbst mehr Hohes und Gewaltiges vors Licht der Sonne stellten, als wir jetzt davor verbergen. Wir nahmen’s mit Assyr, Babylon, Syrien, Rom auf. Wir haben uns vor unseren Feinden nicht zu schämen, solange uns diese nicht durch sich beschämen, solange sie unsrer würdig sind.

Ein edler Mensch kennt Furcht nur da, wo es sich um Ungewisses handelt. Sehen wir uns um, erkennen wir das Fremde umher, erkennen wir den Feind umher, der sich doch wahrlich nicht verbirgt. Der Grund dafür, daß wir’s nicht wollen, daß wir uns keinen Feind kennen wollen, keinen zu erkennen suchen, liegt in uns, tief in uns.

Doch überwinden wir nur hier einmal — das ist sehr viel, aber nicht unmöglich.

Gestehen wir uns freudig — denn jede Erkenntnis ist Freude — daß wir nur uns selbst haben und werden wir selbst. Wir können dann wieder eine Zukunft haben, wir werden uns wieder achten, uns gestärkt fühlen durch den Anblick solcher Feinde; wir werden ein Schicksal über uns sehen, welches mit dem in uns selbst einen Kampf anzutreten sich bereitet.

Wenn wir siegen, dann hat die Menschheit wieder eine persönliche Kultur, wie unter Hellas, Rom, Europa; unterliegen wir, dann im Namen und zum Siege unserer Idee.

Dass uns unsere Idee jetzt in einem falschen Banne hält, ist die gewordene Schuld unseres Wesens selbst. Wie das kam, kommen mußte, wollen wir noch klarzulegen suchen. Und worin doch diese Idee ist, wodurch wir uns selbst betrogen; wodurch wir immer gedemütigt worden und doch am Leben geblieben sind, wenn schon geächtet und geknechtet — sind wir’s jetzt denn nicht? — wodurch wir noch im tiefsten Staube uns das auserwählte Volk nannten, und es mußten, weil sonst ein solches Leben in so tiefer Erniedrigung uns für alle Zeiten unwürdig und unebenbürtig machen würde; was unsere verborgene, dem Gross sogar unter uns selbst verborgene und verschlossene Idee ist und Mission: denn nicht anders darf man die Idee nennen, der wir leben müssen, da wir anders gar nicht leben dürften, das ist die Idee der Menschheit.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wir Juden