Die Familie Quast in Protzen (1652–1752)

An Rhin und Dosse


Protzen


Um 1652 waren die Gadows, wahrscheinlich infolge des Kriegselends, derart verschuldet, daß sie Protzen nicht mehr halten konnten. Sie verkauften es um die genannte Zeit an ihren Gutsnachbar Otto von Quast, der nach diesem Kaufe sein väterliches Gut Garz aufgab und nach Protzen hinüberzog.

Der Grund zu diesem Gutsankaufe seitens der Quaste lag in einem starken Familiengefühl. Albrecht Christoph von Quast, von dem das folgende Kapitel ausführlicher handeln wird, hatte, wie so viele von denen, die »lieber Hammer als Amboß« sein wollten, im Laufe des Dreißigjährigen Krieges ein Vermögen erworben und gedachte dasselbe zu Güterkäufen in Mähren zu verwenden. Seine von alter Zeit her im Ruppinschen ansässige Familie wünschte jedoch den einflußreichen Mann, der um 1652 der berühmteste Träger ihres Namens war, im Lande zu behalten, und so wurde Garz, das älteste Quastsche Familiengut, seitens seines Vetters Otto an den Generalfeldwachtmeister und Eroberer der Insel Fünen, Albrecht Christoph von Q., abgetreten. Otto von Quast aber kaufte nunmehr, wie schon hervorgehoben, anstelle des alten Familiengutes das nahe gelegene Protzen und freute sich der Sonne, die von Garz aus herüberschien.

Die Quaste verblieben von jener Zeit an durch vier Generationen im Besitze von Protzen.

1682 mußte der alte Turm abgetragen und ein neuer errichtet werden. Der damalige Besitzer von Protzen war Alexander Ludolf, ältester Sohn des vorerwähnten Otto von Quast. Er unterzog sich der Renovierung und ließ gleichzeitig ein Schriftstück anfertigen, das in dem Turmknopf aufbewahrt wurde. Dieser Turmknopf saß 111 Jahre lang unter Wind und Wetter fest, und was die Welt bis zu jenem Zeitpunkt über Protzen und die hundertjährige Herrschaft der Protzener Quaste wußte, war gleich Null. Da kam 1793 ein Sturm, warf den Turmknopf in die Dorfstraße hinunter und brachte dadurch das urkundliche Schriftstück von 1682 ans Licht. Es umfaßte nur vier Seiten, gab aber über die früheren Besitzverhältnisse des Dorfes genügendes Material an die Hand. Auch anderweite Notizen waren mit eingeflochten. So hieß es beispielsweise über den Turmbau: »Weil die Mauer an einer Ecke bis auf die Turmtür von Grund aus zerfallen war, ließen wir Michael Dietzel aus Schleiz im Vogtlande kommen; den Turmbau selbst aber übertrugen wir einem berühmten Zimmermann und Turmbauer, dem Meister Hans Kraatzen aus Seegefeld bei Spandau, einem Untertanen des Herrn von Ribbeck.« Dann an anderer Stelle: »Als die oberste Fahnschwelle aufgebracht werden sollte, wurde der sechzig Jahr alte Kirchenvorsteher Balzer Schleuß, ein frommer, ehrlicher Mann, aus einer ›unglücklichen Unvorsichtigkeit‹ erschlagen, welcher indes, ›da er ein Unglück bei diesem Turmrichten befürchtet und sich den Tag zuvor mit Gott versöhnet und das hochwürdige Abendmahl andächtig genossen hatte, ohne Zweifel wohlselig gestorben ist‹.«

Alexander Ludolf, der auch Güter an der Ostseite des Ruppinschen Sees in seinen Besitz brachte, ist der Gründer der noch blühenden Radenslebener Linie. Sein schönes Portrait, gute niederländische Schule, befindet sich im Herrenhause zu Radensleben. Er war zweimal verheiratet, erst mit einer von Katte, dann mit einer von Grävenitz, und hatte zehn Kinder aus diesen beiden Ehen. Er scheint damals durch Besitz, Charakter und Familienverbindungen eine der angesehensten Persönlichkeiten der Grafschaft und der Kurmark überhaupt gewesen zu sein. Das Ansehen, das der Generalfeldwachtmeister Albrecht Christoph von Quast unmittelbar vor ihm genoß, ging wenigstens partiell auf ihn über.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Wanderungen durch die Mark Brandenburg, 1. Teil