Ursach der Fehde. Heinrich Queiß auf Plössin (jetzt Blossin) führt Beschwer über seinen Schäfer und erhält kein Recht

Zwischen Spreewald und Wendischer Spree


Der beinah achtzigjährige Heinrich von Queiß, Gerichtsherr zu Plössin und Lehnsträger des Bischofes von Lebus, war aus einem unbekannt gebliebenen Grunde mit seinem Schäfer in Streit geraten, so daß dieser letztre sich an seines Guts- und Gerichtsherrn Familie tätlich vergriff. Aber nicht genug damit, er ging in seiner Rache weiter, überfiel – nachdem er vorher die Flucht ergriffen und in Friedersdorf und Dolgenbrodt einen Bauernhaufen um sich versammelt hatte – Dorf und Feldmark Plössin und trieb seines Herren Schafe fort. Heinrich von Queiß verklagte nunmehr den Aufrührer bei dem Bischofe von Lebus, der denn auch seinem zu Storkow ansässigen Amtshauptmann Ordre zugehen ließ, nicht nur die weggetriebenen Schafe wieder herbei-, sondern auch den Schäfer selbst vor seines Grundherrn Gericht zu schaffen. Der Amtshauptmann aber erwies sich als säumig in seiner Pflicht, und da mittlerweile von seiten des rachsüchtigen Schäfers wiederholentlich versucht worden war, Plössin in Feuer aufgehn zu lassen, so wurde der von Queiß immer dringlicher in seinen Vorstellungen beim Bischofe.


Dieser, so wenigstens scheint es, war anfänglich zu helfen aufrichtig bereit und sandte Befehl über Befehl an seinen Storkower Amtshauptmann; als dieser letztre jedoch in seiner Säumigkeit beharrte, schob es der von Queiß auf Unaufrichtigkeit und bösen Willen beim Bischofe selbst und wandte sich deshalb an Heinrich Tunckel, obersten Münzmeister des Königreichs Böhmen und derzeitigen Landvogt der Niederlausitz, der in dieser seiner letztren Eigenschaft unstreitig die nächste, höhere Behörde war.

Und der Landvogt unterzog sich denn auch seiner Pflicht und ersuchte selbigen Tages noch den Bischof, »sich seines Vasallen, des von Queiß, mit größrem Nachdruck annehmen und ihn gegen den Übermut und die Schädigungen des rachsüchtigen Schäfers schützen zu wollen«. Der Brief, in dem dies Ersuchen gestellt wurde, war, wie die Chronisten melden, »in schicklichster Weise« geschrieben, nichtsdestoweniger empfand der stolze Bischof einen Groll darüber und äußerte sich ein Mal über das andre, »daß er dem Queiß den getanen Schritt nicht vergessen und ihn seinerzeit zu züchtigen wissen werde«.

»Der stolze Bischof« nennt ihn die Geschichte der Bischöfe von Lebus, und es mag hier eingeschaltet werden, wer dieser stolze Bischof war.

Georg von Blumenthal, geboren 1490 auf dem Rittergute Horst in der Prignitz, war nach dem Ableben des Bischofs Dietrich von Waldow seitens der lebusischen Domherrn einstimmig zum Nachfolger von Waldows erwählt worden, was als eine durchaus gerechtfertigte Wahl gelten konnte. Denn in früher Jugend schon hatte sich der nunmehr Erwählte durch Klugheit und Charakter hervorgetan. Er war mit siebzehn Jahren Secretair im Dienste seines Vorgängers, mit dreiundzwanzig Jahren Rektor an der Universität zu Frankfurt gewesen und hielt als solcher eine Rede, darin er die Studierenden zu Fleiß und gutem Betragen ermahnte. Bald danach empfing er den Grad eines Doktors beider Rechte.

1520 erwählte man ihn, den erst Dreißigjährigen, zum Bischofe von Havelberg, in welche Wahl jedoch Kurfürst Joachim, als Landesherr, nicht willigte, trotzdem die Wahl bereits die päpstliche Bestätigung erfahren hatte. Dies führte zu Weiterungen, aus denen der Kurfürst anscheinend als Sieger, in Wahrheit aber als Besiegter hervorging, indem er dem Erwählten und durch die Kurie Bestätigten zum Ausgleich für einen freiwilligen Verzicht auf Havelberg nicht bloß das alsbald zur Erledigung stehende Bistum Lebus zusagte, sondern ihm nebenher auch noch seine geflissentlichste Verwendung für das mecklenburgische Bistum Ratzeburg in Aussicht stellte. Der Verzicht geschah, ebenso hielt der Kurfürst Wort, und wenige Jahre später war Georg von Blumenthal ein Doppelbischof geworden: ein Bischof von Lebus und Ratzeburg.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 4. Teil