Abschnitt 6

Der Oderbruch und seine Umgebung


Kunersdorf


Graf und Gräfin Itzenplitz
1803–1848


4. »Peter Alexander Graf von Itzenplitz. Zu Groß Behnitz geboren den 24. August 1769, gestorben den 18. September 1834. Sein Herz, reich an umfassender Liebe, sein Geist voll Durst nach Wissen wirkte mit lebendiger Einsicht und beharrlicher Kraft, was in dauernder Frucht uns trostvoll umgibt.« Denkmal: Ein zugeschrägter griechischer Altar trägt zuoberst das Reliefportrait des Grafen. Darunter ein anderes Reliefbild, das alte und das neue Oderbruch, das heißt den Zustand, wie es war, und den Zustand, wie es ist, allegorisch darstellend. Wasser entströmt der Urne der Najade, und Eiche, Storch und Reiher, die im Sumpf ihre Heimat haben, bezeichnen das alte Oderbruch. Aber das abgewandt entströmende Wasser legt den Vordergrund trocken, und ein pflügendes Stiergespann, Apfelbaum und Garbe versinnbildlichen das Oderbruch, wie es jetzt ist. – Von Rauch herrührend.

5. »Henriette Charlotte Gräfin von Itzenplitz, geborne von Borcke, genannt von Friedland, geboren zu Potsdam 18. Juli 1772, vermählt zu Kunersdorf 23. September 1792, gestorben zu Berlin 13. April 1848.« Denkmal: Eine zugeschrägte Marmortafel trägt die entsprechenden Reliefs. Gräfin Itzenplitz sitzt, mit dem Ausdruck heiterer Ruhe, auf einer Bank. Neben ihr ein Fruchtkorb, auf dem die Linke ruht; in der Rechten hält sie ein aufgeschlagenes Pflanzenbuch, zum Hinweis auf ihre Vorliebe für Garten- und Pflanzenkunde. – Ebenfalls von Rauch.

6. »Gräfin von Itzenplitz, geborne Gräfin von Bernstorff.« Denkmal: Der Engel des Todes entführt die Mutter ihren Kindern; aber noch im Scheiden sucht sie schützend ihren Schleier um alle die zu breiten, die sie zurückläßt. – Eine vortreffliche Arbeit von Friedrich Tieck.

7. »Gräfin von Itzenplitz, geborne von Sierstorpff.« Denkmal: ein einfaches Marmorkreuz.

8. »Gräfin von Itzenplitz, geborne von Kröcher.« Denkmal: Die Sterbende preßt das Kreuz an ihre Brust, während ihr der Engel des Todes den Kranz reicht. – Von Hugo Hagen.

Der Platz der neunten Nische ist noch frei. Graf Heinrich von Itzenplitz, der gegenwärtige Besitzer der Herrschaft, hat ihn für sich reserviert, um hier an der Seite der Seinen zu ruhen. Der Friedhof selbst aber, von dem wir jetzt Abschied nehmen und von dem wenige wissen, bildet eine Sehenswürdigkeit unserer Mark auch nach der Seite des Künstlerischen hin. Die besten bildnerischen Kräfte, die unser Land hervorgebracht, hier waren sie tätig: Schadow, Rauch, Tieck. Und keiner von ihnen ist an dieser Stelle hinter sich selbst zurückgeblieben.

Die schönste Stunde im Schloß ist die Morgenstunde. Noch ist alles still; draußen leuchtet ein klarer Septemberhimmel, Luft und Sonne strömen durch das offene Fenster ein. Unter dem Fenster hin zieht sich ein Garten, mit Rasenplatz und Blumenrondell. Die Gänge sind frisch geharkt; keine Fußspur unterbricht die glatten Furchen; nur hier und da sieht man ein Gekräusel im Sand, von einem Huhn herrührend, das sich aus dem Hof in den Garten stahl. Die Bosquets sind abgeblüht; die Spätlinge des Jahres, meist rote Verbenen, haben an der Rampenwand ein warmes Plätzchen gesucht; dort trifft sie eben die volle Morgensonne.

Hinter dem Garten steigt der Park auf, und mitten durch den Park hin, in grader Linie auf das Schloß zu, zieht sich, kanalartig, ein breiter Teich. Die Bäume zur Rechten des Wassers stehen dicht und dunkel; aber nach links hin lichten sie sich, und durch die Lichtungen hindurch, über weiße Birkenbrücken hinweg, blicken wir weit in das offene Wiesenland hinein.

Friede ringsum. Auf das Fensterbrett vor mir setzt sich ein Spatz und zwitschert und sieht mich an, als erwart er sein Morgenbrot von mir. Er pickt die Krumen auf, die ich ihm hingeworfen, und unterwegs seine Flügel ins Wasser tauchend, fliegt er über die Breite des Teiches hin.

Einzelne Sträucher lachen mit roten Beeren aus dem Unterholz des Parkes hervor; die große Linde, halb herbstlich schon, streut bei jedem Luftzug ein gelbes Blatt auf die Gänge nieder; aber im Fallen zögern einzelne Blätter wieder und raffen sich auf, als überlegten sie, ob sie nicht lieber steigen sollen. Vereinzelte Vogelstimmen singen in den Morgen hinein; sonst alles still; nur das Wasser, nun fast ein Jahrhundert schon, fällt an derselben Stelle melodisch-einförmig über das Wehr, wie ein Ewiges, das die Bilder der Zeitlichkeit umschließt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 2. Teil