Abschnitt 9

Der Oderbruch und seine Umgebung


Moeglin


Das Wohngebäude, reich an Erinnerungsstücken aller Art, an Bildern und Büsten, ist fast ebensosehr ein Thaer-Museum als ein Wohnhaus. Auf Namhaftmachung dieser Erinnerungsstücke, meist Darbringungen von nah und fern, leisten wir hier Verzicht; ebenso auf eine Schilderung des Akademiegebäudes, der Lehr- und Wohnzimmer, der Bibliothek und der naturwissenschaftlichen Sammlungen, die sich darin vorfinden.

Wir verweilen nicht bei diesen Dingen, die, trotz ihrer Einfachheit, an die glänzendste Periode der Akademie erinnern, wir treten lieber aus den öden Zimmern wieder ins Freie, wo ein zierlicher, in Front des Gebäudes aufsteigender Obelisk uns ein schönes Fest zurückruft, das hier gefeiert wurde. Die Inschrift bezeichnet die Art des Festes. Sie lautet: »Zur Erinnerung an das fünfzigjährige Bestehen der landwirtschaftlichen Akademie zu Moeglin, im Oktober 1856.« An der andern Seite befindet sich Thaers Reliefbild; darunter die Namen aller Schüler, die zur Errichtung dieses Denksteins beitrugen.

Diese Feier, wie sie das halbhundertjährige Bestehen bezeichnete, bezeichnete doch auch zugleich den »Anfang vom Ende«. Und vielleicht war es diese Stimmung, die dem Fest eine besondere poetische Weihe gab. Viele waren gekommen, alt und jung, um dieser Stätte und dem Gedächtnis des Mannes, der hier in seltenem Maße segensreich gewirkt hatte, ihren Dank darzubringen. Und dieser Dank fand in dem Liede eines jüngeren Festgenossen seinen Ausdruck. Das Lied selbst, das wir aus dem Gedächtnis wiedergeben, lautete:

Es steht in preußischen Landen
Ein Kirchlein, alt und stumm,
Und rings an seinen Wanden
Schlingt Efeu sich herum.

Und Schatten streut die Linde,
Ein uralt mächt’ger Stamm,
Die grüne Kron im Winde,
Sie neigt sich dann und wann.

Und neben dieser Stelle,
Da liegt der schöne Teich,
Es plaudern mit der Welle
Die Zweige allzugleich.

Und zwischen Teich und Linde,
In Stufen auf und ab
(Kein schöner Grab ich finde),
Da liegt ein Blumengrab.

Und drunter schläft in Frieden,
Nach ruheloser Bahn,
Ein Mann, dem viel beschieden,
Der viel geschafft, getan.

Er hat den Sieg erstritten
In Arbeit und in Ehr,
Er ist vorangeschritten –
Wir folgen Vater Thaer.

Wir aber nehmen Abschied jetzt von dieser Stätte und von Moeglin. Unser Heimweg führt uns an dem Grabhügel vorüber, der in Blumen steht rot und weiß, als gäb es keinen Herbst und kein Scheiden. Die alte Steinkirche daneben, die schon so vieles überdauert, wird vielleicht auch diesen Hügel überdauern, aber nicht das Andenken an ihn, der unter diesem Hügel schläft.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 2. Teil