Die ersten Anfänge

Lange bevor wir mit dem Aufbau unserer Widerstandsorganisation begannen, die alle Gruppen umfasste, hat selbstverständlich eine große Anzahl von Kommunisten und Sozialdemokraten aus den verschiedensten Ländern einzeln — oder in kleinen Gruppen — zusammen gearbeitet; so der Deutsche Ludwig Wörl und der österreichische Kommunist Hermann Langbein, (Wenn ich aus dieser Zeit die Namen von Angehörigen anderer Nationen nicht nenne, liegt es daran, dass mir ihre Namen nicht geläufig sind. Sie haben sich aber — was insbesondere von den Polen zu sagen ist — hervorragend und häufig führend beteiligt.)

Wie die einzelnen ihre Aufgaben erfüllten, mögen zwei Beispiele zeigen:
Hermann Langbein, österreichischer Kommunist, wurde Schreiber beim Standortarzt Wirts. Es gelang ihm sehr bald, starken Einfluss auf diesen entscheidenden SS-Arzt zu gewinnen und dadurch vielen das Leben zu retten. Sein Einfluss ermöglichte es, dass sich Typhuskranke wieder in den Krankenbau wagten, die aus Furcht vor dem Abspritzen (Abspritzen heißt durch Benzin oder ähnliche Einspritzung, direkt ins Herz, getötet zu werden) mitunter buchstäblich auf der Lagerstraße starben. So manches Mal, wenn im Block 11 des Stammlagers (Bunker) Exekutionen stattfinden sollten, haben die Grabner und Bogner von der politischen Abteilung einfach 50 oder 100 Polen willkürlich aus dem Lager dazugestellt, und das nur deshalb, weil sie den polnischen Teil der Lagerbelegschaft dezimieren wollten.


Langbein gelang es häufig, hier schon in Zusammenarbeit mit dem polnischen Sozialisten Cyrankiewicz, und später dem deutschen Kommunisten Karl Lill, den Standortarzt gegen diese Morde zu mobilisieren und damit Hunderten von polnischen Kämpfern gegen den deutschen Faschismus das Leben zu retten.

Viele zur Vergasung bestimmte Häftlinge aus dem Krankenbau wurden durch das Wirken dieser Kameraden gerettet; auch eine Reihe Verbesserungen im Krankenbau und im Lager sind auf ihr Konto zu setzen, wenn ihre Arbeit auch — insbesondere nach der Schlacht bei Stalingrad — durch die Tatsache begünstigt wurde, dass die Häftlinge immer notwendiger als Arbeitskräfte gebraucht wurden.

Natürlich blieb der politischen Abteilung (Lager-Gestapo) die Tätigkeit Langbeins nicht verborgen. Man hätte ihn gern erledigt, aber der Standortarzt konnte das lange Zeit verhindern. — Eines Tages griff die politische Abteilung doch zu. Er wurde auf Transport nach Bremen geschickt. Wir hielten noch lange Verbindung zu ihm und erfuhren dann, dass er mit Hilfe der Arbeiter des Betriebes, in dem er beschäftigt wurde, entfloh. Wir hörten auch von seiner Wiederverhaftung in Berlin; dann riss die Verbindung ab. Viele Auschwitzer Häftlinge verdanken ihm ihr Leben. — Heute spielt Langbein in der österreichischen Arbeiterbewegung eine führende Rolle.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Widerstand in Auschwitz
Wörl, Ludwig (1906-1967) deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus als Gefangener

Wörl, Ludwig (1906-1967) deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus als Gefangener

Wörl, Ludwig (1906-1967) deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus

Wörl, Ludwig (1906-1967) deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus

Langbein, Hermann (1912-1995) österreichischer kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Historiker

Langbein, Hermann (1912-1995) österreichischer kommunistischer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Historiker

Lill, Karl (1908-1938) österreichisch-ungarischer Kommunist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Übersetzer

Lill, Karl (1908-1938) österreichisch-ungarischer Kommunist und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Übersetzer

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