Weitere Quellen der Unterhaltung und des Frohsinns

Außer den Vorzügen, welche die Hoffnung eines angenehmen gesellschaftlichen Tones verspricht, hat die Travemünder Badeanstalt sich zur Entschädigung für den Mangel an Glanz und Größe noch mancher Quellen des Vergnügens zu erfreuen, die an Badeorten äußerst selten, oder niemals angetroffen werden.

Der Anblick der kommenden und abgehenden Schiffe bringt nicht nur sehr viel Leben in das Gemälde einer ausgebreiteten Landschaft, sondern gewährt auch vorzüglich dem, der von der See entfernt lebt, ein sehr ergötzendes Schauspiel, dessen das Auge gewiss nicht leicht müde wird.


Eine sehr beträchtliche Menge von Fremden aus den verschiedensten Nationen, die sich zur See nach den nordischen Reichen begeben, die häufig in Travemünde einen günstigen Wind zu erwarten genötigt sind, und sich kürzer oder länger in der Gesellschaft verweilen, trägt durch ihre Gegenwart und durch ihre Teilnahme an den allgemeinen Unterhaltungen nicht wenig bei, die Vergnügungen zu vervielfältigen und genussreicher zu machen. Eine Annehmlichkeit, deren Travemünde vor andern Kurorten sich wohl vorzugsweise zu erfreuen hat, und die, was in physischer Hinsicht für den Badegast selbst oft sehr wichtig sein kann, durch stete Abwechselung und Neuheit für Geist und Auge die angenehmste Beschäftigung gewährt, und eine heitere Stimmung erzeugt, die unbemerkbar auch dem Körper wohltätig wird.

Eben so können wir den Badegästen eine bequeme und sichere Gelegenheit zu kleinen angenehmen Seereisen bei günstiger Witterung darbieten, da wir ein eigenes, zu diesem Zweck besonders eingerichtetes Schiff besitzen, das von hinreichenden kunsterfahrnen Leuten geführt, und gerne jeder Gesellschaft von uns, überlassen wird. Ein Vergnügen, das, seiner Seltenheit halber, besonders für die, welche sonst ferne von der See wohnen, einen gewiss ganz vorzüglichen Reiz hat.

Fast noch angenehmer sind die Wasserfahrten, die sehr häufig auf sichern Booten in zahlreicher Gesellschaft veranstaltet werden, und die, bei sanfter Stille der Luft, bei schöner Mondeshelle und in Begleitung eines Chors von Blasinstrumenten, zur Freude der ganzen Gesellschaft ungemein viel beitragen.

Manchmal wird auch ein Fahrzeug mit Feuerwerk den übrigen vorangeschickt, dessen Abbrennen auf der See einen seltenen, schönen Anblick gewährt.

Zu gewissen Zeiten lässt sich in der Folge wohl ein Wettrudern von Fischern anstellen, das wegen seiner Seltenheit und als Probe ausgezeichneter menschlicher Kraftanstrengung und Gewandtheit dem in England so beliebten Wettrennen in Rücksicht auf Vergnügen vielleicht vorzuziehen sein dürfte. Selbst das in manchen sächsischen Städten so sehr belustigende Fest eines Vogelschießens kann bei passenden Einrichtungen die Zahl der Lustbarkeiten füglich vermehren.

Seit einigen Jahren pflegen auch im Monat Julius oder August einige russische Kriegsschiffe, die zur Übung junger Edelleute im Seedienste bestimmt sind, in der Nähe von Travemünde zu ankern, und es gewährt eine gewiss eben so angenehme als belehrende Unterhaltung, an Bord dieser Schiffe, wo man mit ausnehmender Freundlichkeit aufgenommen wird, zu fahren, und das große und meisterhafte ihres Baues, so wie die kaum erklärbare Ordnung und Reinlichkeit, die Überall herrscht, zu bewundern.

Die Kadetten, deren täglich viele ans Land kommen, und die gewöhnlich eine sehr feine Bildung zeigen, mischen sich nicht selten in den Zirkel der Gesellschaft und werden zu ihren kleinen Bällen und andern Ergötzungen gerne zugelassen.

Diese Bälle sind nicht immer das Werk einer frühen Verabredung und langen Vorbereitung, sondern öfter das Werk des Augenblicks und der frohen Laune. Man urteile selbst, ob sie dadurch an Vergnügen verlieren, oder gewinnen? Auch außer der Zeit, da die Musik die Füße beflügelt, sucht sie, was sie immer sollte, durch dargebotenes Vergnügen zu nutzen. Fertige Tonkünstler erhöhen an heitern Morgen durch ihr passendes Spiel den Genuss des Bades, und wie denkende Ärzte versichern, auch die Wirksamkeit desselben.

Der lebhafte, trefflich gepflasterte und mit Linden besetzte Hafenplatz, der wohl unterhaltene Wall des Städtchens fordern alle, welche sich am Morgen nur wenig Schritte von ihrer Wohnung entfernen wollen, zum Genuss der freien Luft, angenehmer Ansichten und wohltätiger Bewegung auf. Einige Dörfer am Himmelsdorfer See, der ausgedehnte Buchenwald von Waldhusen, und andre Plätze können am Nachmittage zu kleinen Lustfahrten Veranlassung geben. Selbst kurze Lustreisen, die der Wirksamkeit des Bades so beförderlich sind, führen zu manchen angenehmen benachbarten Städten, die ein Fremder größtenteils nicht unbesucht last sein kann. Das nahe Lübeck, das anmutige Eutin Mit seinen genussreichen Gartenanlagen und lieblichen Gegenden, den Plönersee mit der reizenden Landschaft, die ihn umgibt, das freundliche Schwerin, das romantische Ratzeburg laden sämtlich zum wechselnden Besuch ein.

Wer an seinem gewöhnlichen Wohnorte das Vergnügendes Schauspiels entbehrt, hat zwei mal wöchentlich, am Mittwoch und Freytag, Gelegenheit den Vorstellungen der Schauspielgesellschaft in Lübeck beizuwohnen, die jede billige Erwartung befriedigen, und vorzüglich in der Oper wohl gar übertreffen dürfte. Eine Lustfahrt wie diese, welche durch die neulich eingeführte Torsperre noch mehr begünstigt wird, hat an angenehmen Sommerabenden gewiss eigne Annehmlichkeiten, und kann auch den in Versuchung setzen, der in dieser Jahrszeit mehr ein Freund der schönen Natur, als eines schönen Schauspiels ist.

Die Kürze des Weges reizt viele Bewohner Lübecks zum Gegenbesuch in Travemünde, vorzüglich am Sonntage, und die zahlreiche Menschenmenge, die in zerstreuten Partien auf dem Gefilde, das sich vor dem Wirtschaftsgebäude ausdehnt, herumwandelt, und sich größtenteils der Badegesellschaft anschließt, gibt Vergnügen, indem sie es entgegennimmt.

Zur Bequemlichkeit für diejenigen, die sich durch Geschäftsverhältnisse, oder manche andere Umstände veranlasst sehen, sich oft auf kurze Zeit von Travemünde nach Lübeck zu begeben, ist eine sehr anständige Gelegenheitsfuhre errichtet, die täglich morgens und abends von, beiden Orten abfährt, und die sich schon, im vorigen Jahre durch schnellere Beförderung bei geringem Aufwande selbst den angesehensten Männern allgemein empfahl.

Außerdem ist, zur Erleichterung des Geschäftsbetriebes von Travemünde aus, eine eigene Briefpost eingerichtet, mit der täglich die in Lübeck angekommenen, so, wie die dahin abgehenden Briefe sicher und schnell an ihre Bestimmung befördert werden. Es gereicht diese Einrichtung unstreitig zum allgemeinen Nutzen; von vorzüglichem Wert aber ist sie für Hamburger, besonders für Kaufleute, in deren Korrespondenz oft eine kleine Verzögerung sehr nachtheilig sein kann.

Die eigentliche Badezeit beginnt mit dem Anfang des Monats Julius, weil das Seewasser vorher für Morgenbäder meistens noch zu kalt ist, doch kann man gegen Abend schon früher das Bad mit dem besten Erfolg benutzen. Für manche Personen und Übel dürfte diese Zeit überhaupt passender zum Baden sein als die Morgenstunden. Wer über diesen, oder andre Punkte Zweifel hat, der findet die meiste Zeit einen Lübecker Arzt zur Stelle, welcher, so viel seine übrigen Geschäfte nur irgend erlauben, den Badenden, auf Verlangen, mit seinem Rate beizustehen pflegt. Außer den mündlichen Anleitungen des Herrn Dr. Danzmann, kann man sich durch die besonders gedruckten und öffentlich mitgeteilten Anweisungen über das zweckmäßigste Verhalten beim Gebrauch des Seebades belehren. Hier dürften diese Verhaltensregeln, so wie die Darstellung der üblichen Lebensweise füglich wegzulassen sein; dafür wird eine kurze Nachricht, die Zimmer betreffend, welche das Städtchen Travemünde den Badegästen anbieten kann, eher einen Platz verdienen. Die Zahl derselben vermehrt sich mit jedem Jahre beträchtlich, doch kann sie natürlich noch nicht so groß sein, als es zu wünschen wäre. Manche Hauseigentümer haben zur Zeit noch nicht Einsicht, Kraft oder guten Willen genug, um die Gelegenheit, die sich ihnen zum vorteilhaften Erwerb darbietet, gehörig zu benutzen. Hätten sie an der Tätigkeit der Wirte ein Beispiel genommen, so würde wahrscheinlich in dieser Hinsicht kaum noch etwas zu wünschen sein. Drei geräumige, neu gebaute, sich durch Bequemlichkeit und Aufmerksamkeit ihrer Besitzer auszeichnende Wirtshäuser dürften mancher bedeutenden, Stadt zur Zierde dienen, und hier gar nicht einmal gesucht werden. Eine Privatanstalt kann schwerlich mehr leisten, die Zahl der Zimmer zu vermehren, als in Travemünde durch mancherlei Vorkehrungen geleistet ward, und man kann es ihr nicht anrechnen, wenn sie, so wie in den meisten aufblühenden Badeorten, die Erfüllung einiger Wünsche der Zukunft überlassen musste. Das, was den jetzt vorhandenen Wohnzimmern noch an Eleganz und Bequemlichkeit abgeht, wird durch allgemeine Sorgfalt für Reinlichkeit und großenteils durch eine lachende Aussicht ersetze. Wenn jeder Freund des Badens und einiger Bequemlichkeit sich nur die kleine Mühe gibt, vor seiner Ankunft ein Zimmer zu bestellen, so können wenigstens zwei hundert Personen leicht untergebracht, und manche Verlegenheit und Unzufriedenheit verhütet werden. Wer in Lübeck keinen Bekannten hat, dem er diese vorhergehende Bestellung übertragen möchte, der wird von dem Erbieten des Herrn Dr. Danzmann dies Geschäft zu übernehmen, Gebrauch machen können.

Die kleinen, jetzt noch unvermeidlichen Mängel wurden im vorigen Sommer in Vergleich mit manchen auffallenden Wirkungen, welche das Seebad hervorbrachte, kaum beachtet. Möge der Gewinn an Wohlsein in diesem Jahre nur so viel größer werden, als jene Mängel verringert sind, möge dabei auch jeder, der sich dieses ausgezeichneten Gewinnes zu freuen hofft, keinen Augenblick vergessen, dass eine naturgemäße Lebensweise, steter Luftgenuss, wohltätige Bewegung und ungetrübte Heiterkeit erst die Kraft des Seebades aufs höchste treiben! Mit der Vorsicht im Genusse desselben sei stets die Vorsicht gegen schneidende Seewinde, die selbst der freundlichsten Jahreszeit nicht ganz fehlen, vereinigt. —

Bei einer weisen Sorgfalt für Gesundheit und Frohsinn werden die kurzen, dieser Sorgfalt schenkten Tage nur zu schnell vorübereilen, aber die Erinnerung an ihre Freuden und der Dank für ihre Segnungen werden um so viel dauerhafter sein.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ueber die Privat-Seebadeanstalt bei Travemünde 1