Ueber das Bürgerrecht der Juden

übersetzt von einem Juden
Autor: Paalzow, Christian Ludwig (1753-1824) deutscher Jurist, Erscheinungsjahr: 1804
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Sie wundern sich vielleicht „Übersetzt von einem Juden!“ — „Warum nicht, mein Herr?“ — „Mir dediziert!“— Ich frage zum zweitenmal: „warum nicht, mein Herr?“ — „Ein Jude kann nicht.“ — „Ich bitte Sie!“ — „Ein Jude soll nicht.“ — „Der Jude will nun aber!“ — „Wie, ohne meine Erlaubnis?“ — „Je nun, Sie sollen ja das sonst nicht für so unrecht halten....“ — „Ich hasse die Juden.“ — „Mags; ich trotze Ihrem Hasse.“ — „Sie stinken.“ — „Meinetwegen; dennoch stinkt dies Buch nicht.“ —

Kurz und gut, Sie sehen, Sie kommen nicht los, Sie werden mein Mäzen. Und warum wollten Sie sich auch so sträuben, warum mit Händen und Füßen dagegen streiten? Wer konnte wohl gerechtere Ansprüche auf die Dedikation dieses Buches machen? — Wer brachte die Sache zur Sprache? Sie, mein Herr. Wer erhob das Original dieser Übersetzung zu verdientem Lob und Ehren? Sie, mein Herr. Wer äußerte zuerst, und laut den Wunsch nach dieser Übersetzung? Wiederum kein anderer, als Sie. O mein Herr, man entzöge Ihnen ja, was Ihnen gebührt, man raubte dieser Schrift ja die Ehre, Ihren berühmten Namen an ihrer Spitze zu tragen, wenn man weniger gerecht sein wollte!“ —

„Eisenmenger!“ rief man bis jetzt dem Juden zu, den man ärgern wollte. „G—“ wird man künftig dem Juden zurufen, den man ärgern will. Was das nicht für ein Ruhm ist! o mein Herr, wie sind Sie he, rühmt! In allen Chroniken, neben den Nachrichten von Krieg, Pestilenz, teurer Zeit, großem Wind und Hagelwetter, wird mit einem NB. bemerkt stehen: „In diesem Jahre kam die berühmte Schrift wider die Juden heraus.“ Und alles Volk wird rufen: „Groß ist der Herr!“

Andächtig wird man hinzusetzen: „Sein Jahrhundert war gerecht gegen ihn: diese Übersetzung.... dedizierte man ihm....
Ehrerbietigst verharre ich,
Mein Herr, Ihr gehorsamer Diener
der Jude.


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Wer es etwa für seltsam halten sollte, dass ein Jude eine Schrift wider die Juden übersetzt: der erinnere sich, dass die rechtgläubigsten christlichen Theologen häufig die bittersten Schriften gegen das Christentum übersetzt und kommentiert haben. Diese blieben, was sie waren: christliche Theologen, und wahrlich, auch der Übersetzer ist geblieben, was er war: ein Jude! —

Von der Schrift selbst zu urteilen, ziemt dem Übersetzer nicht, trotz dem, dass er beschnitten ist. Also — und auch nur ein paar Worte, von der Übersetzung. Treue, wiewohl keine sklavische, und Leichtigkeit, waren das Ziel, das ich mir vorsteckte; ich hoffe, es wenigstens größtenteils erreicht zu haben. Möglich, dass einige Fehler untergelaufen sind: der gütige Leser wird sie übersehen.

Auch von den Anmerkungen, welche hie und da gemacht worden, sollte ich wohl etwas sagen. Was sich jedoch darüber sagen lässt, sagen sie von sich selbst. Sollten sie manchem Leser überflüssig, andern hingegen zu jüdisch vorkommen: so bei denke man, dass die christlichen Theologen, welche Oktavbände der Antichristen übersetzten, Foliobände voll Anmerkungen dazu schrieben. Drum kann man es ja wohl einem Juden nachsehen, wenn er zur Erleichterung seines Herzens, ein par Anmerkungen in die Welt schickt. Was hätte der Leser machen wollen, wenn die Noten länger geworden wären, wie der Text? Doch still, man hätte leicht thun können, was man so gern bei obigen Foliobänden tut: einschlafen. —

Noch eins. Der Herr Verfasser hat — man weiß nicht, warum — die Kotzersche Abhandlung nur halb aufgenommen; ich habe dagegen von ihr wenigstens so viel eingerückt, als mir zur Sache gehörig schien. Ich meine, deshalb den Dank des Lesers und des Verfassers zu verdienen. Des Lesers: denn Kotzer spricht ja wider die Juden; und des Herrn Verfassers: denn ist es nicht besser, ich gebe zu viel, als zu wenig?

Der Verfasser beginnt mit dem Ausspruch des Herrn Professors Fichte, als eines großen Philosophen, dass der Staat der Juden auf den Hass des ganzen menschlichen Geschlechts gegründet und aufgebaut sei. Er möchte Herrn Fichte doch wahrlich schwer fallen, dies in der Tat zu beweisen. Zu geschweigen, dass die Juden nirgends in der Welt einen eigenen Staat bilden, da sie vielmehr allenthalben der gedrückte Teil sind, und nicht herrschen, sondern toleriert werden, so haucht ja der Geist des Judentums nichts weniger als allgemeinen Menschenhass. Die Juden sind Verehrer des einzigen wahren Gottes, und ihre Moral gründet sich auf dieselbigen heiligen Bücher alten Bundes, die wir anerkennen. Dass sie daneben Satzungen haben, durch welche sie den Allvater zu verehren glauben, ist eine Sache für sich, und der Toleranz gewiss nicht unwert. Sollte der Vater zürnen, wenn ihm der ältere Sohn an seinem Geburtstag eine Rede hält, indem ihm der kleine Knabe nur einen Blumenstrauß zu überreichen versteht? Sollte er den ältern dem jüngern desfalls vorziehen — Und haben denn alle Juden auf alle Lehren aller Rabbinen gerade geschworen? Es kann den Juden diese oder jene Lehre irgend eines Rabbinen so wenig zum Vorwurf gereichen, als es den Christen zum Vorwurf gereicht, dass einige ihrer Lehrer das vorgebliche Praebutium Christi göttlich verehrten oder behaupteten, dass Simon, als er durch seine Luft, reise in den Himmel die Wahrheit seiner Lehre zu beweisen gesucht, auf Petri Gebet herab gestürzt, und so zerschmettert sei, dass er bald darauf an seinen Wunden gestorben. Oder, dass sich die Lateiner mit den Griechen im 17. Jahrhundert vor der ottomanischen Pforte über die Krippe Christi, oder den Ort wo Christus geboren, so herumzankten, dass sie dadurch ein Spott der Türken wurden. Das Christentum bleibt Christentum und das Jüdentum, Judentum; wenn einzelne Lehrer unter beiden, auch noch so viele Absurditäten behaupten. Wir glauben all an einen Gott! Und dringt man in den Geist des Orientalismus hinein, so findet man ja, dass die Rabbinen meist symbolisch und allegorisch, nicht aber buchstäblich verstanden sein wollen. Ist es aber wohl die Schuld der, Juden, dass sie zum Kleinhandel und Wucher verdammt sind? und wo wäre der Staat, wo der unumschränkteste König mir meine Hütte nicht nehmen dürfte, und wo ich gegen den allmächtigen Minister mein Recht erhielt; und mich doch jeder Jude, dem es einfiele, ungestraft ausplündern könnte? Jede Übertreibung schadet der guten Sache, so auch hier. Wenn Fichte ein Wort zu Verbesserung des bürgerlichen und sittlichen Zustandes der Juden reden wollte, so hätte er nicht übertreiben sollen. Es ist traurig genug, dass sie, die Juden, ihre Religion von unseren Mahlen, unserem Freudenbecher ausschließt, aber so weit geht sie doch nicht, dass sie sie von dem Tausche des Frohsinns mit uns von Herzen zu Herzen ausschließen solle. Ich kann bei dem Juden essen, ich kann mir ihm trinken, nur muss ich mich dabei an die Vorschriften binden, die er von seinem Moses, ableitet, den auch wir Christen für einen göttlichen Mann, und für einen Vorläufer Christi erkennen. Der reichste und angesehenste Jude vermag mich aber nicht zu plündern, auch wenn ich noch so reich und begütert wäre. Dies, ist eine Unwahrheit, die nirgends wahr befunden worden ist, und nie wahr befunden werden wird. Will man diesen Satz aber auf den Wucher beziehen, zu dem sich viele Juden allerdings hinreißen lassen, und durch den sie allerdings Herrn unsers Vermögens und unserer Kräfte werden, so stelle man auch nicht in Abrede:

a) dass es eine Menge trefflicher Juden gibt, welche Geld zu niedrigen Interessen dahin geben, und deren Wonne und Vergnügen es ist, Christen glücklich zu machen und sie mit ihrem Geld zu edlen Zwecken, zu unterstützen. Die Beiträge der Juden zu gemeinnützigen Zwecken und zur Rettung rechtlicher Familien, fallen oft beträchtlicher, als wie dieser Christen aus. Und bei vorfallenden Bankerotten, wo der christliche Gläubiger seinen christlichen Mitbruder so oft und so gern aus den Händen, seiner Familie reißt und ihn in den Schuldturm befördert, ist da nicht gerade der Jude der gelindert, der barmherzigere, der edlere Mann? Er wendet, sei es auch dem Verlust vorzubeugen, gewiss alles an, um seinen Schuldner zu erhalten, und um nach und nach von ihm bezahlt zu werden. Brauche ich aber Geld und es hilft mir kein Christ, ist mir da nicht der Jude, auch wenn er 60 % nimmt, noch immer lieb? Er sollte es nicht tun, er fristet mir aber doch wenigstens noch meine bürgerliche Existenz. Mensch, wenn dich Räuber gehangen hätten, und du da oben am Baumast in, der Todesangst zappeltest, und dich, niemand losschneiden wollte, ein Jude aber dies endlich täte, und für seine Beihilfe die Hälfte deines Vermögens verlangte, wolltest du entweder da oben tot zappeln, oder dem Juden die verlangte Hälfte geben? — Der Samariter, der Hilfe leistete, war ja tausendmal besser, als alle diejenigen, welche kalt vorübergingen.

b) Der Wucherer jüdischer Nation, ein allerdings ekles und schlechtes Geschöpf, vermag mich nur dann auszuplündern, wenn ich mich von ihm will ausplündern lassen, d. i. wenn ich ihm für Geld, Kräfte, Talente und meinen ganzen Erwerbzweig verkaufe.

c) Der Jude hat unstreitig die Freiheit sein Eigentum entweder selbst, oder durch andere, so gut zu nützen, als er es nur immer, ohne die Gesetze zu beleidigen, benutzen kann. Christen sind ja, wie bekannt, bei Kommissariaten so gut reich geworden, wie Juden. Und geht wohl irgend etwas in der Welt über die Industrie und den Spekulationsgeist der Juden? — das einzige pium desiderium wäre, die niedere Klasse der Juden zur Handarbeit und zur Kultur des Bodens nach und nach zu benutzen, eine Sache die indessen ohne tätige Beihilfe der Regierung, und ohne Überlassung aller christlichen Rechte an die Juden nicht zu bewirken steht.

d) Bei Darlehen bringe man, auch die auf Seiten des Darleihers entstehende Gefahr das Kapital zu verlieren in Anschlag, so wie den Vorteil den der Entlehnet mit dem ihm geliehenen Gelbe sich macht, oder machen kann, und den Vorteil den der Darleiher von seinem Gelde hätte ziehen können, wenn er es selbst behalten, und auf eine andere Art genutzt hätte (Cf. Roth juristisch politische Abhandlung über den Wucher).

Es soll nun nach Fichte leider noch wahr sein, dass man vor verschiedenen Tribunalen eher die ganze Sittlichkeit, und ihr herrlichstes Produkt, die Religion angreifen dürfe, als die jüdische Nation. Zu geschweigen, dass ein Angriff auf die jüdische Nation ins Lächerliche fällt, da keine Feder, ihre Gewalt auf alle Erdteile ausdehnt, so müssen jene Tribunale erst vom Herrn Professor namentlich gemacht werden, ehe sein Vorwurf die Juden trifft. Und auch dann trifft er ja die Juden noch nicht, sondern einzig niedrige und schmutzige Christen, Mohammedaner, oder des etwas, die sich von Juden beherrschen, und durch sie am Gängelband herumführen lassen. Wenn ein Richter oder Gesetzgeber sich von den Juden sollte erkaufen lassen, so ist er ein Abschaum der Menschheit, und zwar so sehr wie der Jude, der einen Bösewicht erkauft, um eine böse Handlung durchzusetzen. Der Jude ist und bleibt zwar in dieser Hinsicht verwerflich, da er sich zu Befriedigung seines Eigennutzes unrechtmäßiger Mittel bedient, aber tausendmal verwerflicher ist doch der christliche und mohammedanische Richter, der vor dem Gelde des Juden niederknieet, es anbetet, und ihm Recht und Gerechtigkeit, denen er ewige Treue schwur, opfert. Doch zur Ehre der ganzen Menschheit sei es gesagt, ganze Tribunale zu bestechen, sie dahin zu vermögen, dass sie die Sittlichkeit und die Religion dem Gelde der Juden opfern, dass sie sich zu Schurken, und Betrügern erniedrigen, dass sie Vaterland, König und Mitbürger verraten, das ist bei Gott, in unsern Zeiten unmöglich, dazu hat, ein freches Schriftstellervölkchen ausgenommen, die Sittlichkeit zu tiefe Wurzel gefasst. Ist es nun nicht frevelhaft und niedrig, dem Volke, das hoch dies angeführte Schriftchen meist ließt, so etwas zu insinuieren, und ihm Mistrauen gegen die Regierung einzuflößen? Geschehe dies mit oder ohne die Absicht des Verfassers, welches erstere ich nicht glauben kann, so tritt der Schriftsteller doch als Lehrer der Menschheit auf und muss folglich gehörig um sich sehen, und jeden Ausfall, der Missvergnügen erzeugen, oder falsch verstanden werden kann, sobald dies Falsch-Verstehen nämlich in die Augen fällt, und zum voraus zu sehen ist, vermeiden.

Dass sich überall der böse Geist des Judentums in Bosheiten und Betrügereien auf eine unerhörte und für die Menschheit schimpfliche Art tätig gezeigt haben und dass überall Niederträchtigkeit das Eigentümliche des jüdischen Nationalcharakters gewesen sein soll, ist wahrlich äußerst stark, und dabei höchst unwahr. Der Herr Verfasser, der so äußerst stark in Anführungen ist, hätte doch hier wenigstens einen Bogen voll Zitationen anbringen sollen. Der jüdische Nationalcharakter war in der Tat von der Gottheit zur Erziehung des menschlichen Geschlechts berechnet, und er ist durch Mosen und die Propheten, welche auch die Christen anerkennen, bestimmt worden. Um die Idee des einzigen wahren Gottes fortzupflanzen und um die Völker im Kindesalter der Welt von der Abgötterei abzuführen, um Menschenopfer, das Verbrennen lebendiger Kinder in den Armen des Molochs und tausend ähnliche Abscheulichkeiten auszumerzen, sagte Moses zu den Juden, sie seien das auserwählte Volk Gottes. Dass dies nun Moses sprach, dafür können die heutig: ,,Zu, den bei Gott nicht! Sie glaubten es auf sein Wort und wir glauben ihnen nach. Der Messias sollte aus Ihnen hervorgehen, von ihnen aus sollte höhere Kultur verbreitet werden. Dass sie nun Moses stolz macht? und sie durch Ehrgefühl treiben wollte, das ist nichts mehr und nichts weniger, als dass Bonaparte zu den Franzosen stets in termino der großen Nation, sprach. Michaelis fand im mosaischen Recht äußerst viele Politik, und eine unübertreffliche Weisheit, aber dass es dahin abziele, die Juden zu Bösewichten und Betrügern zu machen, das hat er nicht in demselben gefunden. Wo sind die Beweise, muss ich den Verfasser hier unwillig fragen, dass überall Niederträchtigkeit das Eigentümliche des jüdischen Nationalcharakters war? — Er führe sie an, erwäge sie historisch kritisch, und verhöhne eine Nation nicht, die bürgerlich und friedlich unter uns lebt, zu der Männer wie ein Moses Mendelssohn, Bendavid, Salomen Maimon und tausend andere gehören, die sie uns erzeugte und erzog, und die aus Menschen, wie wir sind, besteht. Soll denn die Menschheit ewig mit Füßen getreten, und von unsern Philosophen so, gar Feindschaft, Hass und Neid gepredigt werden? Glaubt man durch Erbitterung der Gemüter und durch Teilung der Glieder eines Staats zu gewinnen? Tacitus bezüchtigt die alten Deutschen des Lasters der Trunkenheit, sind desfalls alle Deutsche Trunkenbolde? Oder soll man sich auch unter uns, so wenig um einen todgeschlagenen Juden bekümmern, als wenn er einer wäre, den das Wetter erschlagen hätte? —

Sveton, Tacitus und Hollberg sollen nämlich, wie der Herr Verfasser vielleicht recht gutmütig meint, bezeugen, dass die Juden schon zur Zeit der römischen Republik hart, widerspenstig, zum Aufruhr, und zur Empörung geneigt, durch ihren Schmutz und die tiefe Verworfenheit ihres Charakters den Römern dergestalt verhasst gewesen seien, dass man ihre Tempel für unheilig hielt, und sich, wenn sie haufenweise umkamen, so wenig darum bekümmerte, als ob sie das Wetter vom Himmel erschlagen hätte.

Ein wenig Zeitrechnung ziert immer den Geschichtsschreiber, ja er ist ohne sie blind, das hätte der Herr Verfasser bedenken sollen. Zur Zeit der römischen Republik schlossen die Juden zwar ein Bündnis mit den Römern und verstanden sich zu einem Tribut, indessen wurden sie vor dem Kaisertum denselben nie eigentlich untertan. Ein römischer Bürger, eitle Person, dem die ganze damals bekannte Welt mit Ehrfurcht begegnen musste, hätte nach dem Verfasser einen Juden nicht sollen achten können? Der Hochedle Herr Verfasser lese Meierotto Sitten und Gebräuche der Römer, und er wird sich eines andern belehren; wir schlügen ihm nämlich das leichtere Mittel vor, die römischen Klassiker selbst möchten sich etwas schwerer lesen lassen, und die kritische Beurteilung ihrer Aussagen möchte das schwerste Stück Arbeit für ihn sein. Cicero war gewiss ein edler Römer, im Sinne des Herrn Verfassers; wir bitten ihn aber um alles in der Welt, doch ja nicht die Gesetze der Urbanität in Schriften von ihm lernen zu wollen, denn er schimpft, wie Meierotto im Deutschen des Breiteren dartut, in manchen seiner Reden wie ein Rohrsperling. Dies war, unter uns gesagt, in der Folge auch die Ursache, dass man ihm die Zunge aus dem Halse schnitt, und so Rom von einem massiven Menschen, der die anders denkenden en canaille traktierte, befreite. Traten die römischen Patrizier die Rechte der Plebejer etwa nicht mit Füßen? Waren sie nicht die größten Sybariten zu der Makkabäer Zeiten? Füllten sie nicht ganze Bassins mit wohlriechenden Wassern an? Färbten sie nicht ihre Schafherden mit allen nur Möglichen und haltbaren Farben? Waren ihre Rechtsbeistände nicht zu lächerlichen. Elegants und ihre Krieger zu feigen Memmen herabgesunken? Verkroch sich des Herrn Verfassers Held Augustus nach der Schlacht bei Aktium, die er für verloren hielt, nicht 24 Stunden lang in ein Rohrschilf und einen Sumpf, bis ihn seine Feldherrn auswitterten, und ihn von seinem Siege über den Antonius benachrichtigten? — Und auf die Achtung dieser damals so edlen Römer sollte etwas ankommen? — Kennt sie der Herr Verfasser so wenig, um einen so geschichtswidrigen und lächerlichen Ausspruch zu tun; zu einer Zeit, da es gerade bei ihnen hieß: fuimus Troes?

Will der Herr Verfasser aber den Akzent auf das Wort Bürger legen, so ist dies, wenn wir höher und über die Zeiten der Juden unter den Römern hinaufsteigen, noch bei weitem schlimmer. Ihr Bürgerstolz ging damals so weit, dass die überwundenen, Könige Lakaiendienste hinter einem römischen Ratsherrenstuhl verrichten mussten, und die jungen Bürgersöhne, patrizischen Geschlechts, in allen Provinzen raubten und plünderten, so viel ihnen gut dünkte. Was lässt sich überhaupt von der Moralität eines Volks denken, dessen Großen und Edlen ihren Stolz und ihr Vergnügen daran fanden, an öffentlicher Tafel die Muräne lebendig glühen zu lassen, um nur die Veränderung ihres Farbenspiels an ihr zu bewundern? Die Zeiten der römischen Tugend und ihrer Geistesgröße, so wie ihres eigentlichen Adels, waren lange vor den Juden (sub jugo nämlich) dahin!“

„Es soll nichts Böses geben, das nicht ein Jude getan habe?“ — Da hat der Herr Verfasser über meinen Horizont geschrieben. Ich kenne die sämtlichen Bosheiten nicht so genau, und so ganz in ihrem Umfang, um beurteilen zu können, was den Juden davon zur Last falle oder nicht.

Indessen mochten, wie der Verfasser hier will, vielleicht auch die Römer so denken, wenn sie gleich nicht so erbittert gegen die Juden waren, dass ihnen ihre Ermordung in Masse gleichgültig gefallen wäre. Der Herr Verfasser denkt indessen nicht daran, dass die Vorwürfe der Römer die Christen in der Tat noch mehr, als gerade die Juden trafen. Auch hierin sind Sveton, Tacitus und Plinius der Jüngere Zeugen. Nero verfolgte die Christen zuerst durch Gesetze. Er hatte Rom anzünden lassen, um, die Harfe spielend, vom Kapital herabzuschauen, wie sich die Anzündung Trojas ausgenommen, und wie richtig und schön sie Homer und Virgil beschrieben habe, und nun angelte er nach Menschen, denen er dies Verbrechen anzudichten vermöge. Die Christen, ohnedies (laut Spittlern) Gegenstand des allgemeinsten Hasses, schienen die geschicktesten dafür zu sein. Wahrscheinlich würde die Verfolgung nicht so weit um sich gegriffen haben, wenn man die schändlichen Lügen nicht verbreitet hätte, die Christen genössen Menschenfleisch in ihren geheimen Versammlungen (eine schändliche Verstellung der Lehre vom Abendmahl), ihre Morgenzusammenkünfte seien die Zeit der schändlichsten Unzucht, und sie seien die niedrigsten Bösewichter, (conf. die Relation des Gouverneurs von Bithynien, Plinius an den Kaiser Trajan Ep. X. 97). Unter dem Kaiser Klaudius wurden die Juden aber namentlich desfalls aus Rom vertrieben, weil sie auf Anstiften eines Christi oder Chresti immer Tumult gemacht hätten. Sect. in Claud. . c. sf. Oroi. VII. Hist. c. 6.,

Ich will hier noch eine Stelle aus Arnolds Kirchen- und Ketzergeschichte S. 91. d. anführen, wo es heißt: die Anfechtungen der Philosophen, eines Malchus, Celsus, Porphyrius u. s. w., bestanden meistenteils im Disputieren. Hierzu kamen aber noch die blutigen Ratschläge der Juristen, welche zur Praxi schritten, und die Kaiser wirklich aus den Grundsätzen ihrer Rechte und Gesetze zur Verfolgung der Christen anfrischten. Also klagen dieselben über den sonst berühmten aber recht bösen Juristen Ulpian, dem man doch noch in so vielem folgt, dass er die alten Reskripte der vorigen Kaiser, hervorgesucht, und dem Kaiser Alexander Severus gewiesen habe, wie man die Christen, sonderlich ihrer Zusammenkünfte halben, abstrafen müsse. Hier führe ich mehrerer Gelehrsamkeit halben Lactantius lib. V. c. 11. aus meinem lieben Arnold an.

Das Zeugnis der Römer gilt daher um so weniger gegen die Juden, als wir gewiss wissen, dass ihre Beschuldigungen gegen die Christen, die sie für eine jüdische Sekte hielten, ungegründet sind.

Wenn die Juden, wovon ich in der Folge mehr reden will, die christl. Taufe, oder vielmehr den Schlüssel zum Taufstein gepachtet gehabt, so weiß ich nicht, ob dies mehr ihnen, den Juden als Pächtern, oder den Geistlichen als Verpächtern, zur Last falle. Sind daher der Schändlichkeit zu pachten nur Juden fähig, so weiß ich nicht, wer außer den Christen der Schändlichkeit zu verpachten soll fähig gewesen sein.

Hollbergs Aussage, dass: wenn Jesus von Nazareth nach Amsterdam gekommen wäre, so hätte die Juden niemand hindern können ihn zum zweitenmal zu kreuzigen“; ist eigentlich nichts mehr und nichts weniger als eine Satire auf die Amsterdammer christlichen Kaufleute, die hier als Menschen geschildert werden, die selbst den Herrn Christum ungescheut verkaufen, und von den Juden kreuzigen lassen würden, falls, ihnen dies Geld einbringe und etwas erklekliches abwerfe.

Wer unsere Juden kennt, der wird mir zugestehen, dass sie für die zweite Kreuzigung Christi gewiss auch nicht einen Heller ausgeben würden, weil sie zu klug dazu sind, Hass gegen diesen Lehrer der Menschheit zu hegen, zumal der Hass gegen die Juden, der Religien, wie er sie predigte, gänzlich zuwider ist. Kreuzigen wir Christen aber unsern Herrn Jesum nicht täglich? Wenn wir übervorteilen, drücken, betrüben, ungerecht geißeln und den Feind, so wie den Freund nicht lieben, dann meine Brüder Christen, dann verleugnen wir Jesum den gebornen Juden unsern Erlöser und Wohltäter. Und geschieht das von Einzelnen nicht täglich unter uns? Käme der Herr Jesus auf ein hiesiges Kaffeehaus und sähe unsere christlichen Elegants und hörte dabei ihre imposanten Reden, ich weiß gewiss, er würde lieber einen zweiten Kreuzestod sterben, als mit Gleichmut hier sehen und hören.

Dass die Juden in Ägypten die Schäbigkeit (Krätze und Aussatz) gehabt, und in der Schweiz und im Elsaß die Brunnen durch die Aussätzigen vergiften lassen, ist eine Unwahrheit. Was barbarische Jahrhunderte den Juden aus Hass vorgeworfen haben, das darf der ehrwürdige Schriftsteller nicht wiederholen, doch — davon in der Folge.

Die Ausdünstungen der Juden sollen der Gesundheit höchst gefährlich sein? — welcher? — der Begüterten, wohl Erzogenen, oder des Jan Hagels unter ihnen? und dünstet etwa der christliche Jan Hagel weniger schädlich als der jüdische aus? Wenn sich der Jude aber zehnmal täglich waschen soll, und wirklich wäscht, vermag er dann wohl so gefährlich auszudünsten? Er ist dasselbe Fleisch und Blut, das wir Christen sind, und es fiele ins Lächerliche etwas so absurdes von ihm behaupten zu wollen, dass er qua Jude bloß pestilenzialisch aushauche.

Wer die Schriftsteller für glaubwürdig hält, welche vorgeben, die Juden stöhlen Christenkinder/ marterten sie, kreuzigten sie und saugten ihnen das Blut mit Federkielen aus, der muss auch jene Schriftsteller für glaubwürdig halten, die eben dieses von den ersten Christen behaupteten.

Wir wollen, um das Gesagte, besser darzutun, und zugleich zu beweisen, wie parteiisch der Herr Verfasser die Juden behandelt, und wie sehr er verjährten Hass wieder anfacht, eine kleine Chronik der Drangsale hierher setzen, welche die Juden unter den Christen erlitten haben, und deren Zeit, bei den kultivierten Nationen wenigstens, Gottlob! Vorüber ist. Die Juden sind Menschen, sie sind unsere Bruder, wir haben daher kein Recht unverdienten Hass gegen sie einzuflößen, den Jan Hagel zu erhitzen, und sie verdächtig zu machen.

Unter den heidnischen Kaisern hatten die Juden noch ihre ordentlichen Schulen, Lehrer und Vorsteher, Sabbathe, Feste und andere öffentliche Übungen, so gut wie die Christen. Unter Konstantin, dem ersten christlichen Kaiser aber und seinen Nachfolgern, durften sie keine neue Synagogen bauen, keinen christlichen Ehegatten oder Knecht haben, und keine Judengenossen aus Christen machen.

Im fünften Jahrhundert fuhren die Eiferer unter den Christen fort die Juden zu ängstigen und zu plagen. Nach Socrates VII. gaben in Alexandrien Juden und Christen ihre äußerste Bosheit an den Tag,, die Christen aber ärgerten und verfolgten doch, noch mehr als die Juden. Und warum, verfolgte man, warum schlug man sich? — um einen Gaukler. Der Bischof Cyryllus war an dem ganzen Spektakel Schuld, und der Erfolg davon war, dass die Juden Alexandrien verlassen mussten, wo sie doch seit Alexander dem Großen bis dahin ununterbrochen und friedlich gewohnt hatten. Arnold spricht hierbei die merkwürdigen Worte:

„Wie denn auch in diesem Jahrhundert der Talmud, der! Juden oder die babylonische Gamara fertig worden ist, welche Rabbi Ase angefangen und Rabbi Jose vollendet, gehabt. Dass sie also sich in ihren Grundsätzen immer fester gesetzt haben, je mehr, sie das böse Wesen unter den Christen gesehen und von ihnen zurückgestoßen wo er Buxtorf. Capell. Hottinger. Vorstius zitirt“.

Im sechsten Jahrhundert gab Kaiser Justinian das unbillige Gesetz: „dass alle Synagogen der Juden sollten eingerissen werden, und dass sie sich vom grünen Donnerstag bis zum dritten Ostertag unter den Christen nicht sollten sehen lassen dürfen“ Unter dem Vorwand eines Eifers für die christliche Religion plünderten nun die Orthodoxen die Juden, und beraubten sie ihrer Güter... nach Arnolds Anführung.

Im siebenten Jahrhundert verfolgte der Kaiser Heraklius die Juden gar arg. Er hatte den Juden, zu Jerusalem Sicherheit geschworen, die blutgierige Klerisei aber machte ihn glauben: „der Eid hätte nichts zu bedeuten, und wenn er, der Kaiser, alle Jahr einmal vor diese Sünde fasten wolle, so wäre alles abgemacht Die Juden wurden hierauf, ohne Unterschied, wie das Vieh geschlachtet und niedergemacht...

Im achten Jahrhundert hetzte man das gemeine Volk gegen die Juden auf und ließ sie ausplündern. Man machte das Volk glauben, die Juden hätten den Lehrer Beda geblendet und zum Spott zu ihren Grabstellen geführt und gesagt, da habe er Zuhörer, da könne er predigen. Beda fing an zu predigen, und die Juden kamen aus ihren Grabstellen hervor und sprachen: O du ehrwürdiger Beda, du hast recht gepredigt, aber deine Predigt hilft uns nichts.

Im zehnten Jahrhundert setzte Nikon seine Ehre darin, zu behaupten, dass er die Juden nicht einmal nennen und reden hören könne.

Im elften Jahrhundert rotteten sich unter Emcito 15.000 Eiferer zusammen, welche die Juden aufsuchten, sie grausam zu Tode marterten, und vorgaben, sie wollten die Juden erst töten, ehe sie den Zug gegen die Sarazenen anträten. Zu Speier mordeten sie 800, zu Mainz 1.300, und in 6 Wochen überhaupt 5.000 Juden. ...

Im zwölften Jahrhundert zählen die Juden allein 20 schwere Verfolgungen, die sie von 1140 an ausgestanden, wo 120 jüdische Gemeinen umkamen. Arnold p. 352. 6.

Im dreizehnten Jahrhundert wurden sie (1256) in Engelland von Hab und Gut verjagt oder Geld von ihnen erpresst. Im Jahre 1210 ließ ein englischer König einem Juden, der sein Geld nicht bald hergeben wollte, alle Tage einen Zahn ausbrechen, bis er ihrer sieben verloren, und für Schmerzen alles hingeben musste. ... Im Königreich Navarra mordete der Jan Hagel 6.000 Juden. 1187 am zweiten Pfingsttage übte der Pöbel zu Mainz in einem öffentlichen Aufstand gleichen Frevel an den Juden.

Im vierzehnten Jahrhundert wurden zu Toledo auf 10.000 Juden hingerichtet und in Frankreich eine noch größere Menge. Ein damaliger Schriftsteller schreibt: „die Juden sind wohl unter den Christen sehr übel dran, wenn sie nur ein wenig übrig zu haben scheinen, so geht’s gleich über Gut und Leben, als hätten sie Christum gelästert, oder sonst die Religion beschimpft.

Im fünfzehnten Jahrhundert wollte die Priesterschaft durchaus keine Juden gelitten wissen, so dass 1474 und 1492 allein 122.000 Familien aus Spanien vertrieben wurden. 1452 wurden auf Befehl des Papstes Nikolai in Schlesien fast alle Juden mit Weib und Kind verbrannt, unter dem nichtigen Vorwand, sie hätten die Hostien verunehrt. In Krakau in Polen erbrachen die mit dem Kreuz bezeichneten Soldaten die Häuser der Juden, und plünderten sie. In Bayern nahm man ihnen alle ihre Güter, und jagte sie aus dem Lande. Ist es wohl anders denkbar, als dass Misshandlungen dieser Art bittern Hass und Rachgier erzeugen, und dass von Hab und Gut verjagte Menschen im einzelnen nicht stehlen, rauben und plündern werden? Jesus sagt: liebet eure Feinde, tut wohl denen die euch beleidigen, und segnet die euch fluchen; wenn man daher die Juden auch als Feinde des Christentums betrachten will, so hört man doch auf Christ zu sein, sobald man sie verfolgt und den Pöbel gegen sie aufhetzt. Die Eiferer waren aber von jeher und sind noch die schlechtesten Christen.

Wir wollen nun die Tatsachen zur Hand nehmen, welche der Verfasser gegen die Juden anführt. Die Fabel mit dem Kindlein Simeon ist höchst lächerlich und weiter nichts als eine der vielen erdichteten Beschuldigungen, die man den Juden so ganz unrechtmäßig macht. Gesetzt indessen, ein Jude hätte in Trient ein Kind umgebracht, trifft das das ganze Judentum?

Wer hat den Verfasser übrigens weiß gemacht, dass der Jude Lippolt, (nicht Liebhold) 1571 den Kurfürst Joachim II., von Brandenburg umgebracht habe. Joachim II. starb nicht den 3ten Juni, solidem den 3ten Jenner 1571 im 66ten Jahre seines Lebens. Er war bei einer Schlittenfahrt umgeworfen worden, wo er noch scherzend gesagt hatte: seht, da liegt das Haus Brandenburg und daher wahrscheinlich sein plötzlicher Tod. Der Herr Professor Hartung sagt: „einige Hofleute erinnerten sich, dass Joachim II. am letzten Abend vor seinem Tode von Lippold ein Glas Wein gefordert, und wahrscheinlich in demselben Gift erhalten habe, weil er einige Stunden nachher gestorben wäre. Die Ankläger bedachten aber nicht, dass der schlaue Lippold ja seines, eigenen Vorteils wegen, nur das Leben seines Gönners wünschen musste“. Und das ist auch, wenn man die Zeitumstände und Verhältnisse in Erwägung zieht, gewiss wahr. Lippolds Weib nannte ihren Mann in der Hitze einen Bösewicht und Zauberer, man konnte sich die Zuneigung Joachims II. zu Lippold nicht ohne Zauberei erklären, und so brachte man ihn als Zauberer auf die Folter, und erpresste jedes Geständnis von ihm. Er ward hierauf zehnmal mit glühenden Zangen gezwickt, dann gerädert, nachher in vier Stücke zerhauen, und an eben so viel Galgen an den, Landstraßen aufgehangen. Empört dies grausame und ungerechte Verfahren aber den Herrn Verfasser nicht? Empört es ihn nicht, dass nun alle Juden in der Mark überall misshandelt, verfolgt und zuletzt gänzlich vertrieben wurden? Wenn ihn dies nicht empört, so möge er sich an, folgendem Gedichtchen ans dem täglichen Schauplatz der Zeit laben.

Durch Mord und Gift bedeckt mich (Joachim II.) dieser Trauerstein?
Der Jude treibt den Geist hin zu den Sternen-Auen.
Ein allgemeiner Satz soll diese Lehre sein:
Man soll, dem nimmermehr, wer Christum hasset, trauen.

Woher aber die übereilte Folgerung, dass es überhaupt gefährlich sei, einen jüdischen Arzt zu gebrauchen. Die Dekretalien beweisen hier nichts, eben weil sie zu viel beweisen, und selbst uns Protestanten höchst unangenehme Dinge diktieren. Die Dekretalien verbinden uns übrigens auch nicht im mindesten, und unser Oberkollegium Medikum et Sanitatis verstatten den Juden die Praxin medikam. Würde es dies tun, wenn die Ärzte dieser Nation auch nur im mindesten gefährlich wären, der in Hinsicht auf ihre üble Moralität gefährlich sein könnten? Wie viele Berliner verdanken dem seligen Professor Herz nicht Gesundheit und Leben? wie viele beweinen nicht die Talente eines Blochs? u. s. w.

Dass der Verfasser die Reichspolizeiordnungen von 1530 und 1577 anführt, welche die unehrlichen Weiber, Nachrichter und Juden in eine und dieselbe Klasse setzen, weil sie sich Kleider bedienen, wodurch die Ehrbarkeit verletzt wird, und nach denen die Juden einen gelben Ring am Kleid oder ein anderes Abzeichen öffentlich tragen sollen, das macht nicht den Juden, sondern den Christen jenes barbarischen Zeitalters Schande, das ist nur ein Beweis, dass man im Menschen den Menschen nur zu lange verkennt hat. Die Juden sind Fleisch und Blut, wie wir, mit denselben Geistesfähigkeiten und Kräften begabt, wie wir, und an Industrie uns oft überlegen. Worauf ließt sich denn wohl unser Übergewicht über sie als Menschen gründen? haben wir mehr Anlage zur Menschlichkeit? und kultivieren wir diese Anlagen mehr? — Der Ausspruch Christi fällt mir hier ein, dass ihm und seinem Vater im Himmel, ein Sünder der Buße tut, lieber sei, als 99 Gerechte die der Buße, nicht bedürfen. Ich achte den Menschen bei Gott nicht, wenn er sich bloß auf Zufälligkeiten der Geburt, der Erziehung, oder auf Dinge beruft, die nicht in ihm und seiner Kraft, sondern außer ihm und in fremden Kräften liegen. Dass dieser nicht als Prinz, als Reicher u. s. w. geboren ward, dafür kann er nicht, und eben so wenig können die Juden dafür, dass sie als Juden und nicht als Christen geboren wurden. Ich beneide aber den Prinzen nicht, sondern ich achte und schätze ihn, weil meine Pflicht mich dazu anhält. Niemand rechte mit der Gottheit dass sie ihn gerade auf diesen Standpunkt setzte. Und sollten die Juden mit ihr rechten? Können sie für ihre Geburt, für ihre Erziehung und für die sie betreffenden bürgerlichen Gesetze? — Die Verehrer des einziger wahren Gottes, die Bekenner der Pflichten gegen den Allvater im Himmel da oben und die Brüder unsers Herrn und Meisters Jesus, die sollte man doch wahrlich nicht unter die Menschheit herabsetzen und den unvernünftigen Tieren beigesellen wollen. Und, um auf jene Polizeiverordnungen zurückzukommen, waren denn damals die Schauspieler z. B., die wir jetzt als Lehrer der Menschheit verehren, und welche so sehr auf Menschlichkeit und Sitten wirken, nicht eben so sehr in Verachtung als die Juden? Und ist der Grund dieser Verachtung bei beiden nicht in, einer missverstandenen Theologie und in einer falschen Liebe zu Jesu, aufzusuchen, welcher dieser nie wollte und die er stets mit Verachtung ansah? Endlich war es mit dieser Klassifikation auch gar nicht so arg gemeint, denn selbst ein Kaiser Karl erhob ja den Sohn eines Nachrichters desfals in den Adelstand, weil sein Vater so trefflichen Talg zu den Lichtern, in die Kaiserlich königliche Hofküche geliefert habe. Dies gereicht dem Adel beim Himmel nicht zur Schande, denn was kann er dazu, dass ein Unwürdiger dem Kaiser angerühmt wurde, und dass man fähig war am Hofe aus einem solchen Grund einen elenden Scherz zu machen. Kann aber wohl der Jude dafür, dass gegen ihn in barbarischen Jahrhunderten elende Gesetze emanierten? dass man den Menschen und den Anbeter des Allvaters in ihm verkannte, und sich von blinden Pfaffen leiten ließ?

Dass Salomon Nathan Wetzlar Justizmäkelei in Wetzlar, trieb, das ist wieder ein Vorwurf für die Christen, der mich aufs äußerste kränkt, denn da der Jude im Reichskammergericht weder Sitz noch Stimme hatte, und sich eben so wenig die Akten von der Reichsregistratur, fordern konnte, so war bei seinem alleinigen bösen Willen keine Justizmäkelei denkbar, wenn es nicht verwerfliche erkaufbare und elende Justizbeamten gab. Indessen gab ja das Kammergericht nicht einmal zu, dass dieser Nathan eigentlich gewirkt habe, sondern es bestrafte ihn bloß, weil er habe wirken wollen. Mein Onkel war damals Reichskammergerichtsassessor, und die Geschichte ist mir genau bekannt, ich schweige aber, weil' ich mich auf Denunziationen und Verunglimpfungen nicht einlassen will. So viel aber mit Gewissheit, N. Wetzlar fiel und zahlte, er kam aber reicher aus dem Gefängnis als er in dasselbe hineingegangen war, und —die Gefängnisstrafe wurde gemildert. Kein Wort mehr! die quota litis ist eine böse Sache, und man kann für und wider sie reden. Wenn mir jemand eine erklekliche Summe Geldes als seinem Anwald verspricht, und in der Folge nicht Wort hält, ja bei meiner Großmut, da ich ihm sein Geschenk vor die Füße warf, mich noch verunglimpfen will, so ist dies eine äußerst schlechte, und ihn, den Versprecher, in jedem Fall entehrende Handlung. Und sollten tausend, Familien darüber zu Grunde gehen, so nennt man einen solchen wortbrüchigen und dabei sich brüstenden Menschen dennoch schlecht.

Verzeihe man mir diese Abschweifung, aber das ist wahr:

1) ich verstehe und begreife nicht, wie ohne gewissenlose Richter und Referenten Salomon Wetzlar Justizmäkelei treiben könnte, und
2) wie, wenn er sie trieb, dies der gesammten Judenschaft zum Vorwurf zu gereichen vermag.

Vertreten wir Christen denn gerade jeden Schurkenstreich eines Christen? und die Juden, warum sollen sie es? Verleihe uns doch der Himmel recht, redliche und unparteiische Zustizkommissarien, und des etwas und — wir werden glücklich sein. Doch der Herr Verfasser leuchtet ja mit seinem erfreuenden Lichte vor, und — was bedürfte es weiter? Man folge mir ihm nach, man trete nur in seine Fußstapfen und — die platonische Republik ist in unserer Monarchie realisiert.

Dass die nürnbergische Geleitsfrau die jüdischen Elegants ihre Erbärmlichkeit fühlen lassen soll, sehe ich nicht recht ein, wohl aber, dass dieser Gedanke selbst höchst erbärmlich, und unter aller Kritik ist. Ist nämlich ein Gedanke nicht elend und erbärmlich, der nur kränkt, und dabei höchst grundlos ist? Was Ehre bringt und was Ehre sei, liegt in diesem Gedanken wahrlich nicht, sondern es ist ein bloßer, moralisch-nachrichterlicher Gedanke, den nichts in der Welt legalisiert, und der nicht einen Deut wert ist. Dieser Gedanke trägt den gelben Ring an seiner Stirn, und ruft jedem Das: hunc tu caveto, fuge, longe fuge zu!

Käme der Herr Verfasser nach China, und ein Mann mit der Peitsche führte ihn in Peking herum, der denn freilich auf alle seine Citaten nicht Rücksicht nähme, sondern ihn trotz, seiner höchst gründlichen Gelehrsamkeit mir nichts dir nichts behandelte, und ihn fragte: Verstehst du auch Chinesisch? das doch der Fall nicht ist, würde er auch dann noch eine, solche barbarische Sitte für ehrwürdig und edel erkennen? oder würde er seine eigene Erbärmlichkeit zu fühlen glauben?

Nun ist eine Deduktion, ein Meisterstück von Zitaten und rabbinischer Gelehrsamkeit, abgedruckt. Herr .... r, ich lege mich zu deinen Füßen, und küsse den gelehrten Staub, den du von ihnen abschüttelst. Du verstehst weder hebräisch noch rabbinisch, und dennoch benimmst du dich so schön. Wahrlich du musst eine ganz unüberwindliche Gelehrsamkeit besitzen, und nicht bloß geschickter Jurist, eine Geschicklichkeit die ich dir aufrichtgesagt, gern zugestehe, sondern auch Theologorum facile princips sein. Ein Präfekt sprach zu Bonaparte, oder doch wenigstens von ihm, die Gottheit habe ihn, um sich ein bisschen auszuruhen, erschaffen. Großer Mann! auch dich schuf die Gottheit ihrer eigenen Kommodität halben, sie wollte ein bisschen ausruhen, und übertrug dir das Juden- und Wechsel-Wesen. Die Wege des Herrn sind unerforschlich und ihre Ratschlüsse unbegreiflich, wir knien daher bloß nieder und beten an. Großer Mann, erhabener Ulpian, Gott ist in dir mächtig gewesen, und hat dir sein Licht leuchten lassen, denn sonst hättest du, wahrlich, nicht alle die Rabbinen, deren Sprache du nicht einmal verstehst, lesen können. Indessen, siegten nicht die Juden, wie sie wie die Hunde Wasser leckten? und wären die Zeiten der Wunder denn gänzlich vorbei? Wäre es nie möglich, dass der Herr auch gerade in dir seinem Namen zu vergrößern gesucht hätte?

Dies sind Exstasen, indessen Exstasen oder nicht, ich nehme, sie einmal nicht zurück — der Geist der Menschheit hat mich beseelt.

In der ganzes schönen, gelehrten, vortrefflichen und unüberwindlichen Deduktion, in dieser Deduktion ohne Gleichen, in der Deduktion dieses und des, künftigen Jahrhunderts, ja was sage ich? in der Deduktion der Ewigkeit, welche die Engel vor dem Thron des Allerhöchsten nach dem Halleluja absingen, und ein Hallelujah darauf folgen lassen sollten, spricht der Herr Verfasser sehr schön über die Heiligkeit der Eide. Gebe doch Gott der Allmächtige, dass die, Eide von Juden und Christen heilig gehalten würden. Es ist eine hehre Sache um die Eide. Sie sind der einzige Beistand vieler Unterdrückten und Unglücklichen. Sie sind das lehre Mittel zur Erforschung der Wahrheit von den Justizbedienten. Sollten wir daher nicht wünschen, dass sie hehr und heilig blieben? Indessen fragt es sich: ist es wahr, dass ein Jude als solcher nicht berechtigt sei jemals einen gültigen Eid zu leisten? Wäre dies, so wäre nicht nur in tausend Fällen der Stab über das Eigentum dieser Leute gebrochen sondern man hatte ihnen auch Ehre, Tugend, Rechtschaffenheit und alles abgesprochen.

Der Herr Verfasser will, vermutlich von getauften Juden geleitet, alles aus dem Kol Nidre und der Absolution am Jom Kippor beweisen. Aus eben dem Grunde aber, aus dem, er die Juden nicht zum Eide lassen will, kann man beweisen, dass die Christen nicht zu demselben zu lassen seien. Der Herr Verfasser beweist daher zu viel, und folglich beweist er gar nichts. Wenn wir beichten, so absolviert uns der Prediger nach der Beichte in den Worten: „ich spreche dich im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, von allen Sünden quitt, ledig und los.“ — Und unter diesen allen Sünden ist darunter der Meineid nicht auch mitbegriffen? — Jeder aufrichtige Verehrer Jesu wird indessen wissen, dass diese Absolution nichts gilt, insofern ich nicht, so viel in meinen Kräften steht, auch die Folgen, welche meine Sünde hatte, wieder gut gemacht habe. Und kann der Herr Verfasser etwa leugnen, dass die allgemeine Absolution am Jom Kippor oder am allgemeinen Versöhnungsfeste nicht der Grund zu unserer Absolution in der Beichte sei? Der Jude sieht seine Pflichten gegen die Gottheit als Pflichten an, die er durch einen Kontrakt mit dem obersten Wesen dieser Weit eingegangen sei. Jede Verletzung dieses Kontrakts, den seiner Meinung nach beide Teile beschworen haben, ist ihm ein Eides-Bruch. Wenn er daher auch nur einmal gelogen, oder jemand um einen Pfennig übervorteilt hat, so hat er seinen Eid gegen Jehovah oder seinen Adonai, da er erstem Namen als heilig nicht aussprechen darf, gebrochen. Verzeihe uns die Sünden, die wir vor dir durch falschen Eid begangen, heißt daher nichts mehr und nichts weniger, als: Herr sei mir armen Sünder gnädig, und vergib mir meine Missetaten.

Unter dem Goim verstehen die Juden auch nicht die Christen, die mit ihnen einen und denselben Gott anbeten, sondern einzig die Heiden oder die Verehrer der Vielgötterei, und die Christ? nur, insofern als sie glauben, sie beteten das Kreutz als einen Abgott an.

Da sich der Herr Verfasser beim Eidesbruch auf Tatsachen bezieht, und diese erwogen haben will, weit die Juden nach dem Zeugnisse der größten rabbinischen Autoritären, falsch zu schwören und den Namen Gottes zu entheiligen gewohnt sind, so erlaube man mir eine Widerlegung dieser Tatsachen. Ich habe schon gesagt, dass auch der christliche Prediger in der Beichte von allen Sünden absolviere, und dass sich daraus eben so gut herleiten lasse, dass kein Christ schwören dürfe, weil ihn der, Priester von dieser Sünde frei, los und ledig sprechen könne. Dies würde noch um so mehr von den Katholiken gelten, da ihnen im Fall sie gegen Protestanten schwören, das ... Ketzern darf man nicht Treue und Glauben halten, und die ..., der Vorbehalt in Gedanken der Jesuiten zu Hilfe käme. Ist es aber wohl je einem protestantischen Juristen eingefallen, dies gegen Katholiken vor einem protestantischen Gerichtshof geltend machen zu wollen? Jeder Christ weiß, dass uns unsere Sünden nur dann vergeben sind, wenn wir ihre üble Folgen so viel als möglich wieder gut gemacht haben, und in der Folge gut zu machen uns nach allen unsern Kräften bestreben. Wenn ein Christ einen Meineid schwört, und diesen im Gebet Gott abbittet, oder die Absolution des Predigers erhält, so kann ihm derselbe nur in sofern vor Gottes Gericht nicht angerechnet werden, als er den festen Vorsatz fasst, nie wieder falsch zu schwören, und als er denen, die durch seinen Eid verletzt wurden. Sollen Ersatz leistet. Ohne den Ersatz hilft ihm zur Vergebung seiner Sünden das Verdienst Jesu auch nicht das mindeste. Es ist nicht ein Freibrief für das Laster, sondern bloß Trost für den, der sich bessert, und der seine Übeltaten wieder gut macht. Und gerade so verhält es sich auch beim Kol Nidre am Jom Kippor*)

*) Im Kol Nidre ist übrigens nicht von vorsätzlichen falschen Eiden, in der Hoffnung auf Vergebung am Jom Kippor, sondern von unwissentlich geschwornen falschen Eiden, zu denen bei den Juden ein Wahrhaftig! ein bei Gott! gehört, die Rede. Jede Beteuerung ist dem Juden nämlich, falls er die Religion seiner Väter achtet, ein Eidschwur, und nicht bloß der, welcher der Obrigkeit geschworen, an den hier besonders nicht gedacht wurde. Der Verfasser führe die Stellen aus den Rabbinen wörtlich an, und das Publikum wird finden, dass ich Recht habe.

Die Juden nehmen 12 Stunden vor demselben nämlich einen Hahn, schlagen ihn dreimal um den Kopf, lassen ihn schechten, saugen ihm alles Blut aus, oder schaffen es so heraus, und sehen ihn für ein Sühnopfer an. Im Tephillath Jom Kippor kommen nun allerdings alle Sünden, z. B. wenn sie an einem heiligen Tage der Frau beigewohnt, wenn sie am Fasttage nicht gefastet, und wenn sie falsch geschworen, vor. Dies Gebet reinigt sie aber nicht vom falschen Schwur, sondern es setzt die Restitutionen in integrum zum voraus. Die Lehre der Christen stimmt mit der der Juden hier überein, und an ein Privilegium falsch gegen die Goim zu schwören, ist bei diesen nicht zu denken. Nur auf die Form des Schwurs, darauf kommt alles an. Der Jude muss 1) rechtgläubig und nicht ein Freigeist sein, 2) er muss mit allen Förmlichkeiten, und ich würde darauf bestehen, selbst ins Serbehemd gekleidet, in der Synagoge schwören, und 3) dabei den Jehovah als seinen Zeugen qus Jude auf die Ermahnung des Rahbinen selbst anrufen.

Dies sei, bis zu meiner nächsten Geschichte des Judentums, und zu meiner Prüfung der Eisenmengerschen Schrift, genug. Ich will den Wucherer, den schlechten und elenden Juden nicht in Schutz genommen, Schmutz und Faulheit nicht verteidigt, die Juden nicht über die Christen hinaufgesetzt haben, ich wünschte ihnen vielmehr eine Verfassung, dass die meisten unter ihnen als Handarbeiter beim Feldbau u. s. w. angestellt werden könnten, und dass man dem Geist des Wuchers und des Betrugs aufs kräftigste vorbeugte, und eine bessere Generation, im Allgemeinen genommen, erziehen hälfe; aber sie aller Rechte zu berauben, Hass gegen sie zu predigen, und sie als Eidbrüchige und des Eidesbruchs höchst Verdächtige aufzustellen, das kann ich unmöglich und zwar, um so weniger billigen, da bloß Ekel, Abscheu, Hass und Widerwillen von einer einzelnen Person zum Grunde liegen, und da sogar ein Moses Mendelssohn in seinem Grabe noch entheiligt und zum abergläubischen Geck herabgewürdigt werden soll.

Ich habe oben S. 14 und 16 über die den Juden vorgeworfene Schäbigkeit und über die an sie überlassene Verpachtung des Taufsteins in Polen weitläufiger zu reden versprochen, ich will dies zum Schluss hier tun, und mit der Historie des Kindleins Simeon zugleich schließen. Was die Tätigkeit der Juden betrifft, von der Lukretius behauptet, dass nur die ägyptischen Juden damit behastet gewesen, so ist dies ein Vorwurf ohne allen Grund. Lukretius spricht einzig als Satiriker, und lange nach der Judenzeit in Ägypten, nicht aber als Geschichtsschreiber. Was er von der Pest und dem Aussatz schreibt, das gilt auch heute noch, und trifft nicht bloß Juden, sondern auch christliche Griechen, Mohammedaner und katholische Christen, d. i. Europäer in Ägypten. Die Hyksos des Manetho lebten 1.000 und mehr Jahre vor den Juden in Ägypten, und so lange die alten Ägypter und die Juden in Ägypten dominierten, so lange existierte auch weder Pest noch Aussatz in Ägypten. Dies bezeugt unter andern der große Geschichtsforscher Schlötzer. Was die vermeintliche Brunnenvergiftung durch die Aussätzigen betrifft, sie muss ich hier erwähnen, dass diese der Geschichte zufolge dadurch ins Werk gesetzt sein soll, dass die Aussätzigen Kröten-Laich und giftige Kräuter mit ihrem infizierten Blut und Harn angefeuchtet, und einem Teig geknetet in die Brunnen versenkt haben sollen. ... Nun frage ich einen Klaproth, Hermbstädt, Lucä, Flittner und andere große Chemiker unserer Stadt, fällt es möglich Brunnen hierdurch zu vergiften, und brandmarkt sich das ganze Vergehen hierdurch? nicht als schändliche und gewissenlose Lüge?

Die Geschichte die Verpachtung des Taufsteins betreffend, will ich Geschichte gegen Legende geben. Ich sah, sagt der Bischof Kosakowsky (1792 Koadjutor von Litauen), da, wo ich mich aufhielt, und selbst auf dem Wege, erschreckliche Figuren einherschleichen, welche die Pferde scheu machten und mit Lumpen behangen waren, männlichen und weiblichen Geschlechts. Die noch unmündigen Kinder lernten die Lebensart ihrer Eltern — und dennoch war die Erde fruchtbar und fett, welches mich augenscheinlich überzeugte, dass es nur an Lehrern fehle, welche den Fleiß beleben, Sittlichkeit pflanzen, und ihren Nächsten aus dem Stande der Ohnmacht helfen möchten. Den Pfarrer traf ich auf dem Kirchhof lärmend und scheltend an. Er war ein untersetzter, starker, schwarzer (von Gesicht nämlich) und runzeliger Mann, dem die Augenbraunen über die Augen hingen. In der Hand hielt er einen Stock, und sah mich kaum mit halben Augen an. Ich wollte dieser donnernden Miene nicht entgehen, sondern ging in die Kirche. (Nun höre man, was für ein christliches Gotteshaus dies war). Neben der Türe erblickte ich mehrere Halseisen, eiserne Schellen für Hände und Füße, und Ringe für den Leib angeschlagen, und an den Türen selbst hingen zwei aus dicken Seilen zusammengedrehte Peitschen. (Mein Gott! war denn niemand da die Worte dar, über zu schreiben: Mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht!) Beim Eingang in die Kirche lägen auf der einen Seite allerhand unbekannte Geräte, Hörner auf den Kopf zu setzen, und ein großer Strohkranz, (vermutlich Schimpfschmuck für alle Wild- und Felddiebe, denn dass sie bei Kopulationen gebraucht worden wären, ist nicht wahrscheinlich), in kleinen Tüchern gehüllte Götzen, und dergleichen. Auf der andern Seite war eine große mit einem großen Vorhängeschloss verwahrte Sparbüchse, (vermutlich der Hausgötze des schwarzen Mannes), und dabei das Weihwasser. Einige vierschrötige, mit gehörigen Aufklärungs-Prügeln versehene Kerls, hatten beim Eingang in die Kirche die Wache. (Was war das? nötige sie hereinzugehen? oder nötige sie wegzulaufen?) Der Gottesdienst fing sich mit einem durchdringenden Geschrei auf dem Kirchhofe an, (also mit Heulen und Zähneklappen). Ich ging geschwind hervor, und sah den Herrn Pfarrer mit Chorhemd und Stole bekleidet, das Kreuz in den Händen haltend, über einem auf die Erde gestreckten Umglücklichen stehen, welchen unter geistlichen Ermahnungen zwei Kerls mit zwei dicken (leiblichen) Stricken bläuten. Acht oder zehn wurden so nach der Reihe hingelegt. Aus dem geistlichen Unterricht selbst erfuhr ich die Ursachen, dass dieses die Strafe dafür wäre: dass

1) diese Leute zu ihren Hochzeiten, Kindtaufen und Begräbnissen das Getränk der Juden, als Feinden Christi, mit Vorbeigehung der Schenke, (des Freundes Christi), des Herrn Pfarrers, genommen hatten, wo es teurer und schlechter, und obendrein mit kleinerem Maß geschenkt wurde, aber sonst ohne allen (kirchlichen) Makel war.

2) Dass sie sich bei Ketzern (Protestanten) Juden und Ungläubigen (um nicht Hungers zu sterben) vermietet hatten.

3) Dass sie den Ruf des Herrn Pfarrers zur Bebauung der (heiligen) Erde seiner Äcker (vermutlich für bloße auf den Himmel gestellte Anweisungen) nicht wollten gebrauchen lassen. Die Nutzanwendung zu dieser Geschichte gehört nicht hierher; man lese sie in Lichtenbergs Schrift ten nach. Will man nun noch den Juden die Pachtung des Taufsteins verübeln? Hing hier, und da, nicht vielleicht ihre ganze bürgerliche Existenz davon in einem Lande ab, wo ein Fürst um Salomon Maimon ein Plaisir zu machen einen Judenjungen vom Kirschbaum herabschoss, und ihn, großmütig genug, mit zwei polnischen Groschen bezahlte?

Das Kindlein Simeon war kein frankfurtisch Kindlein, sondern ein Tiroler. Sie sollen dasselbe 1475 zu Trient am 22. März in einen Keller geführt, nackend ausgezogen, an ein Kreuz geschlagen und zu Tode gemartert haben, wie die Annal. Svev. 10. berichten, deshalb Juden bei den Füßen aufgehangen, und ihnen Hunde zugesellt wurden. Das Original-Manuskript des Augenzeugen, Hans von Mergenthal, soll sich noch in der Bibliothek zu Gotha befinden. Das Gemälde am Brückenturm in Frankfurt, das gewissermaßen mit Fettmilchs Revolution zusammenhängt, gründet sich nicht auf die Authentizität dieser erlogenen Geschichte, sondern einzig auf den Hass des Jan Hagels gegen die Juden, der sich vorzüglich 1616 offenbahrte und dem gedachten frankfurtschen Jan Hagel wahrlich nicht Ehre bringt. Das Bildnis am Brückenturm in Frankfurt am Main vermochte die Juden so wenig zu kränken, als das im Jahr 1635 ausgehauene Bildnis im Münster in Straßburg die Katholiken, wo eine Sau und ein Bock einen schlafenden oder toten Fuchs auf einer Bare trugen, und ein Hund der Sau unter den Schwanz griff. Vor der Leiche ging zuerst ein Bär, der in der linken Vordertatze einen Weihkessel trug, und in der rechten einen Sprengwedel hielt; auf diesen folgte ein Wolf, der das Kreuz trug. Auf das Leichenbegängnis folgte ein Esel, welcher Messe las. Hinter diesem stand eine Katze, auf deren Kopf ein Buch lag, in welchem ein Esel, der das Buch mit den vordersten Pfoten hielt, las. Fischart machte folgende Verse drauf:

Die Sau zeigt an die Epikurner,
Die Pfründsau, Mastschwein, Bauchknecht. Hurer,
Wie gemeiniglich ist der Pfaffenheerd,
Die dieses Heiligtum sich nährt.
Hinter demselben Schwein ihr finden
Die unverschämte Besti die Hünden,
Welche dem Schwein greift undern Schwanz,
Für solche Braut ein rechter Kranz,
Das beut die Pfaffen Krauerinn
Ehschänder und Leibkellerin
Die ihnen helfen ihr Liebsfründlin
Durchschwenden mit Bankertshündlin.


Ein aus solchen Zeiten, wo dies genius seculi war, abstammendes Gemälde, vermag das wohl zu schänden oder heute noch zum Vorwurf zu
gereichen?

Zum Schluss noch eine Verunglimpfung des seligen Mendelssohn. S. 39 in der Note meint
der Herr Verfasser: der Jude müsse bei Verlust der ewigen Seeligkeit glauben, dass nach 2. Moses 19. v. 19. der Wind alle Heuschrecken, auch diejenigen ins rote Meer geführt habe, die zur Speise in Gefäßen ein gesalzen waren. Der Rabbi Jonathan habe es gesagt. Wenn auch dieser löst und jener bindet, oder einer behauptet: rechts sei links und links sei rechts, so müsse man es glauben; denn jener und dieser, beide lehren Worte des lebendigen Gottes! das habe selbst Mendelssohn geglaubt. S. Jerusalem S. 57. Und was sagt Mendelssohn? wie treu zitiert der Herr Verfasser?

S. z6. führt er an, dass Majemonides zuerst auf den Gedanken gekommen sei, die Religion seiner Väter auf eine gewisse Anzahl von Grundsatzen einzuschränken, woher die 13 Artikel des jüdischen Katechismus entstanden seien; die aber gottlob! nicht zu Glaubensartikeln geschmiedet worden wären. Albo wolle nur drei Grundartikel wissen, es sei jedoch ohne Hass und Bitterkeit darüber gestritten worden, und noch niemand habe den Albo verketzert. Hierbei habe man den Ausspruch der jüdischen Weisen nicht aus der Acht gelassen: Obgleich dieser löset, jener bindet, so lehren doch beide Worte des lebendigen Gottes. S.58. führet er nun Hillel den ältern an, welcher sprach: Sohn! liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Dies ist der Text des Gesetzes; alles übrige ist Kommentar. Nun gehe hin und lerne! In der Note zu jenem Spruch: Obgleich dieser löst etc. sagt Mendelssohn: Ich Habe so manchen Pedanten diesen Spruch zum Beweise anführen sehen, dass die Rabbinen den Satz des Widerspruchs nicht glauben. Ich wünsche, die Tage zu erleben, da alle Völker der Erde diese Ausnahme von dem allgemeinen Satz des Wiederspruchs werden gelten lassen: der Festtag des vierten und der Festtag. des zehnten Monats, mag in Wonne und Freudentag verwandelt werden, nur liebet Wahrheit und Frieden (Zach, 8, 19). Versteht der Herr Verfasser Mendelssohn wirklich nicht, oder will er ihn nicht verstehen. Er stellt die Worte geflissentlich so, als habe Mendelssohn wirklich geglaubt, auch die eingesalzenen Heuschrecken habe der Wind ins rote Meer geführt, und links sei rechts und rechts sei links, sobald es ein Rabbine behaupte, da Mendelssohn doch nichts mehr und nichts weniger sagt, als ob man die Religion auf einen oder mehrere Grundartikel zurück führen wolle, wenn Man nur bei der wirklichen Religion selbst bleibe und sie nicht verfälsche, das laufe auf eins hinaus. Nimmt dieser 13 und jener 3 Grundartikel an, so tut das nichts, sind die Artikel wahr und in der Religion gegründet, so kehren beide Worte des lebendigen Gottes. Kant, Krusius, Wolf u. s. w. sind in ihren Moralsystemen sämtlich von einander unterschieden, mögen sie aber einen höchsten Grundsatz aufstellen den sie wollen, so lehren sie doch insgesamt Moralität, d. i. sie predigen Worte des lebendigen Gottes, sie lehren uns die Aussprüche der Vernunft des Gottes in uns kennen.

Moses Mendelssohn (1729-1786) deutsch-jüdischer Philosoph

Moses Mendelssohn (1729-1786) deutsch-jüdischer Philosoph

Menasseh ben Israel (1604 - 1657) portugiesischer Jude, Diplomat, Schriftsteller, Drucker und Verleger.

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Immanuel Kant (1724-1804) deutscher Philosoph im Zeitalter der Aufklärung

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Die Judenmassacres in Kischinew (1903) . Cover

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Ein ermordetes Kind

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Eine Anzahl von erschlagenen Juden

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Eine Straße in Kischinew nach der Plünderung

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Plünderung des Judenviertels in Frankfurt am Main (1612)

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Verwundete Juden im Hofraum des Hospitals

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