Protzen

An Rhin und Dosse


            Im Westen schwimmt ein falber Strich,
            Der Abendstern entzündet sich,
            Schwer haucht der Dunst vom nahen Moore;
            Schlaftrunkne Schwäne streifen sacht
            An Wasserbinsen und am Rohre.
            »So hab ich dieses Schloß erbaut,
            Ihm mein Erworbnes anvertraut,
            Zu der Geschlechter Nutz und Walten;
            Ein neuer Stamm sprießt aus dem alten,
            Gott segne ihn, Gott mach ihn groß.«
                                    Annette von Droste-Hülshoff


Westlich, in unmittelbarer Nähe von Walchow, liegt Protzen, ein wohlhabendes Luch- und Torfdorf wie jenes. Es war immer, soweit die Nachrichten reichen, ein adliges Gut. Im vierzehnten und fünfzehnten und auch noch zu Beginn des sechzehnten Jahrhunderts saß hier eine Familie, die sich einfach nach ihrem Wohnorte nannte, also eine Familie von Protzen. Eine der drei Kirchenglocken (die größte) geht bis in jene Zeit zurück. Sie rührt noch aus der Zeit Albrecht Achills her und trägt die Inschrift: »Jhesu Criste rex gloriae veni eum pace«, samt der Jahreszahl 1476. Hat also schon zur katholischen Zeit die Gemeinde zur Kirche gerufen.

Den Protzens folgten um etwa 1522 die Gadows, die das Dorf 130 Jahre lang, von den ersten Tagen der Reformation an bis zum Schluß des Dreißigjährigen Krieges, in ihrem Besitz hatten. Auch aus diesem Abschnitt existieren keine Überlieferungen. Aber wie von den Protzens her die älteste Glocke, so datiert von den Gadows her der älteste Abendmahlskelch der Kirche. Er ist vergoldet, von schöner Form und zeigt, außer den drei Fischen des Gadowschen Wappens, die Jahreszahl 1584. In der Mitte, um den Handgriff herum, stehen einzeln die Buchstaben J-E-S-U-S.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil