Volksmärchen - 09. Königin Isabelle.
Aus: Ut oler Welt. Sagen, Volkslieder und Reime
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Es hatte ein armer Mann einen einzigen Acker; da kamen die großen reichen Bauern daher, fragten nicht lange, sondern bauten auf des armen Mannes Acker einen langen Schafstall. Alle Einreden waren vergeblich, so dass der Mann mit seiner Klage endlich vor den König ging. „Gib dich nur zufrieden“, sprach der König; „ich will dir einen andern Acker geben.“ Das tat er auch.
Wie nun der Mann daran ging, ihn zu bestellen, grub er aus der Erde heraus einen goldenen Mörserkolben, aber den Mörser dazu konnte er nicht finden, so viel er auch suchen mochte. Da sprach er zu seiner Tochter, die hieß Isabelle: „Isabelle“, sprach er, „der König hat uns doch das Land geschenkt, nun will ich ihm auch den goldenen Kolben schenken, den ich in dem Lande gefunden habe.“
Darauf entgegnete Isabelle: „Ich rat Euch, Vater, lasst das lieber sein; denn wenn der König den Stößer sieht, so wird er auch nach dem Mörser fragen, und wenn Ihr den nicht schaffen könnt, so wird er meinen, Ihr hättet ihn für Euch behalten.“
Aber der Mann ließ sich nicht bereden, sondern ging hin vor den König. „Mit Gunst, Herr König! Ich wollte Euch wohl einen goldenen Stößer bringen, den habe ich in dem Acker gefunden, den Ihr mir neulich geschenkt habt, so Ihr noch wohl wissen werdet.“
„Gut das!“ sprach der König; „aber, lieber Mann, der Mörser, wo ist denn der?“
„Mit Verlaub, Herr, den Mörser fand ich nicht, so viel ich auch gesucht habe.“
„Ei Mann!“ sprach der König; „wo der Stößer ist, da muss doch auch der Mörser sein; du möchtest ihn wohl gern für dich behalten?“
„Gewiss und wahrhaftig, Herr König, den Mörser habe ich nicht.“
„Ja, warte nur, Bösewicht!“ fuhr der König voll Zorns heraus; „ich will dich setzen lassen bei Wasser und Brot, und nicht eher sollst du loskommen, bis du mir kund tust, wo du den Mörser ließest, der zu dem goldenen Stößer gehört.“
Da ließ der König den armen Mann ins Gefängnis werfen; der fing an zu klagen und rief in einem fort: „Hätt' ich doch meiner Töchter geglaubt!“
Als das dem König hinterbracht wurde, ließ er ihn vor sich fordern und fragte ihn, warum er denn immer riefe: „Hätte ich doch meiner Tochter geglaubt!“
Da erzählte er dem König, wie ihm seine Tochter vorhergesagt hätte, dass es alles so kommen würde. Sprach darauf der König: „Wenn Eure Tochter wirklich so klug ist, wie Ihr sagt, so mochte ich sie wohl sehen und auf die Probe stellen.“ Und sogleich sandte er seine Diener aus und ließ sie rufen.
Als Isabelle nun vor den König kam, redete er sie an und sprach: „Ich habe viel von deiner Klugheit reden hören, darum will ich dir jetzt eine Aufgabe stellen, du sollst zu mir auf mein Schloss kommen; nicht nackt und nicht bekleidet, nicht gegangen und nicht geritten, nicht zu Pferde und nicht zu Wagen, nicht bei Tage und nicht bei Nacht; wenn du das kannst, so will ich dich zur Frau nehmen und sollst die Königin sein.“ Da hat das Mädchen gesagt: ja, das wollte sie wohl können und ist fortgegangen.
Den nächsten Mittwoch nahm sie ein Fischnetz, da kroch sie splitternackt hinein, band es einem Esel an den Sattel, doch so, dass sie eben mit den großen Zehen den Boden streifte und ließ sich hintragen zu des Königs Schloss; so kam sie denn an: nicht nackt und nicht bekleidet, nicht gegangen und nicht geritten, nicht zu Pferde und nicht zu Wagen, nicht bei Tage und nicht bei Nacht, denn es war an einem Mittwoch*) morgen. Als das der König sah, verwunderte er sich zum höchsten über ihre Klugheit und sprach: Ich will dich nun zu meiner Frau annehmen; nur eins muss ich mir zuvor noch ausbedingen, dass du mit allem zufrieden bist, was ich tue, es mag sein, was es will; solltest du aber jemals dawider sein, so werde ich dich aus meinem Hause verstoßen.“ Das musste sie dem Könige versprechen; der nahm sie dann zur Frau.
Eine Zeit darnach kriegte die Königin ein kleines Kind, das war ein Mädchen. Da sprach der König: „Ich will das Kind von der Welt schaffen lassen; wir haben doch nur Last davon.“ Da bebte der Königin das Herz in der Brust vor Schrecken, aber doch blieb sie ihrem Versprechen getreu und antwortete: „Wenn Ihr es wollt, Herr, so bin ich zufrieden.“ So ließ denn der König das Kind von seinen Dienern hinwegtragen.
Es verging eine Zeit, da kriegte die Königin ein zweites Kind, das war ein Knabe; und wieder sprach der König: „Ich will das Kind von der Welt schaffen, wir haben doch nur Last davon.“ „Wenn es Euer Wille ist, Herr, so bin ich zufrieden“, sagte Isabelle, ob es ihr gleich an die Seele ging, dass sie sich von ihrem lieben, unschuldigen Kinde scheiden sollte. So ließ es denn der König durch seine Diener hinwegtragen. Die Zeit verging, aber die Königin kriegte nun keine Kinder mehr; sie verschloss ihre Traurigkeit in der Brust, ohne jemals gegen den König zu murren.
*) Plattdeutsches Sprichwort: middewiäken is näin dag.
Nun trug es sich einstmals zu, dass ein Bauer mit seiner Mähre über Feld zog, und als er zu eines andern Bauern Hofe kam, wo er Geschäfte hatte, band er derweilen sein Pferd an einen Wagen, der mit Heu beladen war. Da traf es sich, dass die Mähre ein Füllen warf; das freute den Mann sehr; als er aber das Füllen mit sich hinweg führen wollte, trat der, welchem das Fuder Heu gehörte, hinzu und sagte: das ginge nur nicht so; das Füllen käme von Rechts wegen ihm zu, weil die Mähre an seinem Fuder Heu gestanden hätte, als sie das Füllen zur Welt brachte. Weil sie nun darüber in heftigen Streit gerieten, so gingen sie zuletzt mit ihrer Klage vor den König; der tat den Ausspruch: dass der das Füllen haben sollte, an dessen Wagen die Mähre gestanden hätte. Der Bauer, dem das Füllen zugesprochen war, ging mit lachendem Munde fort, der andere aber war ganz traurig über des Königs ungerechte Entscheidung. Da ward ihm gesagt, er solle zur Königin gehen, die wäre sehr klug und herzlich gut und könne ihm vielleicht einen nützlichen Rat geben. Ging da der arme Bauer zu der Königin und stellte ihr seine Sache vor. Da sprach sie: „Kaufe dir ein Fischnetz, und Morgen früh, wenn der König mit seinen Leuten durch die Stadt gehet, ziehe das Netz über die Pflastersteine, als wolltest du Fische fangen. Wenn dich dann der König fragt, so antworte ihm: „Eben so gut, wie ein Fuder Heu ein Füllen werfen kann, eben so wohl kann ich auf dem Pflaster hier auch Fische fangen.“ Der Bauer tat, wie ihm die Königin gesagt hatte; und als er nun am andern Morgen sein Netz durch die Straßen zog, kam der König mit seinen Hofleuten auch bald des Wegs gegangen und fragte verwundert: was er denn da täte. „Ich fische“, sagte der Bauer. „Aber, guter Freund“, sprach der König, „wie magst du in den Straßen fischen, da doch kein Wasser ist?“ „Ei, Herr!“ entgegnete der Bauer; „eben so gut, wie ein Fuder Heu ein Füllen zur Welt bringen kann, eben so gut kann ich auf der Straße hier auch Fische fangen.“ Da erkannte der König den Bauer wieder und sprach: „Du sollst dein Füllen ersetzt haben; aber den Einfall mit dem Netze, den kann dir niemand gesagt haben, außer der Königin, das merk ich wohl.“ Jetzt ist der König von da gleich zu der Königin gegangen und hat gesagt: „Ich sehe wohl, dass dir, was ich tue, nicht recht ist; darum musst du noch heute mein Haus verlassen und hingehen, woher du gekommen bist.“
„Wenn das euer Wille ist“, sprach Isabelle, „so will ich auch zufrieden sein.“ Da ließ ihr der König alte zerrissene Kleider geben und verstieß sie, dass sie arm und halb nackt wieder zu ihres Vaters Hause kam; aber doch sprach sie wider den König kein böses Wort.
Über eine Zeit, da ließ der König bekannt machen, dass er sich wieder vermählen wolle; und als nun die Hochzeit sein sollte, sandte er einen Boten an Isabelle: sie möchte doch kommen und in der Küche behilflich sein. „Wenn es der König wünscht“, ließ sie widersagen, „so will ich es gerne tun.“ Zur bestimmten Zeit ging sie hin und half in der Küche, und als alles zum Essen bereit war, ließ ihr der König hinaussagen: ob sie nicht einmal hereinkommen und die neue Braut sehen wollte. Wie sie nun hereintrat, saß da neben dem König eine junge schöne Prinzessin und auch ein junger Prinz. Da sprach der König: „Das ist meine Braut; nun sag, Isabelle, wie gefällt sie dir?“
„O, sehr gut“, sagte sie; aber bei den Worten brach ihr Schmerz hervor, dass sie bitterlich weinen musste. „Weine nicht, Isabelle“, sprach der König und fasste sie bei der Hand; „sieh! die da sitzt, ist nicht meine Braut, sondern unsere Tochter, und da ist auch unser Sohn; sie sind nicht tot, wie du geglaubt hast, sondern gesund und wohl; deine Prüfungszeit ist aus, und nun sollst du wieder frohe Tage haben.“ Da sind die Kinder ihrer Mutter um den Hals gefallen und alle haben sie angefangen zu weinen vor lauter Freude. Der König aber und die Königin haben noch einmal Hochzeit gehalten und haben glücklich zusammengelebt bis an ihr Ende.
Wie nun der Mann daran ging, ihn zu bestellen, grub er aus der Erde heraus einen goldenen Mörserkolben, aber den Mörser dazu konnte er nicht finden, so viel er auch suchen mochte. Da sprach er zu seiner Tochter, die hieß Isabelle: „Isabelle“, sprach er, „der König hat uns doch das Land geschenkt, nun will ich ihm auch den goldenen Kolben schenken, den ich in dem Lande gefunden habe.“
Darauf entgegnete Isabelle: „Ich rat Euch, Vater, lasst das lieber sein; denn wenn der König den Stößer sieht, so wird er auch nach dem Mörser fragen, und wenn Ihr den nicht schaffen könnt, so wird er meinen, Ihr hättet ihn für Euch behalten.“
Aber der Mann ließ sich nicht bereden, sondern ging hin vor den König. „Mit Gunst, Herr König! Ich wollte Euch wohl einen goldenen Stößer bringen, den habe ich in dem Acker gefunden, den Ihr mir neulich geschenkt habt, so Ihr noch wohl wissen werdet.“
„Gut das!“ sprach der König; „aber, lieber Mann, der Mörser, wo ist denn der?“
„Mit Verlaub, Herr, den Mörser fand ich nicht, so viel ich auch gesucht habe.“
„Ei Mann!“ sprach der König; „wo der Stößer ist, da muss doch auch der Mörser sein; du möchtest ihn wohl gern für dich behalten?“
„Gewiss und wahrhaftig, Herr König, den Mörser habe ich nicht.“
„Ja, warte nur, Bösewicht!“ fuhr der König voll Zorns heraus; „ich will dich setzen lassen bei Wasser und Brot, und nicht eher sollst du loskommen, bis du mir kund tust, wo du den Mörser ließest, der zu dem goldenen Stößer gehört.“
Da ließ der König den armen Mann ins Gefängnis werfen; der fing an zu klagen und rief in einem fort: „Hätt' ich doch meiner Töchter geglaubt!“
Als das dem König hinterbracht wurde, ließ er ihn vor sich fordern und fragte ihn, warum er denn immer riefe: „Hätte ich doch meiner Tochter geglaubt!“
Da erzählte er dem König, wie ihm seine Tochter vorhergesagt hätte, dass es alles so kommen würde. Sprach darauf der König: „Wenn Eure Tochter wirklich so klug ist, wie Ihr sagt, so mochte ich sie wohl sehen und auf die Probe stellen.“ Und sogleich sandte er seine Diener aus und ließ sie rufen.
Als Isabelle nun vor den König kam, redete er sie an und sprach: „Ich habe viel von deiner Klugheit reden hören, darum will ich dir jetzt eine Aufgabe stellen, du sollst zu mir auf mein Schloss kommen; nicht nackt und nicht bekleidet, nicht gegangen und nicht geritten, nicht zu Pferde und nicht zu Wagen, nicht bei Tage und nicht bei Nacht; wenn du das kannst, so will ich dich zur Frau nehmen und sollst die Königin sein.“ Da hat das Mädchen gesagt: ja, das wollte sie wohl können und ist fortgegangen.
Den nächsten Mittwoch nahm sie ein Fischnetz, da kroch sie splitternackt hinein, band es einem Esel an den Sattel, doch so, dass sie eben mit den großen Zehen den Boden streifte und ließ sich hintragen zu des Königs Schloss; so kam sie denn an: nicht nackt und nicht bekleidet, nicht gegangen und nicht geritten, nicht zu Pferde und nicht zu Wagen, nicht bei Tage und nicht bei Nacht, denn es war an einem Mittwoch*) morgen. Als das der König sah, verwunderte er sich zum höchsten über ihre Klugheit und sprach: Ich will dich nun zu meiner Frau annehmen; nur eins muss ich mir zuvor noch ausbedingen, dass du mit allem zufrieden bist, was ich tue, es mag sein, was es will; solltest du aber jemals dawider sein, so werde ich dich aus meinem Hause verstoßen.“ Das musste sie dem Könige versprechen; der nahm sie dann zur Frau.
Eine Zeit darnach kriegte die Königin ein kleines Kind, das war ein Mädchen. Da sprach der König: „Ich will das Kind von der Welt schaffen lassen; wir haben doch nur Last davon.“ Da bebte der Königin das Herz in der Brust vor Schrecken, aber doch blieb sie ihrem Versprechen getreu und antwortete: „Wenn Ihr es wollt, Herr, so bin ich zufrieden.“ So ließ denn der König das Kind von seinen Dienern hinwegtragen.
Es verging eine Zeit, da kriegte die Königin ein zweites Kind, das war ein Knabe; und wieder sprach der König: „Ich will das Kind von der Welt schaffen, wir haben doch nur Last davon.“ „Wenn es Euer Wille ist, Herr, so bin ich zufrieden“, sagte Isabelle, ob es ihr gleich an die Seele ging, dass sie sich von ihrem lieben, unschuldigen Kinde scheiden sollte. So ließ es denn der König durch seine Diener hinwegtragen. Die Zeit verging, aber die Königin kriegte nun keine Kinder mehr; sie verschloss ihre Traurigkeit in der Brust, ohne jemals gegen den König zu murren.
*) Plattdeutsches Sprichwort: middewiäken is näin dag.
Nun trug es sich einstmals zu, dass ein Bauer mit seiner Mähre über Feld zog, und als er zu eines andern Bauern Hofe kam, wo er Geschäfte hatte, band er derweilen sein Pferd an einen Wagen, der mit Heu beladen war. Da traf es sich, dass die Mähre ein Füllen warf; das freute den Mann sehr; als er aber das Füllen mit sich hinweg führen wollte, trat der, welchem das Fuder Heu gehörte, hinzu und sagte: das ginge nur nicht so; das Füllen käme von Rechts wegen ihm zu, weil die Mähre an seinem Fuder Heu gestanden hätte, als sie das Füllen zur Welt brachte. Weil sie nun darüber in heftigen Streit gerieten, so gingen sie zuletzt mit ihrer Klage vor den König; der tat den Ausspruch: dass der das Füllen haben sollte, an dessen Wagen die Mähre gestanden hätte. Der Bauer, dem das Füllen zugesprochen war, ging mit lachendem Munde fort, der andere aber war ganz traurig über des Königs ungerechte Entscheidung. Da ward ihm gesagt, er solle zur Königin gehen, die wäre sehr klug und herzlich gut und könne ihm vielleicht einen nützlichen Rat geben. Ging da der arme Bauer zu der Königin und stellte ihr seine Sache vor. Da sprach sie: „Kaufe dir ein Fischnetz, und Morgen früh, wenn der König mit seinen Leuten durch die Stadt gehet, ziehe das Netz über die Pflastersteine, als wolltest du Fische fangen. Wenn dich dann der König fragt, so antworte ihm: „Eben so gut, wie ein Fuder Heu ein Füllen werfen kann, eben so wohl kann ich auf dem Pflaster hier auch Fische fangen.“ Der Bauer tat, wie ihm die Königin gesagt hatte; und als er nun am andern Morgen sein Netz durch die Straßen zog, kam der König mit seinen Hofleuten auch bald des Wegs gegangen und fragte verwundert: was er denn da täte. „Ich fische“, sagte der Bauer. „Aber, guter Freund“, sprach der König, „wie magst du in den Straßen fischen, da doch kein Wasser ist?“ „Ei, Herr!“ entgegnete der Bauer; „eben so gut, wie ein Fuder Heu ein Füllen zur Welt bringen kann, eben so gut kann ich auf der Straße hier auch Fische fangen.“ Da erkannte der König den Bauer wieder und sprach: „Du sollst dein Füllen ersetzt haben; aber den Einfall mit dem Netze, den kann dir niemand gesagt haben, außer der Königin, das merk ich wohl.“ Jetzt ist der König von da gleich zu der Königin gegangen und hat gesagt: „Ich sehe wohl, dass dir, was ich tue, nicht recht ist; darum musst du noch heute mein Haus verlassen und hingehen, woher du gekommen bist.“
„Wenn das euer Wille ist“, sprach Isabelle, „so will ich auch zufrieden sein.“ Da ließ ihr der König alte zerrissene Kleider geben und verstieß sie, dass sie arm und halb nackt wieder zu ihres Vaters Hause kam; aber doch sprach sie wider den König kein böses Wort.
Über eine Zeit, da ließ der König bekannt machen, dass er sich wieder vermählen wolle; und als nun die Hochzeit sein sollte, sandte er einen Boten an Isabelle: sie möchte doch kommen und in der Küche behilflich sein. „Wenn es der König wünscht“, ließ sie widersagen, „so will ich es gerne tun.“ Zur bestimmten Zeit ging sie hin und half in der Küche, und als alles zum Essen bereit war, ließ ihr der König hinaussagen: ob sie nicht einmal hereinkommen und die neue Braut sehen wollte. Wie sie nun hereintrat, saß da neben dem König eine junge schöne Prinzessin und auch ein junger Prinz. Da sprach der König: „Das ist meine Braut; nun sag, Isabelle, wie gefällt sie dir?“
„O, sehr gut“, sagte sie; aber bei den Worten brach ihr Schmerz hervor, dass sie bitterlich weinen musste. „Weine nicht, Isabelle“, sprach der König und fasste sie bei der Hand; „sieh! die da sitzt, ist nicht meine Braut, sondern unsere Tochter, und da ist auch unser Sohn; sie sind nicht tot, wie du geglaubt hast, sondern gesund und wohl; deine Prüfungszeit ist aus, und nun sollst du wieder frohe Tage haben.“ Da sind die Kinder ihrer Mutter um den Hals gefallen und alle haben sie angefangen zu weinen vor lauter Freude. Der König aber und die Königin haben noch einmal Hochzeit gehalten und haben glücklich zusammengelebt bis an ihr Ende.