Von Mecklenburgs Ufern an der Ostsee. 22. Mai 1821
Aus: Ökonomische Neuigkeiten und Verhandlungen. Nr. 12. des 22. Bandes
Autor: André, Christian Carl (?-?) Herausgeber, Erscheinungsjahr: 1821
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Mecklenburg-Vorpommern, Hansestadt Rostock, Landwirtschaft, Ernte, Aussichten, Erträge
Ach, mein verehrter Freund wie traurig sieht es hier auf dem Lande aus. Die so ausgezeichnet schöne Aprilwitterung, sie vermochte uns nicht aufzuheitern; denn die Aussichten für die Zukunft sind wirklich, in einer Gegend, d. h. etwa 1 1/2 Meile von den Küsten der Ostsee entfernt, niederschlagend. Der ganze Strich von Ribnitz bis Travemünde, abgerechnet diejenigen Güter, deren Felder unmittelbar ans Meer grenzen, bis etwa gegen die Mitte des Landes, hat, mit seltener Ausnahme, keine Aussicht Winterkorn zu bauen; ja noch in diesem Augenblick sehen unsere Weizenfelder so kahl und öde aus, dass man sie in der Ferne nicht für Saatfelder erkennt, die noch in diesem Jahre tragen sollen. Heute am 22. Mai bin ich noch mit mir selbst nicht einig, ob ich meinen Weizen stehen lasse oder unterhacke. Wer vom Roggen mehr als das 3te Korn bauet, kann sich Glück wünschen, in den bezeichneten Gegenden; viele bauen nicht die Saat wieder. Die seit einer Zeit von 3 Wochen eingetretene kalte Witterung – noch in der letzten Nacht hat es Eis gegeben und Reif – verzehrt nun gar noch die sparsam aufgetaute Pflanze, und anstatt, dass die Saat aufgrünen soll, verliert sie sich immer mehr. Ich bin mit meiner Sommersaat noch nicht fertig, sondern werde solche erst in dieser Woche vollenden. Viele sind noch um Vieles
weiter zurück. Unterdessen mag ja wärmere Witterung eintreten, und erst dann werde ich über einen Teil meiner Weizensaat das Endurteil fällen. Selten gibt es gute Gerste hier, wenn sie die Stelle des ausgegangenen Wintergetreides vertreten soll, und man muss wenigstens, Arbeitslohn und Einsaat gerechnet, 4 Scheffel Gerste gegen 1 Scheffel Weizen bauen, um nur schadenfrei zu sein. Was hilft's dann auch noch, das arme Zugvieh länger als gewöhnlich zu quälen; denn baue ich das 2te Korn vom Weizen, so ist dies so gut, als wenn ich das 3te von der Gerste habe. Nahe an der Ostfee hat wahrscheinlich der warme Hauch des Meeres im strengen Winter das zarte Leben der jungen Saat beschützt; etwas entfernt von der Küste hat eben diese warme Ausdünstung des Meeres den unbedeutenden Schnee weggeleckt, aber war nicht genügend, um die Saat zu erhalten. Tiefer im Lande, ziehe ich eine Linie von Wittenburg nach Sternberg, Güstrow, Malchin etc. wie mir berichtet worden ist, hat sich nach Süden hin die Saat so gut erhalten, dass man auf eine gute Ernte in Rücksicht des Wintergetreides hoffet.
Um wieder auf die merkantilischen Verhältnisse zurück zu kommen, muss sich Dänemark noch in einer weit traurigeren Lage befinden als Mecklenburg. Wir, die wir einen Überfluss von Korn und Butter haben, sehen eine Menge von Dänischen Schiffen in unseren Häfen, die uns mit diesen Waren noch versorgen wollen. Hier kommt Dänischer Hafer, Dänische Gerste an, und wird zu einem so unerhört niedrigen Preise von der Hand geschlagen, dass ich gar nicht begreife, wie die Dänen zu ihrem Arbeitslohn und zu ihrer Fracht kommen. Dänische Butter ist in Rostock das Pfund zu 1 1/2 ßl., 5. N. 2/3tel gekauft; aber freilich bei ihrer schlechten Beschaffenheit nur von den Fuhrleuten, um sie als Wagenschmiere zu gebrauchen. Aber denken Sie, mit Butter die Wagen zu schmieren! Es ist wohl unerhört! Die Domainenpächter in Dänemark haben dies Jahr keine Pacht bezahlen können. Der König hat Korn, Roggen und Gerste, durch die Bank den Scheffel, wie es heißt, zu 1, ßl. angenommen. Einige reiche Häuser in Koppenhagen haben 10.000 Last angenommen, und 2/3tel des Werts gleich bar an die Krone ausbezahlt. Nun ging die ganze Masse von Korn nach Holland. Vor 4 Wochen, wie ich höre, soll es noch nicht verkauft gewesen sein; ob also die Krone noch pr. Scheffel 17 ßl. bekommen wird, das ist die Frage, da von den Kaufleuten dieser Preis nicht verheißen ist.
Bei uns ist alles unerhört wohlfeil! Ochsen, die fast mit 40–50 Thaler bezahlt wurden, kauft man jetzt für 20–22 Rthlr.; trächtige Starken? welche ehemals 20 – 24 Rthlr, galten, werden jetzt mit 10 – 12 Rthlr. bezahlt. Gleichwohl stehen die Pachtungen immer noch sehr hoch, und die Kuhpächter oder Holländer geben noch jetzt 12, 15–14 Rthlr. für die Kuh, und bekommen dagegen, wenn sie tonnenweise oder in einem Gewicht ihre Ware ins Preußische bringen, 5 1/4 ß. Gold für das Pfund, und auf den hiesigen Märkten in einzelnen Pfunden 5–6 ß. Die alte Regel besagt sonst, dass die Kuh nur so viel, Thaler an Pacht geben könne, als das Pfd. Butter Schilllinge kostet. Eine Menge von sogenannten Holländern verarmt, und da die von ihnen zu gebende Unterpacht durch die Bank wohl die Hälfte der Gutspacht betragen mag; so sehen Sie leicht ein, in welches Gedränge Gutsbesitzer und Pächter kommen, wenn diese Zeitverhältnisse noch länger dauern. Nun, es wird und muss sich ja endlich alles fügen und ordnen, wenn wir nur erst diesen Wandel der Dinge glücklich überstanden haben, wodurch aber freilich so manche Familie in Armut gestürzt wird.
Sie wundern sich vielleicht, dass noch fremde Produkte bei eigenem Überfluss bei uns eingeführt werden dürfen; aber unser Land ist für Einfuhr und Ausfuhr ganz offen. Es wird eine Menge von Jütländischem Vieh alljährlich ins Land geschleppt, und unnennbare Summen gehen in die Fremde, und das fremde Vieh ist in der Tat, wie ich selbst die Erfahrung gemacht habe, um nichts besser als unser eigenes, und um 2/3tel des Preises teuerer. Der Bauer zieht hier sehr viel Vieh auf, und nimmt nichts aus dem Erlös vom Korne, sondern aus dem Viehverkauf seiner Pacht gewöhnlich. Jetzt, da es bei unsern großen Gutsbesitzern einmal eingeführt ist, eine Herde von Jütländischem Vieh zu haben, und die Kleinen den Großen gerne nachahmen; so können unsere Bauern ihr junges Vieh nicht anbringen, oder müssen es um einen Spottpreis verkaufen. Ach, glauben Sie es mir, mein Bester, die unselige Mode, wie sie über Hauben und Hüte mit ihrem gewaltigen Zepter herrscht, wirkt auch hierbei nicht wenig. Man will doch sagen können:
ich habe auch eine Herde von Jütländischem Vieh.
Welche ungeheure Summen sind nicht für veredelte Schafe aus dem Lande gegangen. Ich tadle dies im Ganzen nicht; aber es regte sich hier im eigentlichen Verstande, eine Wut nach veredelten Schafen, und mancher hat sich dadurch ruiniert; eine Menge von Schäfern ward dadurch außer Brot gesetzt, und die Herren haben doch im Grunde so großen Vorteil nicht von ihren veredelten Herden, wie sie erwarteten; ja mancher fand sich, wie mir noch neulich ein Mann bekannte, der sich aus Sachsen eine Herde kommen ließ, die ihn 3.400 Rthlr. kostete, bei einem alten Schäfer, der nun ohne Brot ist, besser als jetzt. Und wenn nun gar eine Seuche einmal ausbricht – sie haben hier Böcke bezahlt mit 200 Rthlr. – wie ist es möglich, dass die Leute dabei ihre Rechnung finden? Der einzige, welcher mit Zuverlässigkeit von dieser Manie Vorteil gehabt hat, ist ein gewisser Eigentümer und Pächter Pogge, der aus dem Österreichischen Schlesien feine Schafe holte, und durch Verkauf derselben ansehnlich profitiert haben soll. Was nach Abrechnung der Zinsen von dem Kapital fällig, das zur Einrichtung der neuen Schäfereien erforderlich war,
und nach Abrechnung der kostspieligen Unterhaltung dieser Fremdlinge von dem Ertrage der Schäfereien übrig
bleibt: ich glaube wenigstens, dass dies nicht mehr aus
macht, als was die alten Schäfereien einbrachten;
dass aber das Anlegungskapital ewig verloren ist. Indessen ist es ein nicht unbedeutender Vorteil, dass die hiesige Schafrasse im Ganzen verbessert geworden ist, und dies, ich glaube es gerne, mag vielleicht für die Zukunft, alles wieder gut machen; nur in diesem Augenblick vermehrte diese Spekulation den Druck, welchen wir fühlen.
weiter zurück. Unterdessen mag ja wärmere Witterung eintreten, und erst dann werde ich über einen Teil meiner Weizensaat das Endurteil fällen. Selten gibt es gute Gerste hier, wenn sie die Stelle des ausgegangenen Wintergetreides vertreten soll, und man muss wenigstens, Arbeitslohn und Einsaat gerechnet, 4 Scheffel Gerste gegen 1 Scheffel Weizen bauen, um nur schadenfrei zu sein. Was hilft's dann auch noch, das arme Zugvieh länger als gewöhnlich zu quälen; denn baue ich das 2te Korn vom Weizen, so ist dies so gut, als wenn ich das 3te von der Gerste habe. Nahe an der Ostfee hat wahrscheinlich der warme Hauch des Meeres im strengen Winter das zarte Leben der jungen Saat beschützt; etwas entfernt von der Küste hat eben diese warme Ausdünstung des Meeres den unbedeutenden Schnee weggeleckt, aber war nicht genügend, um die Saat zu erhalten. Tiefer im Lande, ziehe ich eine Linie von Wittenburg nach Sternberg, Güstrow, Malchin etc. wie mir berichtet worden ist, hat sich nach Süden hin die Saat so gut erhalten, dass man auf eine gute Ernte in Rücksicht des Wintergetreides hoffet.
Um wieder auf die merkantilischen Verhältnisse zurück zu kommen, muss sich Dänemark noch in einer weit traurigeren Lage befinden als Mecklenburg. Wir, die wir einen Überfluss von Korn und Butter haben, sehen eine Menge von Dänischen Schiffen in unseren Häfen, die uns mit diesen Waren noch versorgen wollen. Hier kommt Dänischer Hafer, Dänische Gerste an, und wird zu einem so unerhört niedrigen Preise von der Hand geschlagen, dass ich gar nicht begreife, wie die Dänen zu ihrem Arbeitslohn und zu ihrer Fracht kommen. Dänische Butter ist in Rostock das Pfund zu 1 1/2 ßl., 5. N. 2/3tel gekauft; aber freilich bei ihrer schlechten Beschaffenheit nur von den Fuhrleuten, um sie als Wagenschmiere zu gebrauchen. Aber denken Sie, mit Butter die Wagen zu schmieren! Es ist wohl unerhört! Die Domainenpächter in Dänemark haben dies Jahr keine Pacht bezahlen können. Der König hat Korn, Roggen und Gerste, durch die Bank den Scheffel, wie es heißt, zu 1, ßl. angenommen. Einige reiche Häuser in Koppenhagen haben 10.000 Last angenommen, und 2/3tel des Werts gleich bar an die Krone ausbezahlt. Nun ging die ganze Masse von Korn nach Holland. Vor 4 Wochen, wie ich höre, soll es noch nicht verkauft gewesen sein; ob also die Krone noch pr. Scheffel 17 ßl. bekommen wird, das ist die Frage, da von den Kaufleuten dieser Preis nicht verheißen ist.
Bei uns ist alles unerhört wohlfeil! Ochsen, die fast mit 40–50 Thaler bezahlt wurden, kauft man jetzt für 20–22 Rthlr.; trächtige Starken? welche ehemals 20 – 24 Rthlr, galten, werden jetzt mit 10 – 12 Rthlr. bezahlt. Gleichwohl stehen die Pachtungen immer noch sehr hoch, und die Kuhpächter oder Holländer geben noch jetzt 12, 15–14 Rthlr. für die Kuh, und bekommen dagegen, wenn sie tonnenweise oder in einem Gewicht ihre Ware ins Preußische bringen, 5 1/4 ß. Gold für das Pfund, und auf den hiesigen Märkten in einzelnen Pfunden 5–6 ß. Die alte Regel besagt sonst, dass die Kuh nur so viel, Thaler an Pacht geben könne, als das Pfd. Butter Schilllinge kostet. Eine Menge von sogenannten Holländern verarmt, und da die von ihnen zu gebende Unterpacht durch die Bank wohl die Hälfte der Gutspacht betragen mag; so sehen Sie leicht ein, in welches Gedränge Gutsbesitzer und Pächter kommen, wenn diese Zeitverhältnisse noch länger dauern. Nun, es wird und muss sich ja endlich alles fügen und ordnen, wenn wir nur erst diesen Wandel der Dinge glücklich überstanden haben, wodurch aber freilich so manche Familie in Armut gestürzt wird.
Sie wundern sich vielleicht, dass noch fremde Produkte bei eigenem Überfluss bei uns eingeführt werden dürfen; aber unser Land ist für Einfuhr und Ausfuhr ganz offen. Es wird eine Menge von Jütländischem Vieh alljährlich ins Land geschleppt, und unnennbare Summen gehen in die Fremde, und das fremde Vieh ist in der Tat, wie ich selbst die Erfahrung gemacht habe, um nichts besser als unser eigenes, und um 2/3tel des Preises teuerer. Der Bauer zieht hier sehr viel Vieh auf, und nimmt nichts aus dem Erlös vom Korne, sondern aus dem Viehverkauf seiner Pacht gewöhnlich. Jetzt, da es bei unsern großen Gutsbesitzern einmal eingeführt ist, eine Herde von Jütländischem Vieh zu haben, und die Kleinen den Großen gerne nachahmen; so können unsere Bauern ihr junges Vieh nicht anbringen, oder müssen es um einen Spottpreis verkaufen. Ach, glauben Sie es mir, mein Bester, die unselige Mode, wie sie über Hauben und Hüte mit ihrem gewaltigen Zepter herrscht, wirkt auch hierbei nicht wenig. Man will doch sagen können:
ich habe auch eine Herde von Jütländischem Vieh.
Welche ungeheure Summen sind nicht für veredelte Schafe aus dem Lande gegangen. Ich tadle dies im Ganzen nicht; aber es regte sich hier im eigentlichen Verstande, eine Wut nach veredelten Schafen, und mancher hat sich dadurch ruiniert; eine Menge von Schäfern ward dadurch außer Brot gesetzt, und die Herren haben doch im Grunde so großen Vorteil nicht von ihren veredelten Herden, wie sie erwarteten; ja mancher fand sich, wie mir noch neulich ein Mann bekannte, der sich aus Sachsen eine Herde kommen ließ, die ihn 3.400 Rthlr. kostete, bei einem alten Schäfer, der nun ohne Brot ist, besser als jetzt. Und wenn nun gar eine Seuche einmal ausbricht – sie haben hier Böcke bezahlt mit 200 Rthlr. – wie ist es möglich, dass die Leute dabei ihre Rechnung finden? Der einzige, welcher mit Zuverlässigkeit von dieser Manie Vorteil gehabt hat, ist ein gewisser Eigentümer und Pächter Pogge, der aus dem Österreichischen Schlesien feine Schafe holte, und durch Verkauf derselben ansehnlich profitiert haben soll. Was nach Abrechnung der Zinsen von dem Kapital fällig, das zur Einrichtung der neuen Schäfereien erforderlich war,
und nach Abrechnung der kostspieligen Unterhaltung dieser Fremdlinge von dem Ertrage der Schäfereien übrig
bleibt: ich glaube wenigstens, dass dies nicht mehr aus
macht, als was die alten Schäfereien einbrachten;
dass aber das Anlegungskapital ewig verloren ist. Indessen ist es ein nicht unbedeutender Vorteil, dass die hiesige Schafrasse im Ganzen verbessert geworden ist, und dies, ich glaube es gerne, mag vielleicht für die Zukunft, alles wieder gut machen; nur in diesem Augenblick vermehrte diese Spekulation den Druck, welchen wir fühlen.
Rostock - Giebelhäuser bei der Nicolaikirche
Rostock, Stadthafen, 1968
Hansestadt Rostock, Stadthafen mit Großsegler, 1968
Rostock, Stadthafen mit Großsegler, 1968
Rostock-Warnemünde, Alter Strom, Eisgang 1968
Rostocker Umland mit Bauernhof, 1968
Arbeitspause für Mensch und Tier
Bauer mit Pferd
Bauern beim Dreschen
Federvieh
Getreideernte, ein Fuder Getreidegarben
Getreideernte
Bauernjunge
Kühe auf der Wiese
Kühe im Stall
Mittagspause bei der Feldarbeit
Mittagstisch auf dem Bauernhof
Ochsengespann